Killerinstinkt: Serienmördern auf der Spur (German Edition)
3 Uhr losgefahren, bis nach Rüsselsheim sind es jetzt noch knapp 1900 Kilometer. Heidi Jäger hat sich kurz vor dem Griechenlandtrip von ihrem langjährigen Freund getrennt. Die Trennung hat ihr arg zugesetzt, zumal schon von Heirat und Familie die Rede war. Doch die Affäre ihres Freundes mit einer anderen Frau hat ihr die Augen geöffnet.
Gegen 6.30 Uhr erreicht sie die Grenzstation. Die griechischen Zöllner kontrollieren nur kurz den Reisepass und lassen die junge Frau weiterfahren. Auf der jugoslawischen Seite werden ihr jedoch von den Grenzschutzbeamten Zeichen gegeben, bis zu einem nahen Kontrollpunkt zu fahren. Zwei uniformierte junge Männer mit Maschinenpistolen auf dem Rücken bitten sie dort, auszusteigen, lassen sich den Pass aushändigen und durchsuchen sorgfältig ihren Wagen.
Als die Zollbeamten ihr nach zehn Minuten den Pass zurückgeben und die Suche in ihrem Wagen aufgeben, erlebt Heidi Jäger eine Überraschung: Ob sie bereit sei, einen Reisenden nach Deutschland mitzunehmen, wird sie in gebrochenem Englisch gefragt. Einer der Grenzer zeigt auf einen jungen Mann, der zwanzig Meter weiter etwas verloren am Straßenrand steht, ohne Gepäck.
Heidi Jäger schaut kurz hinüber zu dem Unbekannten, überlegt einen Moment und lehnt ab. Sie möchte keinen Fremden mitnehmen. Der Beamte lässt aber nicht locker und weist eindringlich darauf hin, die Frau des Mannes habe ihn nach einem Streit an einer Tankstelle kurz hinter der jugoslawischen Grenze einfach stehen lassen und sei davongefahren. Der Mann brauche jetzt unbedingt Hilfe, weil er kein Geld mehr habe und sonst nicht nach Deutschland zurückkehren könne.
Der Grenzpolizist erzählt die Hintergrundgeschichte allerdings mehr im Befehlston, und auch Mimik und Gestik lassen erahnen, dass er eine erneute Absage nicht akzeptieren wird. Heidi Jäger nimmt normalerweise keine männlichen Tramper mit, die Gefahr, vielleicht doch an einen üblen Typen zu geraten, nimmt sie sehr ernst. Erst vor anderthalb Jahren ist ihre jüngere Schwester von einem Autofahrer vergewaltigt worden, der sie nach einem Diskothekenbesuch an einer Landstraße aufgelesen hatte.
Aber jetzt liegen die Dinge anders, überlegt Heidi Jäger. Schließlich ist der Mann in eine Notsituation geraten und benötigt Hilfe. Außerdem ist die Fahrt durch Jugoslawien derzeit eine heikle Angelegenheit, es herrscht Benzinknappheit, und entlang der Autobahnen soll es in der jüngeren Vergangenheit zahlreiche Überfälle auf Urlauber gegeben haben. Da könnte ein Reisebegleiter durchaus nützlich sein. Schließlich ist sie einverstanden, der Mann darf mitfahren.
Heidi Jäger ist ihr großgewachsener und adrett aussehender Begleiter durchaus sympathisch. Thomas Graber stellt sich als 29-jähriger Student der Universität in Hamburg vor. Das sei schon eine verrückte Geschichte, erzählt er kopfschüttelnd und mit versteinerter Miene, seine Frau und er hätten sich während der Autofahrt mal wieder über finanzielle Dinge gestritten, sie habe wenig später an einer Raststätte den Wagen betankt, er sei währenddessen auf die Toilette gegangen, und als er wieder zurückgekommen sei, habe er seinen Augen nicht getraut: weggefahren sei seine Frau, einfach weggefahren, ohne Vorwarnung, ohne ein weiteres Wort.
»Ich hatte so eine Geschichte ein paar Wochen vorher in der Zeitung gelesen, sonst wäre ich da gar nicht drauf gekommen. Die Zöllner haben mir das sofort geglaubt. Ich konnte denen ja schlecht erzählen, dass ich auf der Suche nach einem Opfer war und die Karre endgültig ihren Geist aufgegeben hatte. In Hamburg und Umgebung habe ich zu dieser Zeit nicht mehr nach Frauen gesucht, das war mir zu gefährlich geworden. Da bin ich einfach mal in Richtung Süden gefahren und habe mich treiben lassen. Die Autobahnstrecke von Österreich über Jugoslawien nach Griechenland kannte ich von mehreren Reisen mit meinen Eltern.«
Er habe noch eine Weile auf seine Frau gewartet, dann sei er zu Fuß zum jugoslawischen Grenzposten zurückgelaufen, berichtet Thomas Graber jetzt der jungen Frau neben ihm im Auto. Der unauffällig gekleidete Mann, der seine schulterlangen schwarzen Haare zu einem Zopf zusammengebunden hat, bedankt sich nochmals bei Heidi Jäger, er könne ihre Bedenken durchaus verstehen, versichert er, als attraktive Frau sei sie gewiss von Männern einiges gewohnt.
»Sie war genau mein Typ: ungefähr mein Alter, schlank und große Brüste. Mit flachbrüstigen Frauen kann ich überhaupt
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