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Killerspiel

Killerspiel

Titel: Killerspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marshall
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brennen. Schon vergessen?«
    Ich wollte protestieren, doch Leugnen oder Selbstgerechtigkeit führten hier nicht weiter. Ich hatte das wirklich versprochen, und außerdem war es zwischen uns schon lange Usus, falls nötig, den Laptop des anderen zu benutzen. Wieso auch nicht? Wir hatten beide nichts voreinander zu verbergen. Dennoch fühlte es sich wie ein Übergriff an, besonders heute.
    Ich sah, wie Steph zu meinem Computer hinüberstürmte und auf eine Taste schlug, so dass der dunkle Bildschirm zum Leben erwachte. Steph versuchte, etwas zu sagen, doch auch diesmal blieben ihr die Worte im Hals stecken. Stattdessen gestikulierte sie in Richtung des Monitors.
    Ich beugte mich über die Rückenlehne des Sofas und sah genauer hin. Zuerst konnte ich nicht erkennen, was zu sehen war. Irgendein Bild, aber seltsam gerahmt: eine schiefe, mehrfarbige längliche Form inmitten von Grau bis Schwarz und rechts unten eine kurze Zahlenreihe in Orange.
    Dann machte es auf einmal klick, und mir wurde klar, dass ich ein Foto vor mir hatte, das bei Nacht durch ein Fenster aufgenommen worden war. Die farbigen Partien zeigten das Innere eines Hauses. Ein kleines, verschwommen blaugraues Rechteck war vermutlich ein Fernsehbildschirm. Es folgte ein Stück blutrotes Sofa – was mich zwang, meine erste Vermutung zu revidieren, nämlich dass dieses Foto durch eines unserer Fenster aufgenommen worden war, also unser Wohnzimmer zeigte. Denn unser Sofa ist hellblau.
    Das Zweite, was mir meinen Irrtum deutlich machte, war die Gestalt, die im rechten Drittel des Fensters zu sehen war. Ebenfalls diffus, aber fleischfarben, abgesehen von einem schwarzen BH . Das Haar, das fast bis zu seiner horizontalen Linie herabhing, war sehr dunkelbraun.
    »Was zum Teufel ist das denn?«
    »Bill, bitte, erspar mir das.«
    Ich drückte auf die Cursortaste und brachte ein anderes Bild hervor, ähnlich wie das erste, aber deutlicher. An den Rändern war es immer noch verschwommen, was vermuten ließ, dass das Foto aus zwanzig oder dreißig Metern Entfernung aufgenommen worden war, und zwar mit einem Teleobjektiv. Es war jedoch scharf genug, um zu sehen, dass die Frau den BH ausgezogen hatte und dass es sich um Karren White handelte.
    Insgesamt gab es zwölf Bilder. Bei allen außer vieren war die Frau deutlich zu erkennen. Auf den anderen war sie entweder von hinten aufgenommen oder aus einem Blickwinkel, aus dem ihr Gesicht nicht zu sehen war – und zwar jeweils, bevor und nachdem sie sich ausgezogen hatte und in einen Frotteemantel geschlüpft war. Diese standen am Anfang und am Ende einer Fotofolge, die offensichtlich von irgendeinem Beobachtungsposten aus in der Nähe von Karrens Wohnung gemacht worden war. Ich kannte das Gebäude in der Nähe der Bucht am nördlichen Ende von Sarasota, weil ich dort vor ein paar Jahren eine Wohnung verkauft hatte.
    »Ich habe keine Ahnung, wie diese Fotos auf meinen Laptop gekommen sind«, sagte ich.
    »Klar doch, ich meine, verflucht noch mal. Wie lahm muss man eigentlich sein, um so was zu tun? Mal abgesehen von der Lüge.«
    »Lüge?«, fragte ich verwirrt.
    »Gütiger Himmel. Dir ist nicht mal klar, wie offenkundig du alles vermasselt hast, oder?«
    Sie tippte mit dem Finger auf den Bildschirm, wo das letzte der Bilder zu sehen war – ein relativ harmloses, das Karren dabei zeigte, wie sie den Raum durch eine Tür verließ. Ich sah, dass Steph auf die Zahlenfolge in der Ecke zeigte.
    14 / 09 / 2011
    Natürlich, ein Datum. Vierzehnter September. Gestern. Bei der Lüge ging es demnach um …
    »Steph … ich muss noch zu einem Kunden«,
schnauzte Steph, als sie sah, dass der Groschen gefallen war. »
Steph, es ist so cool, dass ich die Provision bekomme. Oh nein, Liebling, Karren ist nicht dabei.
War sie ja auch nicht – abgesehen von dem, was du durch deine ekelhafte Linse sehen konntest.«
    »Steph«, sagte ich. Es klang wie ein Echo, doch das konnte ich nicht ändern. Ich war dabei, richtig wütend zu werden, ganz nach dem Motto, Angriff ist die beste Verteidigung. »Ich
besitze
nicht mal ein Teleobjektiv. Ich habe eine Kompaktkamera für dreihundert Dollar. Das weißt du, schließlich hast du sie mir geschenkt.«
    »Sicher,
die
habe ich dir geschenkt«, höhnte sie. »Aber wer weiß, was du dir inzwischen sonst noch für eine Ausrüstung zugelegt hast. Vielleicht bei Amazon? Offenbar deiner Lieblings-Onlinebezugsquelle.«
    Nach der Geschichte mit dem Bildband heute Morgen wusste ich, in welcher Ecke ich jetzt

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