Killerspiel
worden ist, und eine Einführung in Wifi Spying 101 .
Sie sah mich nicht an. »Und was beweist das?«
»Jemand macht sich an meinen E-Mails zu schaffen«, sagte ich. »Derjenige hat in meinem Namen ein Buch bei Amazon bestellt und heute Morgen einen blöden rassistischen Witz verschickt.«
»Selbst wenn das wahr ist, was hat das auch nur im Entferntesten damit zu tun, dass du Karren fotografiert hast?«
Ich holte tief Luft und atmete langsam aus. Sie hatte recht, in der Tat. Hatte es nicht. Bei den Fotos betraten wir Neuland.
Und wir machten uns daran, es ausführlich zu ergründen.
11
A ls Steph schließlich nach oben ging, um sich schlafen zu legen, war noch nichts klarer oder besser. Wir hatten uns so lange im Kreis gedreht, bis die Schwerkraft der Müdigkeit siegte und Steph aus meiner Umlaufbahn zog. Ich folgte ihr nicht sofort. Steph und ich haben in unseren Jahren zusammen sehr selten heftigen Streit gehabt, doch ich wusste, dass es Zeit brauchen würde, bis sich die Situation wieder entschärfte – Zeit und ein wenig Abstand, bis der gesunde Menschenverstand siegte. Man sagt jemandem, der wütend ist, nicht, dass er unrecht hat, sondern muss warten, bis der Ärger verpufft ist.
Bevor Steph sich zurückzog, hatte ich mit Hilfe von Kevins Instruktionen erst einmal meinen Laptop überprüft. Unter meinen Log-ins fanden sich keine verdächtigen Anwendungen, keine fensterlosen Hintergrundprozesse, die vor sich hin tuckerten – zumindest, soweit ich sehen konnte. Kevin hatte in seiner E-Mail noch einmal betont, dass es weitere Möglichkeiten im Hardcore-Bereich gebe, mein Laptop aber, sollte ich mich daran versuchen, sie aufzudecken, mit ziemlicher Sicherheit endgültig im Eimer wäre.
Das wollte ich nicht riskieren. Mein Leben war im Moment schon genug im Eimer.
»Ah«, sagte Steph, als ich ihr eingestand, nicht weitergekommen zu sein. »Also keine supergeheime Spionagesoftware. Wie
seltsam.
«
Sie saß steif am anderen Ende des Sofas. Ihre ursprüngliche Wut war schon ein bisschen verraucht, doch im Innern des Vulkans war immer noch genügend Magma, um in einer neuen Eruption eine ganze Stadt auszulöschen. Wahrscheinlich hatte sie angenommen, dass ich, mit den vermeintlich unerschütterlichen Beweisen konfrontiert, sofort ein umfassendes Geständnis ablegen und mich ihrer Gnade anheimgeben würde. Hatte ich aber nicht. Vielmehr hatte ich, während ich die Tests an meinem Laptop durchführte, gleichzeitig den tatsächlichen Verlauf des vorherigen Abends, der keine amateurhaften Softpornos einschloss, haarklein rekapituliert und ihr – erneut – mein Handy angeboten, damit sie ihn sich von Melania, Warners Assistentin, bestätigen ließ.
Ihre Weigerung schwächte ihre Position, auch wenn ich, zugegeben, theoretisch trotzdem zu Karrens Wohnung hätte fahren können, egal, ob ein echter Termin angesetzt war oder nicht. Doch ich hütete mich, diesen Punkt zu forcieren. Steph war zutiefst getroffen und aus triftigem Grund. Es zählte letztlich nicht, wie überzeugend ich mich verteidigte – oder ob sie mir früher oder später Glauben schenken würde –, sie hatte unwiderruflich eine Zeitlang etwas anderes geglaubt. Man kann einen Gedanken nicht einfach auslöschen. Das Denkmuster, die Wahrnehmung, die man von einer Person hatte, erfährt eine Veränderung. Das kann man nicht rückgängig machen, sondern nur durch neue, konkrete Beweise korrigieren – über die ich momentan noch nicht verfügte.
»Demnach muss es jemand sein, der sich Zugriff zu unserem WLAN verschafft«, sagte ich und blickte durch den Raum zu der Stelle, an der das Gerät stand, ganz in der Nähe des Kabeldurchlasses ins Haus.
»Was sonst«, sagte Steph sauer. »Ich wüsste gar zu gern, ob es die Jorgenssons oder die Mortons sind.«
Der Einwand war berechtigt. Abgesehen von der absurden Vorstellung, dass unsere Nachbarn mit meinen E-Mails herumpfuschen sollten, gab es praktische Probleme. Die Jorgenssons waren Longacres Vorzeigeseniorenpaar und Mitte siebzig: gesund, golfbesessen, Ersatzgroßeltern für die Hälfte der Kinder im Viertel – nicht so ganz das, was man sich unter Cyberkriminellen vorstellt, die dem Film
Matrix
entsprungen sind. Auf der anderen Seite hatten wir die Mortons. Auch nette Leute und darüber hinaus eine Familie, die einer ehrwürdigen christlichen Glaubensgemeinschaft angehörte, welche Vorbehalte gegen das gesamte Internet hegte – Quell unheilvoller Bilder, Ideen und Lebensweisen. Ich
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