Killerspiele: Palinskis fünfter Fall (German Edition)
Uhr. »Ich denke, Marianne vor 19 Uhr anzurufen, wird wenig Sinn haben? Gut, dann widmen wir uns jetzt wieder deiner Datenbank.«
Die folgenden zwei Stunden arbeiteten sie sich konzentriert durch die verschiedenen Möglichkeiten, die ›Crimes – facts and ideas‹ zu bieten hatte. Allerdings mit nur mäßigem Erfolg.
Mord mit Eis, also mit gefrorenem Wasser, war kein wirklich wesentlicher Faktor in der Kriminologie. Zwar fanden sie in der unendlichen Welt der Bits and Bytes zwei Fälle, in denen Menschen unter verdächtigen Begleitumständen scheinbar durch große Eiszapfen zu Tode gekommen waren. In einem anderen Fall hatte ein Mann seinen Schwager mit einem Eisblock erschlagen, und eine Frau hatte ihren Mann mit vergiftetem Himbeer-Vanille Eis unter die Erde gebracht.
Hoppla, das war irrtümlich in diesen Ordner gerutscht. Palinski machte eine Notiz für Margit, damit sie diesen Beitrag aus dem Ordner E entfernen und neu sowohl unter G wie Gefrorenes und S wie Speiseeis eingab.
Auch die Laserpointer hatten noch keine rechte Tradition als Mordwaffe. Weder im großen Stil noch für den Hausgebrauch. Aber das konnte sich von heute auf morgen ändern, diese Dinger waren ja offenbar mordsgefährlich und einfach zu handhaben.
Dafür fanden sie eine ganze Menge Eintragungen über Unfälle oder was immer unter diese Bezeichnung zu den Akten gelegt worden war, bei welchen die plötzliche Blendung des Autolenkers eine entscheidende Rolle gespielt zu haben schien. Das war wieder so ein Bereich, für den man als professioneller Skeptiker eine potenziell gewaltige Dunkelziffer annehmen musste.
Na, und zu den unglaublichen Dingen, die Palinski von Juri Malatschew erfahren hatte, lag die Trefferquote wie erwartet zunächst einmal bei Null.
Wenn man sich allerdings der zugegebenermaßen abenteuerlichen Arbeitshypothese bediente, dass jeder ungeklärte, scheinbar motivlose Mord möglicherweise der Beitrag eines Teilnehmers an der Killer-WM oder gar nur ein Trainingsunfall sein konnte, dann konnten einem schon die Haare zu Berge stehen. Alleine für den Zeitraum der letzten 18 Monate fanden sich 43 Fälle in der Datenbank, die mit gar nicht so viel Fantasie unter dieses Schema subsumiert werden konnten. Und das nur für den Bereich der so genannten Europagruppe I.
»Hoffentlich geht da jetzt nur die Fantasie mit uns durch«, meinte Wiegele gerade, als sein privates Handy sich meldete.
»Das wird Marianne sein«, frohlockte er und blickte dabei auf seine Armbanduhr. »Wie ich angenommen habe, kurz nach 7 Uhr wird sie Bescheid wissen.«
Sein bei Gesprächsannahme erwartungsvoll-fröhliches Gesicht schlug aber plötzlich völlig um und machte einem bestürzten, ja schmerzverzerrtem Ausdruck Platz.
›Mein Gott‹, schoss es Palinski durch den Kopf, ›jetzt ist wahrscheinlich der Kogler gestorben. So schnell geht es manchmal.‹ Aber warum grämte sich Wiegele dann so? Sicher, selbst der Tod eines Mistkerls wie dieses Koglers war für zivilisierte Menschen kein Anlass zum Jubeln, sondern eher zur Betroffenheit. Andererseits war sein Freund jetzt alle Probleme mit der Scheidung oder einem möglichen Pflegefall los. Und sie könnten sogar kirchlich heiraten. Falls sie das wollten.
Aber Wiegele führte sich ja auf, als ob nicht Kogler, sondern Marianne etwas passiert war.
Das war’s. Marianne war etwas passiert und nicht ihrem Mann. Wiegele hatte das Handy wieder vom Ohr genommen und umständlich in seine Tasche gesteckt.
»Also, was ist los?«, fuhr Palinski den Mann nach einigen Sekunden unheilschwangeren Schweigens förmlich an. »So red doch schon, was ist denn passiert?«
Wiegele hatte sich gesetzt und die Hände vors Gesicht geschlagen. Schwer atmend versuchte er, sich wieder unter Kontrolle zu bekommen.
»Sie haben Marianne entführt. Ein wildfremder Mann hat mir eben mitgeteilt, dass sie Marianne haben und es ihr gut geht, solange ich in den beiden Fällen nicht weiter ermittle.«
Der Hauptkommissar schluchzte trocken auf. Nein, nicht ganz. Da hatten sich doch tatsächlich auch einige Tränen in seine stahlblauen Augen verirrt.
»Sobald das Arrangement steht und angenommen wird, wird sie wieder freigelassen«, fuhr Wiegele fort. Jetzt hatte er sich scheinbar wieder etwas in den Griff bekommen.
»Und verdammt noch einmal, ich habe nicht die geringste Ahnung, was das bedeuten soll.«
Komisch, wie es manchmal ging. Man saß tagelang über einem Problem und fand keine Lösung, obwohl sie scheinbar nur darauf
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