Killerspiele: Palinskis fünfter Fall (German Edition)
wartete, von der Straße aufgehoben zu werden. Ein anderes Mal folgte die Antwort wie von selbst, sobald die Frage nur angedacht, nicht einmal ausgesprochen worden war.
Genauso ging es Palinski jetzt. Mit dem Wort ›Arrangement‹ als Katalysator setzte in seinem Kopf eine chemische Reaktion ein, die dazu führte, dass ihm in derselben Sekunde der kryptische Ausspruch Malatschews wieder einfiel. Wie hatte der Russe noch gesagt? »Arrangiere dich, wenn es soweit ist«, oder so ähnlich.
War es jetzt an der Zeit, sich zu arrangieren? Wenn nicht jetzt, wann dann? Nachdem Bush schließlich doch noch die Scheiß-Massenvernichtungswaffenarsenale Saddam Husseins im Irak gefunden hatte? Oder der Finanzminister endlich zurückgetreten war? Solange konnte kein Mensch warten.
Die Antwort auf diese Frage war also klar. Jetzt war es an der Zeit.
Nun stellte sich aber die nächste Frage: Mit wem sollte er sich in wessen Namen auch immer arrangieren? Und die wirkte im Vergleich zur ersten Frage wie der Großglockner zum Kahlenberg. Oder wie die Zugspitze zum Hohentwiel.
»Und du sagst gar nichts dazu?«, wunderte sich Wiegele über den noch immer schweigenden Freund. »Marianne ist entführt worden, und ich habe keine Ahnung, wie ich sie wieder freibekommen kann.«
»Pst«, Palinski hatte einen Finger quer über die Lippen gelegt und mit diesem international gängigen Zeichen um Ruhe gebeten. »Gib mir ein paar Minuten, ich muss nachdenken«, erläuterte er.
Wie hatte Juri noch gesagt? »Ich weiß aber, dass du jemanden kennst, der dir weitere Antworten geben kann. Ohne dass du deswegen nach Kanada fliegen musst. Ein großer Mann aus deiner Vergangenheit, der dir noch einen Gefallen schuldet.«
Abgesehen davon, dass er sich beim besten Willen nicht vorstellen konnte, wie und warum Malatschew das wissen wollte oder sollte, war das Rätsel einfach zu komplex, um beim ersten Nachdenken gelöst zu werden. Vielleicht konnte ein analytisches Gespräch mit dem Hauptkommissar weiterhelfen.
»Ich habe dir noch nicht alles über mein Gespräch mit diesem Malatschew erzählt«, begann er jetzt. »Vielleicht hilft uns weiter, was ich zunächst wahrscheinlich nicht ganz ernst genommen, sicher aber nicht verstanden habe.«
Als Wiegele hörte, worum es ging und welche Vermutungen Palinski daran knüpfte, traten ihm die Augen aus den Höhlen wie die ›Zahnpastawürschteln‹, wie eine alte Freundin Marios in einer derartigen Situation immer so bildhaft zu sagen pflegte.
»Und wer kann dieser geheimnisvolle Unbekannte sein, den du kennst und mit dem du dich arrangieren sollst?«, brachte Wiegele die Frage auf den Punkt.
»Ich zermartere mir schon die ganze Zeit den Kopf«, jammerte Palinski. »Aber ich komme nicht dahinter. Ich kenne einfach keine Menschen, die ich gedanklich in diesem Milieu ansiedeln würde.«
Resigniert schüttelte er den Kopf. »Und was soll dieser Hinweis auf Kanada?«
»Was gibt es in Kanada, was es auch bei uns gibt? In Europa, vermute ich.« Anscheinend begann Wiegele Gefallen an der Rätselraterei zu finden. »Rockies? Nein. Bären? Ja, aber das ergibt keinen Sinn. Vielleicht Städte? Vancouver, Ottawa, Montreal, Winnipeg?«
Bei Montreal meldete sich Palinskis immanentes Vorwarnsystem. »Montreal, königlicher Berg, Monte reale, Monreale?« Er zögerte und wiederholte. »Monreale, es könnte Monreale sein.«
»Wer oder was ist Monreale?«, wollte der Hauptkommissar wissen.
»Monreale ist ein uraltes, wunderschönes Kloster in der Nähe von Palermo. Dazu fällt mir sogar ein Name ein. Enrico Bannzoni und sein Vater Giorgio.« Er kratzte sich an der Stirn. »Und da war noch ein Großvater, den habe ich vor vielen Jahren in einem Landhaus in der Nähe von Monreale kennengelernt.«
»Na bitte.« Wiegele schien wieder Hoffnung zu fassen. »Das klingt doch schon ganz vielversprechend. Erzähle einmal.«
Als Student hatte Mario häufig als Reiseleiter gearbeitet und sich auf Italien spezialisiert, wobei sich mit Sizilien ein deutlicher Schwerpunkt herauskristallisiert hatte. »Ich bin in diesen Jahren mindestens 20 bis 25 Mal in Sizilien gewesen, vor allem in Taormina. Bei meinen Freunden und Kollegen habe ich damals sogar den Spitznamen ›Mafio‹ gehabt.«
Irgendwann zu Ostern, das Jahr hatte er vergessen, hatte Palinski in der Bucht von Mazzaro einen kleinen Buben, den dreijährigen Enrico Bannzoni aus dem Wasser gezogen. Das Kind war auf einem Felsen ausgerutscht, mit dem Kopf aufgeschlagen und
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