Killerspiele: Palinskis fünfter Fall (German Edition)
›Institut für Krimiliteranalogie‹ bezeichneten Büros übernachtet.
Kurz nach 10 Uhr war das Paar dann in den dritten Stock, zur Wohnung Wilma Bachlers und ihrer Familie hochgestiegen. Jetzt saßen alle um den reich gedeckten Frühstückstisch und delektierten sich an den eben aufgebackenen Semmerln, würziger Landbutter, selbstgemachter Marmelade, Schinken und Spiegeleiern. Dazu gab es Orangensaft, Tee, Kaffee und sogar Kakao für den darauf ganz versessenen Hauptkommissar.
Nachdem der erste Hunger gestillt war, versuchten Wilma und Marianne vorsichtig, die mutterschaftsbesessene Tina für die Idee einer Auszeit mit Guido in Südamerika zu interessieren. Beide Frauen hatten noch gestern ihre Kontakte in Mexico und Chile aktiviert und von diesen grünes Licht erhalten. Die ›Kinder‹ würden beiden Nenntanten herzlich willkommen sein.
Nach dem Frühstück wollte Palinski seinen Singener Freund auch noch in die Geheimnisse der Datenbank ›Crimes – facts and ideas‹ einweihen, die in Fachkreisen inzwischen einen sagenhaften Ruf besaß. Vor allem aber wollte er dabei auch nachsehen, ob sich nicht noch der eine oder andere zweckdienliche Hinweis auf die aktuellen Fälle finden ließ.
Danach wollte man in der bekannten ›Waldbachmühle‹ im Wienerwald ein spätes Mittagessen einnehmen. Palinski hatte ursprünglich versucht, Juri Malatschew zur Teilnahme an diesem Essen zu gewinnen, doch der Russe hatte sich strikt geweigert. »Nitschewo! Dass ich dir das erzählt habe, was ich dir erzählt habe, ist eine Sache. Es dritten gegenüber zu wiederholen, wieder eine ganz andere. Tut mir leid, aber daraus wird nichts. Niszto.« Und damit war das Thema abgeschlossen. Das war schon ein sturer Hund, dieser Juri.
Den Rest des Tages wollten Marianne und Wiegele dann noch für sich verwenden, was jeder verstand und ihnen auch von Herzen gönnte.
Die Heimreise wollten die beiden kurz nach 21.30 Uhr ab Wien Westbahnhof mit dem Schlafwagen nach Zürich antreten und am nächsten Morgen gegen 8 Uhr in Singen bzw. 10 Uhr in Stuttgart eintreffen.
Aber oft entwickeln sich die Dinge nicht so, wie die Menschen sich das vorstellen. Kaum hatte Palinski den Hauptkommissar über die Grundlagen seiner Datei informiert, als Marianne anrief und mitteilte, dass sie sofort nach Stuttgart müsste. Ein Mitarbeiter ihres Mannes hatte ihr eben mitgeteilt, dass »Dr. Kogler mit einem schweren Herzinfarkt ins Krankenhaus eingeliefert worden ist«. Verständlicherweise wurde erwartet, dass sie trotz der laufenden Scheidung ans Bett ihres Nochgatten eile, um eventuell Notwendiges zu veranlassen.
»Dem kann ich mich kaum entziehen«, stellte sie traurig fest. »Immerhin sind wir noch verheiratet. Ich hoffe, du hast Verständnis.«
Wiegele war nicht gerade angetan von der veränderten Situation, konnte und musste Mariannes Entscheidung aber wohl oder übel verstehen.
»Wann fliegst du?«, wollte er statt einer Antwort auf ihre Frage wissen.
»Die nächste direkte Maschine nach Stuttgart geht um 16.30 ab Wien.« Sie war dem Weinen nahe. »Bringst du mich noch zum Flughafen?«
»Aber das ist doch selbstverständlich«, sagte Wiegele, und er meinte es auch so. »Wir fahren gleich los, holen deine Sachen aus dem Hotel und haben dann am Airport noch ein wenig Zeit für uns.«
Mit dem gleichermaßen überraschten wie mitfühlenden Palinski vereinbarte der Hauptkommissar, das eben begonnene Gespräch und damit den restlichen offiziellen Teil seines Aufenthaltes fortzusetzen, nachdem er vom Flughafen zurück sein würde.
»Gut«, meinte Palinski, »uns bleiben dann noch etwa drei Stunden, bevor ich dich zu deinem Zug bringen muss.«
* * *
Wiegele war gegen 17.15 Uhr wieder zurück vom Flughafen. Mariannes Maschine war pünktlich gestartet und sollte planmäßig in Stuttgart landen. Die Stimmung des Hauptkommissars war verständlicherweise etwas gedämpft.
»Was mache ich, wenn ihr Mann jetzt ein Pflegefall wird und sie ihn aus Pflichtbewusstsein nicht verlässt?«, hypothetisierte er in einer Art vor sich hin, die Palinski nicht geeignet schien, die Stimmung seines Freundes nachhaltig zu verbessern.
»Jetzt warte doch einmal ab«, versuchte er Wiegele zu ermuntern. »Wer weiß, vielleicht ist alles gar nicht so schlimm, der arme Herr Kogler ist in einer Woche wieder zu Hause und geht in einem Monat wieder fremd wie eh und je.«
Der Hauptkommissar lachte gequält auf. »Du hast ja recht, jetzt kann man nur abwarten.« Er blickte auf die
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