Killervirus - Gerber, R: Killervirus - Heartstopper
dieser Wohltätigkeitsveranstaltung im Kapitol. Du wolltest, dass ich danach zu dir in dein Hotel komme …«
»Und? Hast du es bereut?«
»Nein, natürlich nicht.«
»Dann wirst du es auch diesmal nicht bereuen.«
»Rudy, sie haben gerade Alarmstufe Rot ausgerufen.«
»Na und? Bei mir ist auch Alarmstufe Rot. Ich brauche dich. Kannst du in drei Stunden am üblichen Ort sein?«
»Unmöglich. Da habe ich eine Besprechung mit den freiwilligen Helfern.«
»Sag doch, dass dir was dazwischengekommen ist. Und sei ja pünktlich, sonst fange ich ohne dich an.«
»Das will ich nicht hoffen.«
Es klickte in der Leitung. Rudy hatte ohne sich zu verabschieden aufgelegt. Die Senatorin lächelte und stellte ihn
sich vor, wie er splitternackt in der Suite im Four Seasons stand und seinen muskulösen, durchtrainierten Körper im Spiegel betrachtete, während er auf seine Stute wartete.
Auch wenn Senatorin Kathleen Neal in der Politik danach strebte, es mit jedem noch so starken Mann aufzunehmen, so war sie bei Rudy Collins doch nichts weiter als eine schwache, zu absoluter Hingabe bereite Frau.
15
10:00 UHR
ZWEIGSTELLE DER FDA, WASHINGTON, DC
Als Ben aus dem Gebäude der Arzneimittelbehörde am DuPont Circle trat, ging gerade ein wahrer Wolkenbruch über Washington nieder. Die Marshall-Palmer-Formel trifft wieder mal voll zu, dachte er. Nachts große Regentropfen, und am Vormittag schüttet es wie aus Eimern.
Ben stellte sich unter das schmale Dach vor dem Haupteingang und blickte auf die Straße hinaus. Die Autos krochen im Schneckentempo vorbei, und etwas weiter vorne hatte es einen Auffahrunfall gegeben. Wieder einmal bewiesen die Autofahrer von Virginia, dass sie bei schlechtem Wetter hoffnungslos überfordert waren.
Ben zog sein Handy aus der Tasche und tippte auf eine der Kurzwahltasten.
»Hallo?«, fragte eine gedämpfte Stimme.
»Jack? Ich bin’s, dein Dad. Ich habe noch einen Termin und werde mich verspäten.«
»Kein Problem. Ich bin doch auf der SchmooCon.«
»Den ganzen Tag? Ich dachte, wir könnten heute Nachmittag zusammen ins Smithsonian Institute gehen.«
»Dad, das ist ein Kongress. Da gibt es den ganzen Tag über Veranstaltungen.«
»Was hast du mit diesen Leuten überhaupt zu schaffen?«,
fragte Ben, obwohl ihm klar war, dass Jack das nicht gern hörte. Ben hatte sich im Internet über die SchmooCon informiert. Die Veranstaltung ging auf eine Initiative von Bruce Potter zurück, einem Vordenker in Sachen Computersicherheit, und beschäftigte sich mit Themen, die Ben alles andere als geheuer waren. Er dachte an das, was er über die Konferenz gelesen hatte:
SchmooCon, die jährlich stattfindende Hackerkonferenz an der Ostküste, bietet drei Tage lang ein Forum für alle, die sich der Aufdeckung von Sicherheitslücken im Internet und in geschlossenen Computernetzwerken verschrieben haben. An jeweils einem Tag werden die folgenden Themen abgehandelt: Eindringen in fremde Netzwerke, Data Mining, Datenmanipulation.
Besonders das »Eindringen in fremde Netzwerke« bereitete Ben große Sorgen - schließlich war Jack bereits ins Visier des FBI geraten, weil er sich ins Computersystem seiner Schule gehackt und dort seine Zensuren manipuliert hatte. Ben wurde angst und bange bei dem Gedanken, was sein Sohn auf einer solchen Konferenz von den besten Hackern des Landes alles lernen konnte.
»Ich rufe dich an, wenn ich wieder im Hotel bin«, sagte er. »Ich finde die Vorstellung nicht so prickelnd, dass du ganz allein in Washington herumläufst …«
»Dad, ich bin kein kleines Kind mehr! Ich habe schon einen Führerschein!«
»Das ist kein Führerschein, du darfst lediglich Autofahren, wenn ein Erwachsener dabei ist.«
Sein Sohn stöhnte hörbar auf. »Wie du meinst. Und lern endlich, wie man eine SMS schreibt, okay?«
Die Verbindung wurde abrupt unterbrochen, und Ben, der über ein fotografisches Gedächtnis verfügte, ließ noch einmal die Veranstaltungen der Hackerkonferenz vor seinem geistigen Auge Revue passieren: Sicherheitslücken in öffentlichen Netzen; 99 Wege, eine Firewall zu knacken; Viren, Trojaner, Malware & Co; Die besten iPhone und Windows Mobile-Hacks … Er würde sehr viel mehr lernen müssen als SMS schreiben, um mit Jack mithalten zu können.
Ben hörte, wie auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein Auto mehrmals hupte und sah Martin Larrick, der in einem Lexus LS saß und ihm zuwinkte. Als Ben im strömenden Regen über die Straße lief, öffnete der
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