Killerwelle
verleihen. Es gab nur eine Patrone, daher war die Waffe im Grunde nichts anderes als eine Röhre mit einem doppelten Auslösemechanismus, der gewährleistete, dass sie nicht unabsichtlich abgefeuert werden konnte.
Als er den zweiten Auslöser betätigte, fühlte es sich an, als hätte jemand mit einem Vorschlaghammer gegen seinen Beinstumpf geschlagen. Das Projektil durchlöcherte die Sohle seines Schuhs, und der Rückstoß schleuderte ihn beinahe von der Mauerkrone. Das schwere 300-Grain-Projektil drang in Bauchhöhe in den Körper des Bombenträgers ein und hob ihn von den Füßen, als hätte er einen Stoß in den Rücken erhalten.
Er stürzte in den Swimmingpool, sein Körper teilte das Wasser und versank, während die Weste explodierte. Wasser schoss in einer soliden weißen Säule in die Höhe und stieg gut zehn Meter über die Plattform, ehe es wie ein Wolkenbruch wieder herabregnete. Die Explosion hatte so heftig und so nahe stattgefunden, dass ein Teil der Stahlwand des Pools hinausgesprengt worden war. Wasser schäumte durch die Öffnung und ergoss sich über die Außenwand des Wolkenkratzers in die Tiefe. Der zuvor noch paradiesisch anmutende Swimmingpool hatte sich in den höchsten Wasserfall der Welt verwandelt.
Von dem Bombenattentäter war nichts übrig, und da das Wasser den größten Teil des Explosionsdrucks und der Granatsplitter absorbiert hatte, schien es so, als wäre niemand verletzt worden, zumindest nicht schwer.
Cabrillos Hörvermögen kehrte nach dem lauten Explosionsknall allmählich wieder zurück. Noch mehr Leute schrien jetzt, rannten in Panik kopflos herum und wussten nicht, wohin sie sich wenden oder was sie tun sollten. Über all dem nahm er ein schrilles Jammern wahr, einen Laut echter Todesangst, der die ängstlichen Rufe der Hotelgäste überlagerte.
Ein kleiner Junge mit Schwimmflügeln an den Armen befand sich noch im Schwimmbecken. Er hatte sich am seichten Ende des Pools aufgehalten und gespielt, als alle Erwachsenen zu Beginn der Schießerei vom Wasser weg geflüchtet waren. Offenbar hatten seine Eltern keine Zeit mehr gehabt, ihn zu retten.
Während das Wasser wie von einer Hochleistungspumpe angesaugt durch die Öffnung strömte, wurde das schwimmende Kind unaufhaltsam zur Kante des Beckens gezogen.
Juan sprang von der zwei Meter fünfzig hohen Schutzmauer herab und spurtete über die Plattform. Er hechtete mit einem Kopfsprung ins Wasser, der ihm sicherlich den Beifall olympischer Kampfrichter eingebracht hätte, und kraulte hinter dem Jungen her. Er spürte die Strömung, die an seinem Körper zerrte. Es war, als kämpfte er gegen eine Springflut. Er war schon immer ein hervorragender Schwimmer gewesen und hatte sich dank seiner Kraft aus zahlreichen gefährlichen Situationen befreien können, aber auf diese rohe Gewalt, mit der sich der Swimmingpool durch das Explosionsloch entleerte, war er nicht vorbereitet. Das Loch hatte einen Durchmesser von mindestens anderthalb Metern.
Er erreichte das Kind, als sie noch etwa drei Meter vor sich hatten, ehe es hinausgespült würde. Der Junge schlug um sich und schrie wie am Spieß. Juan packte ihn an den Haaren, um außer Reichweite seiner rudernden Arme zu gelangen, und versuchte ihn zurückzuziehen, aber der Sog war einfach zu stark, um sich mit nur einem freien Arm dagegenzustemmen. Er schaute sich verzweifelt um. Niemand hatte mitbekommen, in welcher Lage er sich befand.
Das Loch war ein heller Punkt dicht über dem Boden des Beckens, wo die Sonne die Wirbel zum Funkeln brachte, die sich vor der Öffnung bildeten, durch die das Wasser ins Nichts stürzte.
Cabrillo steigerte seine Anstrengungen, seine Beine pumpten, und sein freier Arm wühlte sich mit aller Kraft, die er aufbringen konnte, durch das Wasser. Aber mit jedem Zentimeter, den er sich von der Öffnung entfernte, zog ihn die Strömung zwei Zentimeter weiter in Richtung des Loches. Die Strömung war zu stark. Es würde nur noch Sekunden dauern, bis er durch das Leck in der Seitenwand des Pools gerissen würde. Er tat das Einzige, was er in dieser Situation noch tun konnte.
Er hörte auf zu schwimmen.
Und dann drehte er sich um, so dass er auf das Explosionsloch blickte. Während sie in dessen Richtung gezogen wurden, hielt er das Kind hoch. Er hatte nur eine einzige Chance, eine einzige Gelegenheit, nämlich diesen letzten Schritt zu versuchen und sie zu retten. Wenn es ihm nicht gelang, dann würden er und der Junge aus dem Swimmingpool gesogen werden und
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