Killerwelle
Meerwasser. Dieser so gewonnene elektrische Strom trieb zwei Wasser-Strahldüsen an. Irgendwann in der Zukunft würde diese Antriebsart auf allen Schiffen Standard sein, da sie besonders umweltverträglich war, doch die schwindelerregenden Kosten und ihr immer noch experimentelles Entwicklungsstadium hatten zur Folge, dass die Oregon das einzige operierende Schiff war, das sie benutzte.
»Das Kasino gehört einer amerikanischen Firma, und laut den islamischen Regeln ist das Glücksspiel, oder maisir, streng verboten«, erwiderte Cabrillo. »Dieser Ort ist ein Tempel aller unseligen Dinge. Gibt es etwas Neues über die Bombenattentäter?«
»Nur das, was die Überwachungskameras des Hotels festgehalten haben, als sie sich in der Lobby und im Fahrstuhl aufhielten. Sie waren Malaien oder Indonesier. Keinerlei Ausweise oder sonstige Papiere wurden gefunden. Quelle surprise. Und es wird Tage dauern, um eine DNS-Analyse durchzuführen, und höchstwahrscheinlich sind diese Kerle in keiner Datenbank verewigt. Möglich, dass man sie anhand ihrer Bilder identifizieren kann, aber bis jetzt gibt es auch in dieser Richtung nichts.«
»Es ist ja auch noch früh«, stellte Juan fest.
Sie stiegen über das Süll einer wasserdichten Tür und gelangten in den Decksaufbau. Das Licht kam von Leuchtstoffröhren an der Decke und erhellte farbig lackierte stählerne Korridore. Solange nicht damit zu rechnen war, dass Fremde das Schiff betraten, war die Luft rein und wohltemperiert. In kalten Klimazonen steigerten sie, wenn Hafeninspektoren oder Zollbeamte an Bord waren, die Leistung der wirkungsvollen Trane-Klimaanlagen, während sie in den Tropen zusätzliche Warmluft in die Aufbauten pumpten, damit die Störenfriede das Schiff so schnell wie möglich wieder verließen. Außerdem konnte die stetige Beleuchtung auf eine hochfrequente Blitzfolge umgeschaltet werden, die sich auf Nervenprozesse störend auswirken konnte. Einige Menschen reagierten mit leichten Kopfschmerzen und Übelkeit darauf. Das bewusst nicht wahrnehmbare Flackern konnte bei Epileptikern sogar Anfälle auslösen.
Dazu war es glücklicherweise nur einmal gekommen, und Doc Huxley war sofort zur Stelle gewesen.
Seitdem ein Überfall durch somalische Piraten vor einigen Monaten nicht planmäßig hatte zurückgeschlagen werden können, hatte Max Injektoren installieren lassen, mittels derer der gesamte Aufbau oder einzelne Räume, natürlich unter wachsamer Kontrolle durch Julia Huxley, mit Kohlenmonoxid gefüllt werden konnten. Das farb- und geruchlose Gas löste anfangs Benommenheit und Trägheit aus, doch ein längerer Kontakt konnte zu Hirnschäden und sogar zum Tod führen. Da Individuen je nach Körpergröße und Gesundheitszustand unterschiedlich reagieren, betrachtete Cabrillo diese Vorrichtung als wirklich letztes Mittel der Selbstverteidigung.
Sie betraten eine wenig benutzte Besen- und Servicekammer, und Linda drehte an den Wasserkränen eines Schmutzwasserbeckens, als betätige sie die Zahlenräder eines Banksafes. Das Wasser, das aus den Kränen lief, war rostbraun und irgendwie klumpig.
Kein Detail war zu unbedeutend.
Eine Geheimtür sprang mit einem leisen Klicken auf und gab den Blick auf das opulente Innere der Oregon frei. Es waren die Räumlichkeiten, in denen die Männer und Frauen, die das Schiff in Gang hielten, ihre meiste Zeit verbrachten.
Sie stiegen ein Deck tiefer hinab, wo sich die meisten Mannschaftskabinen befanden. Juan blieb vor der Tür seiner eigenen Suite stehen. Linda machte Anstalten, ihm hineinzufolgen und ihren Lagebericht fortzusetzen.
»Tut mir leid«, sagte er, »aber ich brauche eine Dusche und muss unbedingt diese Klamotten loswerden. Ich sehe aus wie eine Star-Wars- Action-Figur in einer alten G. I.-Kluft.«
»Ich hatte eigentlich nicht vor, dich darauf aufmerksam zu machen, dass du dir einen neuen Schneider suchen solltest«, erklärte sie mit einem anzüglichen Grinsen. »Du siehst genauso aus wie ich als kleines Mädchen, wenn ich ein altes Hemd meines Vaters als Kittel im Kunstunterricht trug.«
»Wir haben Tiny wegen seiner Fähigkeiten als Pilot und nicht wegen seiner Konfektionsgröße angeheuert.« Er wandte sich ab und hielt dann inne. »Noch eine Sache. Geh hinunter in die Bootsgarage und sag dort Bescheid, sie sollen eins der RHIBs von jedem Gramm überflüssigen Gewichts befreien. Dazu gehört auch, dass sie einen der beiden Außenbordmotoren entfernen und den anderen in die Mitte setzen sollen. Max hat
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