Killing Beauties: Thriller (German Edition)
gelehrt.
Zumindest eine Sache hatte sich nicht geändert, würde sich niemals ändern: Ein Teil von ihm war mit Jennifer gestorben. Judd ging von Raum zu Raum und machte die Lichter aus, dann stieg er die Hintertreppe hinauf. Sein Zimmer, in dem er schon als Junge und junger Mann geschlafen hatte, wirkte dunkler, kälter und leerer als in der ganzen Zeit zuvor, seit er seinen Hauptwohnsitz hierher verlegt hatte.
Lindsay in Mimis altem Bett zu wissen, mit einem warmen Feuer, das im Kamin brannte, erweckte in Judd ein Gefühl der Einsamkeit, eine Einsamkeit, die ihm bewusst machte, dass er nicht länger allein sein wollte.
Tag und Nacht. Allein. Ohne einen Menschen.
Seit vier Jahren hatte er von einem Tag zum anderen gelebt, sich in Selbstmitleid und bitterer Einsamkeit gesuhlt … ein selbst gewähltes Leben, wenngleich es im Grunde kein Leben war.
Er ging hinüber zum Fenster, zog die Gardine zurück und blickte hinunter, dorthin, wo früher in Mimis Garten nicht nur Lilien, Ringelblumen und Osterglocken geblüht hatten, sondern auch köstliche frische Kräuter und verschiedenes Gemüse bis in den frühen Herbst hinein gediehen waren. Sein Großvater und seine Großmutter hatten das Jagdhaus geliebt, und sogar seine zimperliche, überordentliche Mutter hatte einen gelegentlichen Besuch auf dem Land genossen.
Er hatte seine Eltern geliebt und respektiert, aber es war Mimi gewesen, die seine jungen Jahre mit Gelächter und Staunen gefüllt hatte. Wenn er ganz genau hinhörte, konnte er beinahe noch ihr Lachen hören. Die Frau hatte zu leben gewusst, hatte selbst den einfachsten Dingen Freude abgewinnen können. Sie hatte ihren Mann geliebt, ihre Familie, und sie hatte ihr einziges Enkelkind vergöttert. Als Jennifer und er über Kinder gesprochen hatten, hatte er ihr erzählt, wie sehr er sich wünschte, seine Mimi hätte lange genug gelebt, um ihr Urenkelkind kennenzulernen.
Aber es gab kein Urenkelkind. Keine Frau. Keine Zukunft ohne …
Jennifer.
Geliebte Jennifer.
Wärst du eifersüchtig, wenn du wüsstest, dass ich etwas für Lindsay empfinde?
Ich liebe sie nicht. Ich weiß nicht, ob ich überhaupt fähig bin, jemanden zu lieben. Aber Lindsay bedeutet mir etwas.
Nachdem er sich aufs Bett gesetzt hatte, zog Judd seine Schuhe aus und knöpfte sein Flanellhemd auf. Als er mit den Zehen wackelte, bemerkte er, dass sein rechter Strumpf ein Loch hatte. Lange hatte er auf solche Dinge keine Aufmerksamkeit verschwendet. Er grinste, zog das Hemd aus und schleuderte es ans Fußende, dann öffnete er seinen Gürtel und zog ihn aus der Jeans. Er ließ sich seitlich auf das ungemachte Bett fallen und starrte an die Decke.
Es wäre unfair Lindsay gegenüber, wenn ich eine Beziehung mit ihr einginge, obwohl ich weiß, dass ich sie niemals lieben kann.
Aber du liebst sie doch , sagte eine innere Stimme.
Mit einem Ruck fuhr er hoch und setzte sich aufrecht hin.
Natürlich liebst du sie. Nur nicht auf die Art und Weise wie Jenny.
Jenny ist tot. Lindsay lebt. Sie ist hier. Und sie liebt dich.
Judd stand auf, ging aus dem Schlafzimmer, den Flur entlang und die Hintertreppe hinunter, wobei er zwei Stufen auf einmal nahm.
Du hast kein Recht dazu, mehr von Lindsay zu nehmen, als du bereits hast. Sie liebt dich. Wenn du zu ihr gehst, wird sie dich nicht wegschicken.
Mitten in der Küche machte Judd abrupt halt, seine Hände ballten sich zu Fäusten. Er wollte irgendetwas in Stücke schlagen, seinen Frust an irgendeinem leblosen Objekt auslassen.
Gott, er brauchte einen Drink. Unbedingt.
Aber es war kein Alkohol im Haus. Er hatte sämtliche halbleeren Flaschen ausgeschüttet.
Du kannst dich nicht betrinken.
Aber du kannst zu Lindsay gehen.
Sie verstand ihn, akzeptierte ihn, liebte ihn.
Er hatte ihr nichts versprochen.
Warum sollte er gegen das ankämpfen, was er wollte, was sie beide wollten?
Er ging aus der Küche und den Flur hinunter. Als er das Zimmer erreichte, in dem Lindsay schlief, hielt er plötzlich inne. Die Tür war weit geöffnet, als würde sie ihn einladen.
Er machte einen zögerlichen Schritt hinein, als er merkte, dass Lindsay gar nicht im Bett lag. Sie stand vor dem flackernden Feuer, ihre Gestalt unter dem Nachthemd ein Schatten in dem gelborangefarbenen Schein. Als hätte sie seine Anwesenheit gespürt, drehte sie sich um, blickte ihn an und lächelte.
Lindsay hatte gewusst, dass er zu ihr kommen würde. Sie hatte das Verlangen in seinen Augen gesehen, hatte es in seiner Umarmung
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