Killing Beauties: Thriller (German Edition)
drückte sie. Überrascht wandte sie sich ihm zu. Mit trockenen, finsteren Augen blickte er sie an und drückte ihre Hand noch einmal. Da sie eine solche liebevolle Geste von ihm nicht kannte, wusste sie nicht, was sie denken oder empfinden sollte. Sie befahl sich, nicht überzureagieren, und blickte weg, zurück auf das Geschehen unter ihnen. Aber sie klammerte sich an seine Hand, als sie dastanden und mitverfolgten, wie das Lied endete und der Geistliche den Psalm dreiundzwanzig rezitierte.
Griff hasste Beerdigungen. In den vergangenen Jahren war er auf zu vielen gewesen, beinahe auf allen waren Opfer des Beauty-Queen-Killers begraben worden. Er fragte sich stets, ob der Mörder unter den Trauergästen war und sich als jemand anders ausgab. Sich bedeckt hielt. Als er an dem verschlossenen Sarg und dem Geistlichen vorbeischaute, sah Griff Nic Baxter in der zweiten Reihe auf der anderen Seite der Überdachung stehen, unter der er mit Barbara Jean und Sanders saß.
Woran dachte Nic in diesem Augenblick? Erinnerte sie sich an das Begräbnis ihres Mannes vor sechs Jahren? Daran, wie er gestorben war? Fühlte sie sich schuldig? Machte sie sich für seinen Tod verantwortlich? Oder dachte sie genau wie er daran, dass der Mörder heute möglicherweise ebenfalls hier war und ein perverses Vergnügen daran hatte, der Beerdigung einer Frau beizuwohnen, die er tödlich verstümmelt hatte?
Barbara Jean weinte leise, ihre schmalen Schultern bebten. Sie hielt Sanders’ Hand, unauffällig. Es war lange her, dass er Sanders irgendwelche tieferen Gefühle hatte zeigen sehen. Griff hatte das verstanden. Ein Mann tat, was notwendig war, um zu überleben, um nicht den Verstand zu verlieren. Das Einzige, was in den vergangenen Jahren einer Bekundung von Gefühlen nahegekommen war, war Sanders’ Sorge um Lindsays Wohlergehen. Und nun vermutete Griff, dass sein alter Freund anfing, sich für die stille, sanfte Barbara Jean zu interessieren. Von allen Frauen auf der Welt, warum ausgerechnet sie? Aber warum auch nicht? Griff war kein Experte in Liebesdingen. War weit davon entfernt. Als er noch jünger gewesen war, damals, auf dem College, hatte er zweimal gedacht, er wäre verliebt, aber beide Beziehungen, bei denen es hauptsächlich um Sex gegangen war, waren ziemlich bald auseinandergegangen.
War Sanders um Barbara Jeans Sicherheit besorgt? Vielleicht. Der Mann war ein Krieger. Ein stiller Krieger, einer, der seine Bedenken meist für sich behielt.
Wenn sich der Mörder irgendwo in der Menge der Trauernden befand – mehr als hundertfünfzig Personen –, würde er kaum so dumm sein zu versuchen, Barbara Jean auf der Stelle zu töten. Ein Mann, der klug genug war, dreißig Morde zu begehen, ohne geschnappt zu werden, zählte nicht zu den Menschen, die etwas übers Knie brachen. Auf der anderen Seite könnte er nach so vielen erfolgreichen »Taten« eitel geworden sein, seiner Sache ein wenig zu sicher.
Wenn der Mörder hier war und wenn er irgendetwas plante, wäre er innerhalb von Sekunden umzingelt. Neben Angie und Lindsay waren die fünf zusätzlichen Powell-Agenten in Alarmbereitschaft, außerdem wimmelte es von Polizeibeamten in Zivil und FBI-Agenten. Nic hatte ihm keinerlei Information zuteil werden lassen, aber er brauchte sie nicht, um zu wissen, was vor sich ging.
Von seinem Platz aus blickte er prüfend über den Friedhof, ließ die Augen über die Menge gleiten und schaute dann zu der Anhöhe hinauf, auf der Lindsay und Judd mit etwa einem Dutzend anderer Leute standen, unter ihnen Chief Mahoney.
Wie war es für Judd, heute dort zu stehen? Griff war genauso überrascht gewesen wie Lindsay, als Judd darum gebeten hatte, sie nach Kentucky zu der Beerdigung zu begleiten. Je mehr er über Judds Bitte nachdachte, desto mehr fragte er sich, ob das ein gutes Zeichen war, vielleicht ein Zeichen dafür, dass er sich langsam erholte. Es würde nicht leicht für ihn sein. Er würde über Jenny nachdenken. Sich an ihr Begräbnis erinnern.
Jedes Mal, wenn er an der Beerdigung eines Opfers teilnahm, dachte Griff an Judds Frau. Und mit jedem neuen Mord stellte er die Existenz Gottes in Frage, der so etwas zuließ. Damals, als er seinen UT-Abschluss in der Tasche hatte, hatte er an Gott geglaubt, war dankbar gewesen für das, was ihm in seinem Leben zuteil geworden war. Es war so einfach gewesen zu glauben, damals, als sein Leben mit jedem Tag, jeder Woche, jedem Jahr besser und besser geworden war. Seine Mutter war eine
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