Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)
Königreichs in dem Krieg zu erbitten, den Amerika gerade verlor, warnte der Prinz den Diplomaten, dass die Vereinigten Staaten vielleicht bald noch eine größere Sorge haben würden als die wachsende Gewalt in Afghanistan. »Wir haben ein Problem«, sagte Bin Naif zu Holbrooke, »den Jemen.«
Der Prinz nannte dem Diplomaten gleich eine ganze Reihe alarmierender Fakten: Die Stämme im Jemen sympathisierten stärker mit al-Qaida als die Afghanen, und ihr Land lag näher an den saudi-arabischen Zielen für Qaida-Anschläge als Afghanistan. Der Jemen war ein gescheiterter Staat und hatte in Präsident Ali Abdullah Saleh einen schwachen und korrupten Herrscher. Salehs Vision für sein Land sei »auf Sanaa geschrumpft«. Es gehe ihm nur noch darum, die Hauptstadt als seine Machtbasis zu sichern. Bisher habe er es immer geschafft, die jemenitischen Stämme in Schach zu halten, jetzt aber verliere er die Kontrolle und gebe immer mehr Macht an seinen Sohn ab, der keine enge Verbindung zu den Stämmen habe. Finanzhilfen für Salehs Regierung seien nutzlos, weil der Präsident und seine Umgebung das Geld ins Ausland schafften.
»Das Geld landet auf Schweizer Bankkonten«, sagte Prinz Mohammed.
Stattdessen finanzierte die saudi-arabische Regierung Entwicklungsprojekte in Regionen des Jemen, wo bereits Qaida-Kämpfer Wurzeln geschlagen hatten. Sie hoffte, auf diese Art der Popularität der Terroristen entgegenzuwirken, damit die »Jemeniten die Extremisten eher als Verbrecher denn als Helden sehen«. Am Ende des Treffens versprach Holbrooke dem Prinzen, dass Präsident Obama eng mit dem Königreich zusammenarbeiten werde, um das wachsende Qaida-Netzwerk im Jemen zu zerstören.
Was für ein Glücksfall, dachte Prinz Mohammed, als Abdullah al-Asiri drei Monate nach Holbrookes Besuch die Saudis mit seinem Kapitulationsangebot kontaktierte. Der junge Mann stand genau wie sein älterer Bruder Ibrahim auf der Liste von fünfundzwanzig Kämpfern, die die Saudis im Ausland suchten. Ibrahim al-Asiri war 2003 verhaftet worden, als er versucht hatte, sich den Aufständischen im Irak anzuschließen. Während der anschließenden Haft in einem saudischen Gefängnis hatte er glühenden Hass auf das Königreich und dessen Bündnis mit den Vereinigten Staaten entwickelt, das er mit dem Verhältnis von Sklave und Herr verglich. Von den zwei Brüdern hielten die Saudis Ibrahim für sehr viel gefährlicher. Er hatte eine Ausbildung als Bombenbauer absolviert und dabei eine finstere Begabung für das Verstecken von Sprengsätzen entdeckt. Weil er fürchtete, dass die Saudis die »Kapitulation« seines Bruders als raffinierte Kriegslist erkennen könnten, hatte er eine Bombe entwickelt, die bei normalen Sicherheitsmaßnahmen nicht gefunden werden konnte. Kurz bevor der jüngere al-Asiri für den Flug nach Dschidda den Privatjet der saudischen Königsfamilie bestieg, versteckte sein Bruder eine Bombe mit dem Plastiksprengstoff Pentaerythrittrinitrat in seinem Rektum.
Doch so genial der Bombenbastler Ibrahim auch war, seine tödlichen Anschläge wurden häufig durch die Inkompetenz der Selbstmordattentäter vereitelt. Abdullah war mit der versteckten Bombe aus dem Jemen nach Dschidda gereist und ohne Zwischenfall in Bin Naifs Palast gelangt. Doch als er den Raum betrat, wo der Prinz seine Besucher empfing, war er so nervös, dass er in sein Gewand griff und die Bombe zündete, bevor er nahe genug an den Prinzen herangekommen war. Die Explosion zerriss den Attentäter in zwei Hälften, hinterließ einen rauchenden Krater auf dem gefliesten Boden und Blutspritzer im ganzen Raum. Prinz Mohammed jedoch erlitt nur geringfügige Verletzungen.
Der Anschlag war gescheitert, aber die AQAP hatte ihre erste Aktion außerhalb des Jemen durchgeführt. Wenn ihr die Ungeschicklichkeit des Attentäters peinlich war, ließ sie es sich in dem prahlerischen Bekennerschreiben nicht anmerken, das sie kurz nach dem Anschlag veröffentlichte. Es seien die Saudis, die sich schämen müssten, weil Abdullah erstmals in der Geschichte Saudi-Arabiens die Sicherheitsmaßnahmen überwunden habe, und die Terrorgruppe gerade im Begriff sei, im Jemen ein Spionagenetz zu enttarnen, mi t dem das saudische Königshaus die AQAP habe infiltrieren wollen.
Denen, die in Riad nun in Furcht lebten, und den Politikern in Washington, deren Aufmerksamkeit durch das Attentat geweckt war, verhießen die Täter weitere Anschläge.
»Oh, ihr Tyrannen, seid sicher, dass ihr leiden werdet,
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