Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)
privaten Spionagerings verstieß Furlong gegen eine Vorschrift des Pentagons, die es dem Militär verbot, Privatleute für menschliche Nachrichtenbeschaffung zu engagieren. Doch Furlong wusste, dass die Grenzen zwischen Spionage- und Soldatenhandwerk so verschwommen waren, dass er seine Arbeit relativ leicht rechtfertigen konnte. Als amerikanische Regierungsbeamte in Kabul fragten, wer seine Operation autorisiert habe, und als seine Vorgesetzten in San Antonio wütende Anrufe von der CIA bekamen, in denen er beschuldigt wurde, ein illegales Spionagenetz zu betreiben, schoss er mit eigener Munition zurück.
Just als das Pentagon den Vertrag mit Lockheed Martin über die private Spionageaktion genehmigte, brachte das Central Command eine umfassende Geheimdirektive heraus, die die Spionageaktivitäten des Militärs auf die gesamte muslimische Welt, von Saudi-Arabien über den Jemen und den Iran bis Pakistan ausdehnte. In dem von David Petraeus, dem Kommandeur des CENTCOM , unterzeichneten Erlass, wurden neue Einsätze befohlen, die für künftige Kampfhandlungen im gesamten Nahen Osten »den Boden bereiten« und das Militär auf Operationen, die die CIA nicht durchführen konnte, einschwören sollten. Die Direktive genehmigte auch die Aktivitäten streng geheimer Einheiten wie Task Force Orange, jener Teams für menschliche Nachrichtenbeschaffung, die dem Joint Special Operations Command unterstanden und früher Gray Fox geheißen hatten, und sie erlaubte außerdem die Beschäftigung privater Dienstleister »zur Entwicklung geheimer, einsatzbereiter Infrastrukturen für die Lokalisierung, Identifizierung, Isolierung und Zerschlagung/Vernichtung« extremistischer Netzwerke und einzelner Führer von Terrorgruppen.
Die Direktive mit der Bezeichnung Joint Unconventional Warfare Task Force Execute Order war Teil einer allgemeineren Initiative im ersten Jahr der Regierung Obama, die darauf abzielte, die Rolle des amerikanischen Militärs außerhalb erklärter Kriegszonen neu zu definieren. Die neue Regierung hoffte, eine gewisse Ordnung in die chaotische Welt der geheimen militärischen und geheimdienstlichen Operationen zu bringen, die seit 2001 dramatisch zugenommen hatten. Sie wollte einige der Initiativen wieder in den Griff bekommen, die sich unkontrolliert entwickelt hatten, seit Donald Rumsfeld das Militär aufgefordert hatte, sich stärker auf dem Gebiet der menschlichen Nachrichtenbeschaffung zu engagieren.
Wenn überhaupt, wirkten die neuen Richtlinien, einschließlich des Geheimbefehls von Petraeus, freilich eher verstärkend auf die Entwicklung, die die Regierung Bush eingeleitet hatte. Die Offiziere von Spezialkräften besaßen nun sogar noch größere Vollmachten, rund um den Erdball Spionagemissionen durchzuführen. Und so wurden die Richtlinien zu einem neuen Masterplan für die geheimen Kriege, die die Regierung Obama von ihrer Vorgängerin übernommen hatte.
Petraeus’ Direktive kam heraus, als die Obama-Administration gerade ihren heimlichen Krieg im Jemen intensivierte, und ein Großteil des Befehls zielte darauf ab, die Spezialeinsatzkräfte und die Ausrüstung im Raum Sanaa zu verstärken. Furlong jedoch interpretierte den Befehl als klare Unterstützung für seine eigenen Aktivitäten in Pakistan und Afghanistan. Und diese Unterstützung erhielt er ausgerechnet von David Petraeus, dem vielleicht einflussreichsten General seiner Generation. Furlong fühlte sich, als hätte er den Segen des Papstes bekommen.
Die CIA jedoch hielt ihn keineswegs für einen Gesalbten des Herrn und beschloss, ihn für immer auszuschalten. Am 2. Dezember 2009 schickte der CIA -Stationschef von Kabul ein scharfes Telegramm nach Washington, in dem er detaillierte Beschuldigungen gegen Furlong erhob. Zur Liste der Verstöße gehörte der Vorwurf, dass Furlong einen illegalen Spionagering betreibe und seine Vorgesetzten über das Wesen der Operation täusche. Das Telegramm nahm sogar Bezug auf die Prager Episode im Jahr zuvor und schilderte in allen Einzelheiten, warum Furlong die Tschechische Republik im Sommer 2008 so übereilt verlassen hatte.
Der Stationschef argumentierte, dass es katastrophale Folgen haben könne, wenn ein Haufen privater Dienstleister in Pakistan herumrenne, ohne dies mit der CIA zu koordinieren. In dem Telegramm nicht erwähnt wurde der nach Ansicht einiger hochrangiger CIA -Vertreter zutreffende Vorwurf, Informationen von Furlongs Privatspionen hätten Ende 2009 direkt zu einem Drohnenschlag auf
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