Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)
um einen wegen der häufigeren Drohnenschläge möglicherweise in der Bevölkerung ausbrechenden Proteststurm überstehen zu können.
Der Führungswechsel im Pentagon war mit dafür verantwortlich, dass nun auch die Regierung Bush ein aggressiveres Vorgehen in Pakistan befürwortete. Ungeachtet seiner unablässigen Bemühungen, seine Kompetenzen zum Einsatz von Spezialeinsatzkräften außerhalb von Kriegsgebieten auszudehnen, hatte Donald Rumsfeld aus Furcht vor einem öffentlichen Aufschrei, der Präsident Musharraf schwächen könnte, stets davor gewarnt, allzu viele Bodenoperationen auf pakistanischem Territorium durchzuführen. Aber nun, da Musharraf abgesetzt war, glaubte Rumsfelds Nachfolger Robert Gates, die Vereinigten Staaten könnten mehr Risiken in Pakistan eingehen. Der langjährige CIA -Mitarbeiter (und von Ende 1991 bis Anfang 1993 kurze Zeit ihr Direktor) Gates hatte in den 1980er-Jahren den geheimen Krieg der CIA gegen die Sowjetunion in Afghanistan mit geführt und war sich der Vorteile einer guten Beziehung zu Pakistan durchaus bewusst. Andererseits hielt er die pakistanische Sicherheitspolitik für wenig effektiv, und ihm war klar, dass Islamabad nie und nimmer entschlossen gegen die militanten Gruppen in den Stammesgebieten vorgehen würde – zumindest nicht, solange es weder in seinem eigenen Interesse lag, noch über die Fähigkeiten dazu verfügte. Während seiner ersten Reise nach Afghanistan als Verteidigungsminister nahm Gates an einem als geheim klassifizierten Briefing in einem abhörsicheren Besprechungszimmer auf dem Luftwaffenstützpunkt Bagram teil, bei dem Konteradmiral Robert Howard, stellvertretender Kommandeur des Joint Special Operations Command, den Anwesenden eine Übersicht über alle Anlagen in den Stammesgebieten gab, auf denen sich nach Ansicht der Militärs Qaida-Kämpfer versteckt hielten. »Und warum gehen Sie dann nicht rein und schnappen sie sich?«, wollte Gates wissen.
Als im Juli 2008 CIA -Direktor Michael Hayden und sein Stellvertreter Stephen Kappes mit dem Plan ins Weiße Haus kamen, in den pakistanischen Bergen einen unilateralen Krieg zu führen, fiel es ihnen nicht sonderlich schwer, einen zwischenzeitlich reichlich frustrierten Präsident und sein Kriegskabinett dafür zu begeistern. »Wir spielen dieses Spiel nicht mehr länger mit«, sagte Bush. »Diese Hurensöhne bringen Amerikaner um. Es reicht jetzt.« Das war der Startschuss für eine groß angelegte Drohnenkampagne in den pakistanischen Stammesgebieten, die Präsident Obama nach seiner Amtsübernahme ohne Unterbrechung fortführen sollte. Und in dem Maße, wie sich die Beziehungen der CIA zum ISI verschlechterten, schickte Langely Stationschefs nach Islamabad, die sehr viel weniger Zeit und Mühe als ihre Vorgänger darauf verwendeten, sich das Wohlwollen der pakistanischen Spione zu erwerben. Richard Blee, der frühere Leiter der mit der Jagd auf Bin Laden betrauten CIA -Einheit und selbst vormaliger Stationschef in Islamabad, klagte, bei der CIA habe nun »die ›Fuck you‹-Schule die Kontrolle übernommen«. Ab 2008 verschliess die CIA gleich reihenweise Führungsoffiziere auf dem Spitzenposten in Islamabad, und jeder Einzelne von ihnen verließ das Land mit noch mehr Verbitterung als sein Vorgänger.
Einer der Stationschefs, John Bennett, hatte in seiner langen Karriere als verdeckter Agent unter anderem von Nairobi aus CIA -Operationen in Somalia durchgeführt und in jüngerer Vergangenheit die CIA -Abteilung in Südafrika geleitet. Als Geheimdienstler der Generation nach dem Church-Ausschuss kam Bennett mit denselben Bedenken im Hinblick auf gezielte Tötungsoperationen der Agency nach Pakistan, die viele seiner Kollegen auch hegten. Aber im Laufe seiner Dienstzeit in Islamabad änderte sich nach und nach seine Einstellung, und irgendwann war er überzeugt, dass die Drohnen das einzige zuverlässige Mittel seien, um al-Qaida aus Pakistan zu vertreiben – insbesondere seit der Austausch von Geheimdienstinformationen zwischen der CIA und dem ISI größtenteils zum Erliegen gekommen war. Bennetts Verhältnis zum ISI verschlechterte sich noch weiter, als er sich dafür zu interessieren begann, welche Rolle der pakistanische Geheimdienst dabei spielte, die Opposition im Land gegen die Drohnenschläge aufzuputschen. Als er Islamabad 2010 verließ, hatte er ein durch und durch zynisches Bild vom ISI . Kollegen gegenüber bezeichnete er seine Zeit in Pakistan, in der er Umgang mit dem ISI pflegte,
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