Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)
CIA -Drohnenbasis im Süden Saudi-Arabiens war der Geheimkrieg im Jemen Sache des JSOC . Ab Mai 2011 schickte das Pentagon bewaffnete Drohnen in den Jemen, die von Äthiopien und Camp Lemonnier aus starteten, einer ehemaligen Basis der französischen Fremdenlegion im bitterarmen Dschibuti, auf der seit 2002 eine kleine Abordnung von US -Marines und Spezialeinsatzkräften stationiert war. Von da an gehörte in einigen der entlegensten Wüstengebiete des Jemen das Geräusch der überfliegenden Drohnen fast schon zum Alltag, und es wurde ernst in dem tödlichen Katz-und-Maus-Spiel zwischen Dschihadisten und amerikanischen Killermaschinen.
Ein jemenitischer Journalist, der zwei Wochen lang einen AQAP -Führer begleitete, beschrieb später, wie sich die Gruppe verhielt, wenn ein Angriff aus der Luft drohte: Näherte sich ein jemenitischer Kampfjet, blieben sie einfach, wo sie waren, weil, wie ein Kämpfer dem Reporter erklärte, »die jemenitischen Piloten niemals ihr Ziel treffen«. Hörten sie aber das Surren einer amerikanischen Drohne am Himmel, taten sie das genaue Gegenteil: Sie schalteten ihre Mobiltelefone aus, sprangen in ihre Lastwagen und Autos und fuhren kreuz und quer durch die Gegend, weil die Drohnen »sich bewegende Ziele nicht bombardieren können«. Die Militanten hatten eine der Schwachstellen der Drohnen herausgefunden, die auftritt, wenn die unbemannten Flugkörper über große Entfernungen hinweg per Satellit gesteuert werden. Abgesehen davon, dass die Bilder, die die Drohnenpiloten in ihren viele tausend Kilometer entfernten Leitständen in den USA auf dem Bildschirm sehen, bis zu zwei Sekunden alt sind, muss man auch noch die Reaktionszeit des Piloten und die Zeit berücksichtigen, bis die Drohne das Feuersignal empfängt. Wegen dieses als Latenz bezeichneten Problems haben sich die Drohnenführer der CIA und des Pentagons jahrelang schwergetan, den Zielbereich für die von der Drohne abgefeuerte Rakete exakt zu bestimmen, ein Umstand, der einen Teil der zivilen Opfer und Fehlschüsse der Drohnenkriege erklären dürfte.
Eben weil al-Awlaki in einem fahrenden Lastwagen saß, entging er im Mai 2011 , nur wenige Tage nach der Geheimoperation in Pakistan, die Bin Laden das Leben kostete, um Haaresbreite dem Tod. Ein Informant in Diensten der Amerikaner hatte gemeldet, dass al-Awlaki in einem Lastwagenkonvoi im Gouvernement Schabwa unterwegs sei, woraufhin das JSOC -Team Kampfdrohnen und Harrier-Jets der Marine in das Gebiet entsandte. Doch die erste auf al-Awlakis Lastwagen abgefeuerte Rakete verfehlte ihr Ziel, und als dann noch Wolken aufzogen und die Sicht auf den Konvoi blockierten, konnte er in einen anderen Lastwagen umsteigen und sich in entgegengesetzter Richtung davonmachen. Die amerikanischen Flugzeuge folgten dem ersten Lastwagen, nahmen ihn erneut unter Beschuss und töteten zwei jemenitische Qaida-Kämpfer. Al-Awlaki brachte sich derweil in einer Höhle in Sicherheit. Nach Angaben des Jemen-Experten Gregory Johnsen soll er später gegenüber Freunden erklärt haben, der Vorfall habe ihn »in der Gewissheit bestärkt, dass niemand stirbt, bevor er seine Aufgabe im Leben vollbracht und die ihm zugemessene Zeit vollendet hat«.
Im Weißen Haus zeigten sich Präsident Obama und John Brennan zunehmend frustriert von der Unfähigkeit des JSOC , al-Awlaki oder andere führende AQAP -Mitglieder zur Strecke zu bringen. Eineinhalb Jahre nachdem Obama grünes Licht für die Ausweitung der amerikanischen Geheimoperationen im Jemen gegeben hatte, war immer noch kein hochrangiger AQAP -Führer getötet worden; stattdessen waren mehrere Angriffe auf der Basis falscher nachrichtendienstlicher Informationen durchgeführt worden – mit der Folge, dass man im Jemen bislang mehr Zivilisten als Terrorverdächtige umgebracht hatte. Der Einsatz bewaffneter Drohnen stellte zwar eine deutliche Verbesserung gegenüber Angriffen mit Marschflugkörpern dar, aber die Regierung von Dschibuti verweigerte dem US -Militär beharrlich das Recht, von Camp Lemonnier aus Tötungsoperationen zu starten, ohne vorab ihre Genehmigung eingeholt zu haben, eine Einschränkung, die die JSOC -Führung zur Verzweiflung trieb.
Die CIA unterlag keinen derartigen Beschränkungen, und gleich nachdem im September 2011 die Drohnenbasis der Agency in der südsaudischen Wüste fertiggestellt und einsatzbereit war, ließ der neue CIA -Direktor David Petraeus einen Teil der CIA -Drohnenflotte nach Saudi-Arabien verlegen. Gleichzeitig
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