Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)
Kontrolle geraten könne. Er werde das empfindliche Gleichgewicht in der Region stören und vielleicht sogar zu einem ausgewachsenen indisch-pakistanischen Stellvertreterkrieg auf afghanischem Boden führen.
Als sich die Verhandlungen dahinschleppten und auf den September der Oktober folgte, begann die CIA in aller Stille paramilitärische Teams nach Afghanistan zu entsenden. Sie sollten mit den Warlords Verbindung aufnehmen, die unter dem Banner der Nordallianz kämpften. Unterdessen wurde das Terrorismusbekämpfungszentrum der CIA weiterhin von einer Flut bedrohlicher Informationen aus CIA -Stationen im Nahen Osten und in Südasien überschwemmt. Am 5. Oktober, zwei Tage bevor die USA über Afghanistan die ersten Bomben abwarfen, schickte Armitage ein höchst geheimes Telegramm an Wendy Chamberlin, in dem er sie aufforderte, sich sofort mit General Ahmed zu treffen. Armitage wollte, dass Mullah Omar eine einfache Botschaft erhielt, und dass Ahmed sie übermittelte. Wenn ein weiterer Terrorangriff nach Afghanistan zurückverfolgt werden könne, schrieb Armitage, werde die amerikanische Reaktion fürchterlich sein: »Jede Stütze des Talibanregimes wird zerstört.«
Einen Tag nach dem Beginn des amerikanischen Kriegs in Afghanistan löste Musharraf General Ahmed als Chef des ISI ab. Führende CIA -Beamte in Washington hatten auf Ahmeds Entlassung gedrängt, und die Wahl seines Nachfolgers stieß auf allgemeine Zustimmung. General Ehsan ul-Haq, ein weltgewandter Militärkommandeur, der damals das Armeekorps in Peschawar befehligte, hatte zu dem Kreis führender Militärs gehört, der 1999 Musharraf an die Macht brachte, und er hatte im Gegensatz zu Ahmed keine offensichtlichen Sympathien für die Taliban. Schon wenige Wochen nach seiner Ernennung saß er an Musharrafs Seite bei den Vereinten Nationen, wo sich der pakistanische Präsident und Bush zum ersten Mal seit dem 11. September trafen und über die amerikanischen Pläne in Afghanistan redeten.
Zur Vorbereitung auf das Treffen hatte Außenminister Colin Powell für den Präsidenten eine Denkschrift verfasst. Darin lobte er Musharraf und kam zu dem eindeutigen Schluss, dass die pakistanische Regierung »die Taliban aufgegeben« habe. »Präsident Musharrafs Entscheidung, nach dem 11. September trotz erheblicher politischer Risiken voll mit den Vereinigten Staaten zu kooperieren, gab unserer stagnierenden Beziehung plötzlich eine neue Wendung«, begann die Denkschrift. Rückblickend war Powells Analyse naiv. Sie gab wieder, was die amerikanischen Regierungsbeamten hören und glauben wollten. Musharraf hatte nicht so sehr der pakistanischen Außenpolitik eine grundsätzlich neue Richtung gegeben, als vielmehr ein altes Abkommen wieder aufleben lassen, das sein Vorgänger Zia-ul-Haq als pakistanischer Präsident in den 1980er-Jahren mit den Amerikanern geschlossen hatte: Er würde den Vereinigten Staaten helfen, ihre Ziele in Afghanistan zu verwirklichen, und Pakistan würde ordentlich dafür bezahlt werden.
Musharraf hatte den Krieg nicht verhindern können, aber er wollte, dass die Vereinigten Staaten so schnell wie möglich wieder aus seiner Nachbarschaft verschwanden. Diese Botschaft vermittelte er Bush bei den Vereinten Nationen: Tun Sie, was Sie tun müssen, um Bin Laden und seine Gefolgsleute aus Afghanistan zu vertreiben, aber die Vereinigten Staaten sollten auf keinen Fall jahrelang im Land bleiben.
Wie sich herausstellte, hatten die Pakistaner die Amerikaner genauso schlimm missverstanden wie umgekehrt. In den Monaten nach dem 11. September schickte das ISI -Hauptquartier eine Serie von Telegrammen an die pakistanischen Botschaften in Washington und anderswo. Die Analysten des Geheimdiensts waren zu der Überzeugung gelangt, dass die Vereinigten Staaten sich über die Ausschaltung von al-Qaida hinaus nicht langfristig in Afghanistan engagieren wollten, ein Schluss, den sie daraus zogen, dass Washington unmittelbar nach dem Rückzug der Sowjetunion ebenfalls das Interesse an Afghanistan verloren hatte. So jedenfalls verstand Asad Durrani die Position des Geheimdiensts. Der pakistanische Generalleutnant a.D. hatte den ISI in den 1990er-Jahren geleitet und war pakistanischer Botschafter in Saudi-Arabien, als der ISI Ende 2001 seine Telegramme an die pakistanischen Botschaften verschickte.
Über den neuen amerikanischen Krieg in Afghanistan sollte Durrani Jahre später sagen: »Es sah ganz danach aus, als werde es sich um eine Angelegenheit von sehr
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