Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)
April 2002 nach Pakistan gekommen. Sie waren Araber oder Usbeken oder Tschetschenen oder stammten aus anderen zentralasiatischen Ländern. Einige wollten nur in die arabischen Staaten am Persischen Golf zurückkehren. Andere suchten schlicht nach einer neuen Heimat und schlugen Wurzeln, indem sie paschtunische Frauen aus der Gegend heirateten.
Jeden Tag brüteten die Beamten des ISI und der CIA über einem dicken Stapel von Transkripten abgehörter Gespräche. Dann nutzten sie ihre Erkenntnisse, um Razzien gegen Verdächtige in und um Peschawar zu planen. Die Erkenntnisse aus den Abhöraktionen waren sehr begrenzt. Doch gerade mit diesem begrenzten Blick auf den Krieg hatten die Agenten in Peschawar manchmal Fahndungserfolge, die sie mit mehr Informationen vielleicht nie gemacht hätten. So verfolgten Agenten im Juni 2003 das Handy des Algeriers Adil Hadi al-Jazairi in ein großes öffentliches Schwimmbad in der Nähe von Peschawar. Als sie ankamen, waren mehr als hundert Männer im Becken. Ohne ein Foto konnten sie den Gesuchten unmöglich identifizieren. Doch einer der Agenten des ISI wählte die Nummer, die vermutlich zu al-Jazairis Handy gehörte, und schon schwamm ein bärtiger Mann zu einem klingelnden Handy am Beckenrand. Ein Team von Polizisten aus Peschawar eilte herbei und nahm den Mann in tropfender Badehose fest.
Zufällig hatten sie jedoch einen Doppelagenten verhaftet. Sie wussten nicht, dass al-Jazairi dem britischen Geheimdienst MI 6 Informationen über al-Qaida geliefert hatte. Der Algerier wurde nach Guantánamo verfrachtet, und der britische Geheimdienst hatte einen Informanten weniger.
Auch Jahre nach den Ereignissen behält Munir noch viele Agentenstorys für sich, befolgt einen Kodex, von dem er erwartet, dass ihn auch seine amerikanischen Partner beachten. Er denkt dabei an die Achtung, die sich die beiden Geheimdienste damals entgegenbrachten, einen Respekt, der fast an Vertrauen grenzte. Es sei eine »wirklich angenehme Zeit« gewesen, sagt er, und ein historischer Augenblick, von dem er weiß, dass er wegen der Jahre des Misstrauens, die auf ihn folgten, nie wiederkehren wird.
Dank dem Erfolg der von Asad Munir und den CIA -Beamten in der Region Peschawar durchgeführten Operationen und der Festnahme von hochrangigen Helfern Bin Ladens wie Chalid Scheich Mohammed und Ramzi Binalshibh in anderen pakistanischen Städten glaubten viele führende Mitglieder der Regierung Bush, dass die Partnerschaft funktionierte. Die in Pakistan gefangenen Qaida-Mitglieder wurden aus dem Land geschmuggelt und nach Afghanistan, Thailand, Rumänien und in andere Länder gebracht, die der CIA die Einrichtung von Geheimgefängnissen auf ihrem Boden erlaubten. Die CIA zahlte Millionen Dollar an den ISI , als die Rechnungen für die Unterstützung Islamabads fällig wurden. So lukrativ war das Arrangement für die Pakistaner geworden, dass in Islamabad der Witz kursierte, für jeden Terroristen, den der ISI zu fangen helfe, müssten zwei neue geschaffen werden, damit das Geld weiter fließe.
Laut Asad Munir entwickelte sich das vage Interesse, das der ISI 2001 an der Aufrechterhaltung seiner Verbindungen mit den afghanischen Taliban und dem Haqqani-Netzwerk hatte, in den Jahren 2003 und 2004 zu einer sorgfältig konzipierten Strategie. Islamabad wollte beide Gruppen nutzen, um Nachkriegsafghanistan zu seinem eigenen Vorteil zu gestalten. Seine ursprüngliche Analyse hatte sich als falsch erwiesen: Der Krieg war nicht von kurzer Dauer. Außerdem war die Entscheidung der Regierung Bush, im Jahr 2003 in den Irak einzumarschieren, für viele pakistanische Militärs und Geheimdienstbeamte der Beweis, dass Washington an Afghanistan das Interesse verloren hatte und dort abermals einen chaotischen Rückzug antreten würde. Also würde Pakistan sich selbst schützen müssen.
»Die Amerikaner kamen ohne einen umfassenden Plan nach Afghanistan. Sie hatten keine Antworten auf die Frage: ›Wie gehen wir rein, und wie gehen wir wieder raus?‹«, sagte Munir. »Sie interessierten sich damals nicht für die Taliban, sondern waren auf al-Qaida konzentriert.«
»Die Pakistaner«, fuhr er fort, »nahmen stillschweigend an, dass diese Leute, die Amerikaner, Afghanistan nicht sichern würden. Wir dachten: ›Sie werden wieder gehen, und wir werden mit den Afghanen leben müssen.‹«
Er machte eine Pause und zog an seiner Zigarette.
»Wir haben unsere eigenen Interessen und unsere eigenen Sicherheitsbedürfnisse.«
**** Die
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