Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)
grimmigen Chefs William J. Donovan gegründete Dienst war zu allererst eine paramilitärische Organisation und erst in zweiter Linie ein Geheimdienst. Donovans »glorreiche Amateure« verbrachten einen Gutteil des Zweiten Weltkriegs mit der Sabotage von Bahnlinien, dem Sprengen von Brücken und der Bewaffnung des antinationalsozialistischen Widerstands auf dem gesamten europäischen Kriegsschauplatz. Trotzdem bekam selbst Donovan am Ende des Kriegs kalte Füße, als es um ein Programm zur Tötung führender Nationalsozialisten ging. Bis 1945 hatte der OSS etwa hundert Deserteure der Wehrmacht dafür ausgebildet, führende Nazis zur Strecke zu bringen, wobei nicht nur Hitler und Göring auf der Abschussliste standen, sondern alle Mitglieder der SS mit einem höheren Rang als Hauptsturmführer. Für diese organisierten Tötungen sollten die Agenten, die für das »Cross Project« arbeiteten, 200 Dollar im Monat bekommen. Doch die Teams wurden nie nach Deutschland geschickt; Donovan schrieb an seine Mitarbeiter, dass ein solches Programm der »summarischen Tötung … den OSS nur in Schwierigkeiten bringen« könne. Statt die führenden Nazis zu töten, wollte sie Donovan nur noch kidnappen und zur Nachrichtenbeschaffung verhören lassen. Doch der Krieg war zu Ende, bevor die erste Entführung hätte stattfinden können.
Jahrzehnte später hatte ein von Frank Church aus Idaho geführter Senatsausschuss eigentlich nur die Absicht, inländische Gesetzesverstöße, etwa illegale Abhörmaßnahmen, zu untersuchen. Anfang 1975 ließ Gerald Ford jedoch gegenüber Journalisten die beiläufige Bemerkung fallen, dass die Ermittler womöglich auf eine Reihe versuchter Mordanschläge der CIA gegen ausländische Staatschefs stoßen würden, wenn sie nur tief genug gruben. Als diese Äußerung an die Öffentlichkeit kam, machte der Ausschuss diese Attentate zum wichtigsten Schwerpunkt seiner Anhörungen.
Sechs Monate lang hörten die Senatoren Aussagen über Pläne für die Tötung Patrice Lumumbas im Kongo oder die Platzierung einer explodierenden Muschel an jenem Ort, wo der kubanische Diktator Fidel Castro mit Vorliebe schnorchelte. Das prägendste Bild von den Anhörungen entstand, als die Mitglieder des Ausschusses eine Pistole herumgehen ließen, die die CIA zum Verschießen von Giftpfeilen gebaut hatte, und als Senator Barry Goldwater mit der Waffe ein imaginäres Ziel in der Luft anvisierte. CIA -Direktor William Colby versuchte klarzumachen, dass die Waffe nie zum Einsatz gekommen war, doch das Bild blieb im kollektiven Gedächtnis haften. Schon bevor der Ausschuss seine Arbeit beendet hatte, erließ Präsident Ford eine Anordnung, die es dem Staat verbot, Mordanschläge auf ausländische Staatchefs oder andere ausländische Politiker zu verüben.
Wenn Ford mit seinem Verbot überhaupt einen praktischen Zweck verfolgte, dann den, seine Nachfolger im Oval Office davor zu bewahren, allzu leicht in verdeckte Operationen verwickelt zu werden. Der von Church geleitete Ausschuss wies darauf hin, dass es bei all den fragwürdigen Aktionen der CIA in den ersten Jahrzehnten ihrer Geschichte immer das Weiße Haus gewesen war, das den Dienst zu skrupellosen Operationen wie Putschversuchen und der Ermordung ausländischer Staatschefs ermuntert hatte. Die CIA arbeitete geheim, und Geheimhaltung war für amerikanische Präsidenten schon immer verführerisch gewesen.
»Sobald die Fähigkeit zu verdeckten Operationen besteht«, schrieb Senator Church im Abschlussbericht seines Ausschusses, »gerät der Präsident unter immensen Druck, sie auch zu nutzen.« Church bezweifelte, dass Amerika die CIA überhaupt benötigte. Anstatt dem Präsidenten ein »Regiment von Meuchelmördern« zur Verfügung zu stellen, solle lieber das Außenministerium auf den Plan treten: Dieses war nach Churchs Ansicht durchaus in der Lage, nötigenfalls verdeckte Operationen durchzuführen, was es aber nur im Fall schlimmer Katastrophen tun sollte – etwa »um einen nuklearen Holocaust abzuwenden oder eine Zivilisation zu retten«.
Church konnte die Abschaffung der CIA nicht durchsetzen, aber als Ross Newland in den späten 1970er-Jahren am Trinity College in Connecticut seinen Abschluss machte, war die CIA gründlich in die Schranken gewiesen worden. Newland hatte als Sohn eines internationalen Geschäftsmanns den größten Teil seines Lebens in Lateinamerika und Spanien verbracht und sprach fließend Spanisch. Aufgrund dieses Werdegangs und weil er sich
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