Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)
Afghanistan tobenden Bürgerkrieg auf Seiten der Taliban gegen Ahmed Schah Massuds Nordallianz zu kämpfen.
In der Militärhierarchie der Taliban stieg Nek Muhammad, dem bald der Ruf vorauseilte, niemals eine Schlacht verloren zu geben, selbst wenn seine Kommandeure ihm den Rückzug befahlen, rasch auf. Mit seinem langen, schmalen Gesicht, seinem wild bis zu den Wangenknochen hinauf wuchernden Bart und seinem unter einem weißen Turban hervorquellenden langen schwarzen Haar gab er auf dem Schlachtfeld eine imposante Erscheinung ab und erinnerte weniger an den typischen abgewetzten Stammeskrieger, als vielmehr an eine paschtunische Ausgabe von Che Guevara.
Und als sich die Gelegenheit bot, übernahm Nek Muhammad die Rolle des Gastgebers für die arabischen und tschetschenischen Qaida-Kämpfer, die 2001 und 2002 auf der Flucht vor dem amerikanischen Dauerbombardement in Afghanistan nach Pakistan strömten. Die lokalen Stammesführer erachteten es zwar als ihre religiöse Pflicht, den Kämpfern Unterschlupf zu gewähren, was sie mitunter aber nicht daran hinderte, daraus auch Kapital zu schlagen und den Ausländern für die geschützten Unterkünfte in Wana und Shakai, einer bäuerlichen Region mit ausladenden Bäumen und tief eingeschnittenen Tälern, Wuchermieten abzuknöpfen. Obwohl auch Nek Muhammad darin eine Chance erblickte, schnell zu Geld zu kommen, sah er eine weitere Verwendungsmöglichkeit für die ins Land strömenden ausländischen Kämpfer. Mit ihrer Hilfe führte er in den folgenden beiden Jahren eine ganze Serie von Angriffen auf Einrichtungen des pakistanischen Frontier Corps sowie amerikanischer Abschussbasen jenseits der Grenze in Afghanistan.
CIA -Beamte in Islamabad drängten ihre pakistanischen Kollegen, die wazirischen Stammesführer unter Druck zu setzen, damit diese die arabischen und tschetschenischen Kämpfer auslieferten, aber einen solchen Verrat ließen die paschtunischen Stammestraditionen nicht zu. Widerwillig schickte Musharraf seine Truppen mit dem Auftrag in die gefährliche Bergregion, die ausländischen Dschihadisten und Nek Muhammads Männer zu jagen und zur Strecke zu bringen. Es war nicht der erste Vorstoß des pakistanischen Militärs nach Waziristan, aber dieses Mal hatte Musharraf ein stärkeres Interesse an einem Erfolg: Ende 2003 hatte der zweite Mann in der Qaida-Hierarchie, Aiman al-Sawahiri, eine Fatwa ausgesprochen, in der er die Ermordung des pakistanischen Präsidenten wegen seiner Zusammenarbeit mit den Amerikanern befahl. Nachdem es im Dezember 2003 Attentätern gleich zwei Mal um ein Haar gelungen wäre, die Fatwa zu vollstrecken, hoffte Musharraf, mit einem raschen, harten Militärschlag in den Bergen den Anschlägen auf pakistanischem Boden ein Ende bereiten zu können.
Tatsächlich aber was dies nur der Anfang. Im März 2004 nahmen pakistanische Kampfhubschrauber und Artillerie Wana und die umliegenden Dörfer unter schweren Beschuss. Regierungstruppen feuerten auf Pickups, in denen Zivilisten aus dem Kampfgebiet flohen, und zerstörten die Anwesen von Stammesmitgliedern, die sie im Verdacht hatten, Ausländer zu beherbergen. Einer von ihnen berichtete später einem Reporter, die pakistanischen Soldaten hätten, als sie sein Haus plünderten, nicht nur seine Kleider, sondern auch alle Kopfkissenbezüge und sein Schuhputzzeug mitgehen lassen. Generalleutnant Safdar Hussain, der den Einsatz befehligte, erklärte die Operation zu einem uneingeschränkten Erfolg. Sie hätten, verkündete er, eine Basis der Militanten und dazu noch ein ganzes Tunnelnetzwerk voller hochmoderner Kommunikationseinrichtungen ausradiert.
In Wahrheit aber hatte die pakistanische Regierung bei dem Feldzug einen herben Rückschlag hinnehmen müssen – und die eigenen Verluste waren weitaus höher als erwartet ausgefallen. Allein bei einem Gefecht am 16. März, als die Armee eine von Nek Muhammad und zwei anderen hochrangigen Dschihadisten gehaltene Festung einzunehmen versuchte, waren fünfzehn Soldaten des Frontier Corps und ein Soldat der reguläreren pakistanischen Streitkräfte ums Leben gekommen. Vierzehn weitere Soldaten waren in Gefangenschaft geraten und mehrere Dutzend Armeelastwagen, Geschütze und gepanzerte Mannschaftstransporter zerstört worden. In Islamabad hatten Geistliche an der einflussreichen Lal Madjid-Moschee die Menschen in Süd-Waziristan dazu aufgerufen, sich der Offensive der Armee entgegenzustemmen und den gefallenen pakistanischen Soldaten ein islamisches
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