Killing Game
dass Sie zusammen mit Bürgermeister Harrison zu Abend gegessen haben?«
Dearborn schnäuzte sich die Nase und nickte.
»Sie werden verstehen, wenn mich das ein kleines bisschen überrascht. Warum haben Sie mit dem Bürgermeister gegessen?«
»Das war ein Bankett der Anonymen Alkoholiker. Das war die besondere Gelegenheit, bei der ich … bei der ich Angie so gern dabeigehabt hätte. Der Bürgermeister selbst hat mir die Anstecknadel für sechs trockene Monate überreicht.«
»Ein AA-Treffen? Sie waren zusammen mit dem Bürgermeister bei einem AA-Treffen?«
Dearborn wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Endlich schlich sich ein wenig Zorn in die Stimme des Verdächtigen. »Hören Sie, Detective, wie war noch … Larkin? Können wir das ein andermal fortsetzen? Sie haben mir gerade erzählt, dass meine Frau tot ist – haben Sie denn kein gottverdammtes bisschen Anstand?«
»Exfrau, Mr Dearborn. Und es tut mir Leid, aber wir müssen das jetzt durchziehen. Die ersten Stunden sind bei einer Morduntersuchung von größter Bedeutung.«
»Wenn Angie Ihnen wirklich etwas bedeutet«, sagte Warrick, »dann werden Sie uns helfen.«
Sein Kopf sank herab, seine Augen schlossen sich, und Dearborn rieb sich die Stirn. »Ja …ja … ich verstehe«, sagte er, doch seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
Warrick beugte sich vor, um ihn besser zu verstehen, und sagte: »Erzählen Sie uns, wie Sie Ihr Leben in Ordnung gebracht haben.«
»Die Anonymen Alkoholiker haben mein Leben auf den Kopf gestellt«, sagte Dearborn mit der bittersüßen Andeutung eines Lächelns. »Als ich das letzte Mal im Gefängnis war, habe ich zu Gott gefunden – ich wurde wiedergeboren. Als ich rauskam, habe ich das Licht gesehen. Hab angefangen, zu den Treffen zu gehen. Hab mir Coda geholt – durch ihn habe ich nicht nur für mein eigenes jämmerliches Leben Verantwortung zu tragen. Und im Gegenzug dafür liebt er mich. Komisch, was? Ein Hund musste mir das beibringen. Bedingungslose Liebe. Dann hat mich Jesus zu einem Pfandhaus geführt, und ich habe mir die Gitarre gekauft … Musik habe ich immer geliebt, aber ich habe nie gelernt ein Instrument zu spielen.« Mit einem Nicken deutete er auf die Fender. »Das hilft mir, meine Emotionen zu kanalisieren.«
Warrick nickte und sagte: »Musik ist was Reelles. Was war letzte Nacht?«
Dearborn brauchte einen Moment, um sich in den Griff zu bekommen, dann atmete er lange aus, als wollte er die Kerzen auf einem Geburtstagskuchen auspusten. »Ich bin so gegen … fünf zu ihr gegangen?«
»Das müssen Sie uns schon sagen«, sagte Larkin.
»Fünf ist ein bisschen früh zum Abendessen, oder?«, fragte Warrick.
»Eigentlich war ich sogar schon spät dran. Der Begrüßungskaffee sollte um sechs serviert werden. Ich wollte um vier bei Angie sein, genug Zeit, wissen Sie, um mein Anliegen vorzubringen, sie zu überzeugen mitzukommen, Zeit, damit sie sich hätte fertig machen können … aber ich habe es nicht geschafft, bin zu spät von der Arbeit gekommen …«
»Wo arbeiten Sie?«, fragte Larkin.
»Ich bin Imbisskoch drüben im Raw Shanks Diner.«
»Im Sphere«, sagte Warrick nickend. »Verdammt gute Hamburger gibt es da.«
Larkin beäugte Warrick stirnrunzelnd. Vermutlich dachte er, Warrick wäre zu sanft dem Verdächtigen gegenüber. Aber Warrick wusste, dass ein Cop den Guten spielen musste, wenn der andere den Bösen gab. Nicht aus Zynismus, sondern in dem Bemühen, doch noch Kontakt herzustellen.
»Toller Arbeitsplatz«, sagte Dearborn. »Im Vertrauen, der Manager ist auch bei den AA – jedenfalls ist einer der Nachmittagsköche zu spät gekommen, und ich musste für ihn einspringen. Bis ich zu Hause war, mich umgezogen hatte und zu Angie fahren konnte, muss es so gegen fünf gewesen sein.«
»Warum sind Sie zu ihr gefahren?«, fragte Larkin. »Sie wussten, dass sie eine richterliche Schutzanordnung gegen Sie erwirkt hat.«
»Sie haben regelmäßig telefoniert«, fügte Warrick hinzu. »Warum haben Sie sie nicht erst gefragt? Statt einfach hinzufahren.«
»Den Grund kennen Sie. Ich hatte Angst, sie könnte Nein sagen. Und ich wollte ihr zeigen, dass ich mich geändert hatte. Ich dachte … klingt wie naive Scheiße, aber … ich dachte, wenn sie mich nur sehen würde, so, wie ich jetzt aussehe, und wenn sie hören würde, worum es bei diesem Bankett ging, dann würde sie … Ach, verdammt. Warum bin ich hingefahren? Weil ich sie liebe. Ich habe sie immer geliebt.«
»Sie haben
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