Killing Game
haben?«
»Richtig«, sagte Nick. »Wir nehmen an, dass die Schläge härter wurden und die Tropfen von den Haarenden des Opfers stammen.«
Und plötzlich konnte Catherine es sehen.
Sie sah Angela Dearborn, die sich mit einer Zeitschrift auf ihrer Couch entspannt. Sie trägt nur das Romanov-T-Shirt und Baumwollshorts, und sie ahnt nicht, dass ihr Leben so gut wie vorbei ist.
Jemand klopft an die Tür, und Angela steht auf, geht hin, um einen Blick durch den Spion zu werfen. Sie erkennt die Person und öffnet die Tür – der Mörder ist jemand, den sie bedenkenlos hereinlässt. Er (oder vielleicht auch sie, aber in Catherines Vorstellung des Geschehens war es ein Er) tritt ein, sie unterhalten sich, dann streiten sie, und je hitziger die Geschichte wird, desto höher die Gewaltbereitschaft …
… dann, so plötzlich wie ein Streichholz Feuer fängt, kämpfen die beiden tatsächlich miteinander. Er ist größer, stärker, aber sie ist hart im Nehmen, will nicht aufgeben, jedenfalls nicht, bis die Bierflasche auf ihren Schädel kracht und Blut aus einer Wunde an ihrem Kopf hervorschießt.
Doch auch das kann Angie nicht aufhalten. Sie kämpft nur umso hartnäckiger, obwohl sie inzwischen an ein in die Enge getriebenes Tier erinnert, und dann, als sie doch endlich versucht, sich hinter einer verschließbaren Tür zu verschanzen, findet plötzlich das Geschehen im Schlafzimmer statt. Der Mörder steht schon im Raum, ehe sie die Tür abschließen kann.
Er schlägt sie wieder und wieder, aber sie schafft es, ihn zu kratzen – vielleicht am Arm –, als er ihr einen weiteren Hieb versetzt. Sie versucht, ihrem Angreifer durch Schnelligkeit zu entkommen. Sie flüchtet aus dem Schlafzimmer, aber er schnappt sie und stößt sie ins Badezimmer. In dem winzigen Raum kämpfen sie weiter. Sie denkt an Flucht, aber die Wohnungstür ist weit entfernt, und sie hat sie ganz automatisch wieder verriegelt, nachdem sie den Angreifer eingelassen hat.
Sie braucht eine Waffe.
Sie rennt in die Singleküche, will sich ein Messer schnappen, eine Pfanne, irgendwas. Nun steigt Panik in ihr auf. Sie greift nach einem Messer, dreht sich um und stellt fest, dass ihr Angreifer sie in eine Falle getrieben hat. Sie verletzt ihn am Arm, aber er schlägt ihr das Messer aus der Hand, und beide ringen miteinander, werfen schließlich den Esstisch in der kleinen Nische um und arbeiten sich wieder vor bis in das Wohnzimmer.
Seine Schläge sind nun härter, er hat irgendeinen stumpfen Gegenstand gefunden (was für einen?), mit dem er auf sie einprügelt, und sie kann ihm nicht entkommen. Sie versucht, sich zu wehren, aber er ist viel zu stark. Wieder und wieder schlägt er sie, die Hiebe regnen geradezu auf sie herab. Jeder neue Treffer löst eine neue Explosion der Schmerzen aus, bis der Schmerz doch endlich nachlässt. Sie liegt da, steckt die Schläge nur noch ein, fühlt keine Schmerzen mehr, sie absorbiert einfach Hieb um Hieb, und ein Teil von ihr schwebt bereits über dem Geschehen, beobachtet von der Zimmerdecke aus, wie der Mörder weiter ihren Körper misshandelt – dann senkt sich gnädige Dunkelheit herab.
»Das Haar, das du auf dem Boden gefunden hast«, sagte Nick. »Mia hat es mit dem von Travis Dearborn verglichen. Treffer.« Allmählich ging es Catherine etwas besser. »Vielleicht passen die Einzelteile wirklich zusammen – vielleicht hat der gewalttätige Ex …«
»Langsam«, fiel ihr Warrick ins Wort und wedelte Einhalt gebietend mit der Hand. »Die anderen Haare – die, die auf Angies T-Shirt waren – stammen nicht von Dearborn.«
Also bewegen wir uns immer noch im Kreis, dachte Catherine.
»Wissen wir, von wem sie stammen?«
Warrick schüttelte den Kopf. »Nein. Jedenfalls noch nicht.«
»Was wissen wir sonst?«
»Wir haben diesen Fingerabdruck«, sagte Nick. »Travis’ Fingerabdruck … auf einer Bierflasche, die bei dem Angriff benutzt worden ist.«
Catherine beäugte Nick blinzelnd. »Diese Bierflasche kann aber nicht die Mordwaffe sein – die wäre doch sicher zerbrochen, und dann …«
Warrick nickte. »Ja, dieser Schläger passt da schon viel besser – wir warten noch auf die Ergebnisse der Blutuntersuchung.«
Sie schüttelte den Kopf. »Irgendetwas stimmt nicht. Wenn man sich das Ganze als Streit vorstellt, als Streit, der außer Kontrolle geraten ist … einer dieser typischen Fälle, in denen eine verbale Auseinandersetzung eskaliert … dann läge es nahe, dass es sich bei der Mordwaffe,
Weitere Kostenlose Bücher