Killing time
Bernie und Jim, als wäre nichts zwischen ihnen gewesen. Sie waren Freunde, gute Freunde, die zusammenarbeiteten und versuchten, ein tödliches Rätsel zu lösen und einen skrupellosen Mörder zu fangen. Sie hatten gemeinsam zu Abend gegessen – meist bei ihr zu Hause, manchmal aber auch bei ihren Eltern. Jeden Abend halfen sie Kevin bei seinen Hausaufgaben, waren zweimal zusammen im Kino gewesen und genossen die letzten Sommertage miteinander am Swimmingpool ihrer Eltern. Mit anderen Worten: Sie halfen ihm nach Kräften, sich an die neue Schule und an das neue Leben mit seinem Vater zu gewöhnen.
Während der ganzen Zeit waren zwei Themen bei ihnen absolut tabu: Der Kuss und Bernies Schwester Robyn.
»Wusstest du, dass Robyn häufiger mit Raymond ausgeht?« Bernie beobachtete Jim, weil sie sehen wollte, wie er darauf reagierte.
Zu ihrer Überraschung grinste er. »Ja, ich habe gehört, dass die beiden neuerdings ein Paar sind.«
»Sogar meine Eltern finden es seltsam, dass ausgerechnet die beiden sich gefunden haben. Das ist ein bisschen wie
Die Schöne und das Biest.
«
Jim lachte. »Ich würde Raymond nicht unbedingt ein Biest nennen.«
Sie sah ihn verblüfft an. »Dir macht es wirklich nichts aus, oder?«
»Dass deine Schwester jemanden gefunden hat, der sie mit Freuden anbetet? O nein. Ich glaube, der gute Raymond ist genau das, was Robyn braucht.«
Bernie schob ihren Stuhl zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. »Hast du denn keine Gefühle für Robyn? Überhaupt keine?«
»Das würde ich nicht sagen. Ich mag Robyn. Ich habe grundsätzlich eine Menge für schöne Frauen übrig. Und sie mag ich vor allem, weil sie deine Schwester ist.«
Bernie spürte plötzlich ein Flattern im Bauch. Was für eine alberne, typisch weibliche Reaktion! »Du magst Robyn, weil sie meine Schwester ist?«
»Ja, du weißt schon, so wie ich jede Freundin von dir mögen würde … oder wie es heißt, was mein ist, ist auch dein.«
Bernie lachte. »Ich versuche gerade, es zu begreifen.«
»Du weißt doch, was ich meine. Ich mag dich.« Er sah sie an. »Sehr sogar.«
Damit machte er sie sprachlos. Sie saß da und starrte ihn an.
»Mein Gott, du bist die erste Frau – abgesehen von Verwandten natürlich –, die ich nicht vögle und an der mir trotzdem etwas liegt.«
Bernie brach in lautes Gelächter aus, woraufhin Jim sie merkwürdig ansah. Sie musste so sehr lachen, dass ihr die Rippen wehtaten und ihr Tränen in die Augen stiegen. Der Mann war wirklich erschütternd ehrlich. Ein brutal ehrlicher Macho und dazu auch noch so undiplomatisch, wie ein Kerl nur sein konnte.
»Was ist denn daran so unglaublich witzig?«
»Du bist witzig, Jim Norton. Du sagst etwas richtig Nettes, erzählst einer Frau, dass du sie magst, und dann machst du alles wieder kaputt, indem du wie der letzte Macho redest.«
»Ich hatte dich gewarnt, dass ich mich nicht auf Diplomatie verstehe.« Er beugte sich vor und griff über den Schreibtisch nach ihrer Hand. »Ich habe doch nicht deine Gefühle verletzt, oder? Das Letzte, was ich will, ist …«
»Mit mir vögeln und dadurch unsere Freundschaft zerstören.« Sie zog ihre Hand zurück.
Jim wurde rot, denn sie hatte ihn tatsächlich in Verlegenheit gebracht.
»Dir macht es wohl nichts aus, einem Mann den Boden unter den Füßen wegzuhauen, was, mein Schatz?«
»Tja, das ist eben eine Möglichkeit, dich auf Augenhöhe mit mir zu bringen.« Sie grinste und bestätigte sowohl sich selbst als auch ihm, dass er sie nicht ernstlich beleidigt hatte und sie von ihm über die Freundschaft hinaus weder etwas wollte noch erwartete.
Er blickte sie einen seltsamen Moment lang schweigend an, bevor er die Hände auf die Schenkel schlug und sagte: »Zurück an die Arbeit. Ich gehe dann mal rüber in mein Büro und frage John, wie es mit Dr. Kelley und Reverend Donaldson lief.«
»Sag mir Bescheid, falls sich irgendwas Neues ergibt.«
Jim schob seinen Stuhl zurück und stand auf. »Wollen wir heute Abend ein paar Steaks auf den Grill werfen?«
»Nein, heute veranstaltet Dads Freimaurerloge ein großes Bratfischessen. Es gibt Katzenwels, Maismehlklöße, Krautsalat und Fritten. Ich habe mehrere Tickets gekauft, weil der Erlös für einen wohltätigen Zweck verwendet wird. Wie wär’s, wenn ich drei Portionen abhole und damit gegen halb sieben zu dir komme?«
Jim runzelte die Stirn.
»Stimmt was nicht?«, fragte sie.
»Na ja, ich habe keine Ahnung, ob Kevin Katzenwels mag.«
»Mag er.
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