Killing time
Hilfssheriffs kenne ich seit Jahren. Mit einigen von ihnen bin ich schon zur Schule gegangen, und einige haben Freundinnen von mir geheiratet. Sie hingegen sind ein Unbekannter, Jim Norton, ein bisschen wie ein Rätsel. Und mich reizen Rätsel. Außerdem habe ich es gern, dass meine Freunde mir nicht fremd sind.«
»Werden wir denn Freunde?« Er ging neben ihr her den Flur hinunter.
»Das hoffe ich doch.«
Gemeinsam verließen sie das Gebäude und blieben draußen auf dem Gehweg stehen.
»Wollen Sie sich nicht mit mir anfreunden?«, fragte sie. »Oder haben Sie grundsätzlich ein Problem damit,
nur
befreundet mit einer Frau zu sein?«
Jim lachte leise. »Ehrlich gesagt war ich noch nie mit einer Frau befreundet.«
»Es gibt für alles ein erstes Mal.«
»Das stimmt.«
Sie ging zu ihrem Jeep und ließ Jim mitten auf dem Gehweg stehen. Nachdem sie die Fahrertür aufgeschlossen hatte, drehte sie sich noch einmal zu ihm um und lächelte. »Wir sehen uns morgen früh um sieben. Sie machen Kaffee und ich bringe belegte Brötchen mit.«
»Ich hätte gerne Schinken und Käse.«
»Wie viele, eins oder zwei?«
»Zwei.«
Dann setzte sie sich hinters Steuer, schloss die Autotür und startete den Motor. Jim stand da und blickte ihr nach, bis er nur noch die roten Rücklichter des Jeeps in der Ferne sah. In diesem Augenblick stellte er fest, dass er ausgesprochen gern mit Bernie Granger befreundet wäre.
Er strich über die Perlen, deren kühle, glatte Oberfläche sich gut anfühlte. Es waren natürlich keine echten Perlen. Er konnte sich keine echten wie die leisten, die sie als Kette getragen hatte. Aber seinen Auserwählten schien es nichts auszumachen, dass er ihnen unechte Perlenketten schickte. Schließlich war es der Gedanke, der zählte, nicht wahr? Lächelnd schloss er die Augen und gab sich den Gedanken an sie hin. Nach und nach wurden die Bilder schärfer und leuchtender. Er konnte sie genau erkennen, beinahe so klar wie in der Nacht, als er sie erstmals geliebt hatte. Wie überrascht sie gewesen war, ihn zu sehen.
Dummerweise hatte er gedacht, sie würde ihn mit offenen Armen empfangen, was sie nicht tat. Aber letztlich machte das nichts. Er hatte bekommen, was er wollte, genaugenommen sogar noch viel mehr, als er sich erträumt hatte – Befriedigung, Rache und ein wunderbares Gefühl von Macht.
Allerdings hatte er damit gerechnet, dass ihr Tod eine Art Abschluss bilden und den rasenden Zorn in ihm beruhigen würde. Aber das war ein Irrtum gewesen. Der Mord hatte seinen Wunsch nach Rache nur noch stärker werden lassen. Deshalb musste er die anderen drei aufsuchen und sie so leiden lassen, wie er selbst gelitten hatte. Und nachdem alle vier bestraft worden waren, dachte er, damit wäre es vorbei. Aber wieder einmal hatte er sich geirrt.
Nur weil jemand einen verletzt, enttäuscht und einem das Herz gebrochen hat, hört man doch nicht auf, nach Liebe zu suchen und die eine Frau herbeizusehnen, die einem alle Träume erfüllte.
Er summte leise vor sich hin und öffnete die Augen wieder. Dann legte er die Perlen in die weiße Geschenkschachtel und schloss den Deckel. Er würde sie ihr morgen mit einer kurzen Nachricht zukommen lassen.
Nachdem er den Schreibtischstuhl hervorgezogen hatte, setzte er sich hin, nahm den schwarzen Füllfederhalter und blickte auf das weiße Briefpapier. Hmm … was sollte er schreiben … welche Worte könnten Thomasina verführen? Sie hatte eine romantische Ader, also würde sie alles Direkte oder Grobe nicht gut aufnehmen. Noch nicht.
Nimm bitte dieses kleine Geschenk als Zeichen meiner Zuneigung. Perlen für eine liebreizende Dame.
Ja, das müsste genügen. Er wollte ja nur ihren Appetit auf mehr anregen.
Er steckte die Nachricht in den Briefumschlag und schrieb ihren Namen auf die Vorderseite. Dann legte er den Brief beiseite. Die Nachricht und die Perlen waren immer sein nächster Schritt in der Brautwerbung. Danach folgte die Zeichnung. Doch er würde die Dinge gern schneller vorantreiben und nicht Wochen brauchen, um sie zu gewinnen. Also beschloss er, zügiger vorzugehen und ihr die Zeichnung zusammen mit der Nachricht und den Perlen zu schicken.
Er öffnete die mittlere Schreibtischschublade und holte Skizzenblock und Stift hervor, ehe er kurz die Augen schloss – lange genug, um sich ihr Bild vorzustellen. Seine Ungeduld übertrug sich auf die Zeichnung, die er mit schnellen, kurzen Strichen fertigte, bis er sowohl Thomasinas Gesicht als auch ihr
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