Killing time
ihr es ihm gesagt?«
»Noch nicht, aber das werden wir noch, dieses Wochenende. Und … äh … ich ruf Sie Montag an und mache eine Zeit mit Ihnen ab … Danke, Mr. …«
»Jim.«
»Danke, Jim.«
Nach dem Gespräch stand Jim einige Sekunden lang wie erstarrt in dem kleinen Badezimmer und blickte in den Spiegel vor sich. Doch er sah sein Spiegelbild nicht mehr und dachte auch nicht mehr daran, sich zu rasieren. Er war innerlich hin- und hergerissen zwischen der Sorge um die Gesundheit seiner Exfrau einerseits und großer Freude darüber, dass er so viel Zeit mit seinem Sohn verbringen konnte, andererseits.
Jim schnaubte spöttisch. War das Leben nicht immer so? Da hatte er die Chance, mehrere Wochen, vielleicht über einen Monat mit seinem Sohn zusammenzuleben, und diese Chance ergab sich zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt. Er fing gerade einen neuen Job an, der bereits am allerersten Tag außergewöhnlich kompliziert wurde. Wie wollte er es hinbekommen, Kevin die Zeit zu widmen, die er brauchte und verdiente, und gleichzeitig sein Bestes bei den Ermittlungen im brutalen Mordfall Stephanie Preston zu geben?
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5
J im hatte zugehört, etwas gesagt, wenn er direkt gefragt wurde, und das Gespräch ansonsten den anderen überlassen. Er war der Neue, und obwohl er für das Sheriff-Büro in diesem Fall zuständig war, handelte es sich jetzt doch offiziell um einen FBI -Fall. Über Agent Patterson hatte er sich binnen zwanzig Minuten ein Bild gemacht – zurückhaltend und kooperativ, intelligent und kein bisschen überheblich. Bernie hatte Jim erzählt, dass Patterson einen Abschluss in Strafrecht hatte, genau wie sie, was ihn nicht weiter überraschte. Er ging davon aus, dass Bernie wahrscheinlich auch das Zehn-Wochen-Programm an der FBI National Academy in Quantico absolviert hatte – wie er. Neben den Kursen in Forensik hatte er dort auch einiges über Führungstechniken gelernt.
Sie saßen alle vier – Patterson, Hensley, Bernie und Jim – in Jims Büro, waren bei ihrem dritten Kaffee angekommen und gingen noch einmal durch, was sie bisher hatten.
»Ich glaube, wir können Kyle Preston als Täter ausschließen«, sagte Patterson. »Der ist vollkommen am Ende. Er ist seit über einer Woche in ärztlicher Behandlung und stand die meiste Zeit unter starken Beruhigungsmitteln. Außerdem ist er ein trauernder Witwer, wie ich ihn überzeugender noch nie gesehen habe.«
»Ganz meiner Meinung«, pflichtete Ron Hensley ihm bei. »Aber wenn der Ehemann als Verdächtiger ausfällt, wen haben wir dann?«
»Wir haben niemanden«, antwortete Patterson. »Zumindest heute noch nicht. Trotzdem weiß irgendwer etwas, auch wenn es dem- oder derjenigen nicht bewusst ist. Unser Job ist der, tiefer und tiefer zu graben, bis wir etwas finden, das uns weiterhilft. Irgendein Irrer hat Stephanie Preston entführt, zwei Wochen lang vergewaltigt und gefoltert und sie dann umgebracht. Ist der Kerl nur auf der Durchreise durch Adams County oder lebt er schon sein ganzes Leben lang hier? Hatte er persönlich etwas gegen Stephanie? Oder vielleicht gegen ihren Mann oder ein anderes Familienmitglied? Oder war sie nur zufällig zur falschen Zeit am falschen Ort?«
»Und wie konnte er sie vom College-Campus entführen, ohne dass jemand etwas mitbekam?« Bernie zog eine Grimasse. »Wo hatte er sie die letzten dreizehn Tage eingesperrt? Und wenn er das einmal gemacht hat, wird er es wieder tun?«
»Ja«, sagte Jim.
Alle Augen richteten sich auf ihn.
»Meinen Sie mit ›Ja‹, er wird es wieder tun?«, fragte Bernie.
Jim nickte. »Ist das der erste Fall dieser Art in der Gegend, von dem Sie wissen?«
»Worauf wollen Sie hinaus?«, fragte Hensley.
»Glauben Sie etwa, wir haben es hier mit einem neuen Serientäter zu tun, Captain?«, hakte Patterson nach.
»O Gott«, stöhnte Bernie. »Dass mir keiner von euch allen außerhalb dieser vier Wände etwas davon erwähnt. Das Wort Serientäter allein genügt, um eine Massenpanik auszulösen, und die können wir wahrlich nicht gebrauchen.«
Wenngleich Jims Instinkt ihm sagte, dass Stephanies Mörder durchaus noch einmal morden könnte und sie möglicherweise nicht sein erstes Opfer war, wollte er sich an seinem ersten Tag im Job auf keinen Fall zu weit vorwagen. Zudem hatte er sich in der Vergangenheit schon einmal geirrt und dafür teuer bezahlen müssen. Und es war alles andere als klug, einem erfahrenen FBI -Agenten zu widersprechen. Er konnte ja immer noch ein paar
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