Killing time
umgesehen, bevor Pattersons Team da war. Ich bin sicher, dass Sie bereits die eine oder andere Theorie haben.«
»Meine Theorien sind nicht verlässlich. Sie waren auch manchmal falsch.«
»Haben wir uns nicht alle schon mal geirrt?«
Sie standen da und sahen sich mindestens eine Minute lang schweigend an. Jim fragte sich, wo diese allzeit beherrschte und stets alles bedenkende Frau sich je geirrt haben mochte?
»Hören Sie, es gibt etwas, das Sie wissen sollten«, sagte er, ohne darüber nachgedacht zu haben. Ganz im Gegenteil. Er hatte wahrlich nicht geplant, sich ausgerechnet seiner neuen Vorgesetzten anzuvertrauen, zumindest noch nicht. Doch ehe Kevin am Donnerstag kam, musste er ihr von den Veränderungen in seinem Privatleben erzählen, da sie durchaus mit seiner Arbeit als Chief Deputy kollidieren könnten.
»Geht es um den Fall?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, um mich. Es geht darum, was bei mir derzeit privat passiert. Ich wollte eigentlich nicht heute Abend davon anfangen, aber Sie sollten es auf jeden Fall wissen.«
»Wird es Ihre Arbeit beeinträchtigen?«
»Davon gehe ich nicht aus.« Er atmete tief durch und räusperte sich. »Nein, das sollte es nicht. Vorausgesetzt ich schaffe es, ein Vollzeitvater zu sein und gleichzeitig meiner Arbeit gerecht zu werden.«
Bernie zog fragend eine Braue hoch. »Ihr Sohn wird zu Ihnen ziehen?«
»Vorübergehend. Bei meiner Exfrau … bei Kevins Mutter wurde Brustkrebs diagnostiziert. Nächste Woche soll sie operiert werden. Ich weiß, dass das Timing lausig ist, wo ich gerade erst hier anfange und wir diesen großen Mordfall haben, aber …«
»Wie alt ist Kevin?«
»Zwölf.«
»Dann brauchen Sie keinen Babysitter, sondern nur jemanden, der ein Auge auf ihn hat, solange Sie nicht da sind.«
»Ja, und so wie sich der Fall anlässt, ist nicht abzusehen, wie meine Arbeitszeiten während des nächsten Monats, wenn Kevin bei mir lebt, aussehen werden.«
»Ich verstehe Ihre Sorge, aber ich glaube, ich weiß eine Lösung.«
»Sie wissen eine Lösung? Was für eine Lösung?«
»Meine Eltern sind im Ruhestand. Sie beide wünschen sich händeringend Enkel, und leider haben weder ich noch meine Schwester Robyn ihnen diesen Wunsch erfüllt … bisher. Kevin kann doch bei ihnen sein, während Sie arbeiten. Was halten Sie davon? Okay, meine Mutter wird ihn hoffnungslos verwöhnen und Dad wird mit ihm zum Angeln gehen, Ball spielen und …«
»Hoppla, Scha… schön langsam.« Um ein Haar hätte er seine Chefin Schatz genannt. »Sollten Sie Ihre Eltern nicht erst mal fragen? Sie können mir doch nicht so ein Angebot machen, ohne vorher mit ihnen zu reden. Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, dass sie sich darum reißen, die Verantwortung für mein Kind zu übernehmen. Sie kennen mich ja gar nicht.«
»Wissen Sie was? Kommen Sie am Sonntag zum Mittagessen. Dann können Sie meine Familie kennenlernen. Ich werde Mom vorher von Ihrem Problem erzählen, und ich wette zwanzig Mäuse, dass sie sich sehr gern bereit erklärt, Kevins Ersatzgroßmutter zu spielen.«
Jim war von diesem großzügigen Angebot überwältigt. Nun, s
prachlos
traf es wohl eher. Er war es nicht gewohnt, dass Leute sich für einen ins Zeug legten, der ihnen praktisch fremd war. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
»Sagen Sie, dass Sie am Sonntag zum Essen kommen. Mein Dad ist sowieso schon ganz wild darauf, Sie kennenzulernen.«
»Er ist wahrscheinlich wild darauf, Jimmy Norton kennenzulernen, und der bin ich schon lange nicht mehr.«
Bernie sah ihn nachdenklich und prüfend an, als versuchte sie, in ihn hineinzuschauen und herauszufinden, wie er tickte. »Ich glaube, was wir früher waren, das Kind, der Teenager und der junge Erwachsene, bleiben immer ein Teil von uns. Etwas von Jimmy Norton ist auch noch Teil von Ihnen, ob es Ihnen gefällt oder nicht.«
»Sie werden aber ziemlich philosophisch zu dieser späten Stunde. Oder spielen Sie gern Amateurpsychologin?«
»Schuldig«, antwortete sie. »Ich habe ein Grundstudium in Psychologie an der Uni gemacht.«
»Falls ich mich bereit erkläre, am Sonntag zum Essen zu kommen und mit Ihrem Dad über meine ruhmreiche Vergangenheit zu schwadronieren, versprechen Sie mir dann, dass Sie nicht versuchen herauszubekommen, wie ich ticke?« Jim schaltete das Licht im Büro aus und hielt ihr die Tür auf.
Sie verstand den Wink und trat hinaus auf den Flur. »Warum stört es Sie, dass ich Sie besser kennenlernen möchte? Die meisten meiner
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