Kim Novak badete nie im See von Genezareth
konnten davon ausgehen, dass wir unsere Arbeit ungestört im Schutze der Nacht ausführen konnten, keine Frage. Ich fühlte, wie ich innerlich vor Erwartung kribbelte, und Edmund begann vor lauter Aufregung zu kichern. Vor dem schlafenden Kiosk hielten wir an.
Vor dem leeren Glasbehälter klebten zwei handgeschriebene Zettel. Auf dem einen stand »Kaputt«, auf dem anderen »Außer Funksion«. Karlesson war noch nie gut in Rechtschreibung gewesen.
Ich starrte den Automaten drei Sekunden lang an. Dann hatte ich das Gefühl, als würde ein rotes Tuch vor meinen Augen herabfallen. Ich gehörte nicht zu denjenigen, die so schnell aus dem Konzept gebracht werden konnten, aber jetzt wurde ich so ungemein wütend, dass ich jede Kontrolle verlor.
»Verfluchter Scheiß-Furz-Karlesson!«, schrie ich und trat dann gegen die Eisenstange, an der der Glasbehälter aufgehängt war, so fest ich konnte.
Ich trug nur dünne, blaue Turnschuhe, und der Schmerz, der von dem gebrochenen Zeh nach oben stieg, war so heftig, dass
ich meinte, in Ohnmacht zu fallen.
»Beruhige dich«, sagte Edmund. »Du weckst ja die ganze Stadt, du blöder Schreihals.«
Ich stöhnte und rutschte an der Kioskwand hinunter.
»Oh Scheiße, ich glaube, ich habe mir einen Zeh gebrochen«, jammerte ich. »Aber warum zum Teufel muss auch ausgerechnet heute Abend dieser blöde Apparat kaputt sein? Der war doch die letzten drei Jahre nie kaputt.«
»Tut's weh?«, wollte Edmund wissen.
»Wie die Hölle«, presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
Obwohl der erste, weißglühende Schmerz bereits am Abebben war. Ich zog den Schuh aus und versuchte, die Zehen etwas zu bewegen. Das ging kaum.
»Gottes Fingerzeig«, sagte Edmund, nachdem er meine Versuche eine Weile betrachtet hatte.
»Was?«, fragte ich.
»Das mit dem Automaten«, erklärte Edmund. »Dass der kaputt ist. Das soll bestimmt heißen, dass wir den heute Nacht besser nicht plündern sollen. Irgendwie soll es eben nicht sein. Gottes Fingerzeig, so nennt man das.«
Ich hatte nur wenig Interesse für anderer Leute Fingerzeige, solange mein eigener Zeh so wehtat, aber ich ahnte, dass Edmund auf etwas Bestimmtes hinaus wollte.
»Gibt es denn keinen anderen Automaten hier in der Stadt?«, fragte er.
Ich überlegte.
»Nicht draußen. Sie haben noch einen drinnen bei Svea, glaube ich.«
»Hm«, sagte Edmund. »Was sollen wir tun?«
Ich versuchte, mir den Schuh wieder anzuziehen. Unmöglich, also stopfte ich ihn in den Rucksack und öffnete stattdessen einen Apfelsaft. Edmund ließ sich neben mir nieder, und wir nahmen jeder einen Schluck.
Da kam der Polizeiwagen.
Der schwarzweiße Amazon bremste direkt vor uns, und der Fahrer kurbelte das Seitenfenster herunter.
»Warum sitzt ihr denn da?«
Ich wurde stumm, noch stummer als damals, als ich im Lackapark Ewa Kaludis direkt gegenüber gestanden war. Stummer als ein toter Hering. Edmund stand auf.
»Mein Kumpel hat sich den Fuß verletzt«, sagte er. »Wir sind auf dem Heimweg.«
»Ist es was Ernstes?«, fragte der Polizist.
»Nein, nein, wir kommen schon zurecht«, sagte Edmund.
»Wenn ihr wollt, können wir euch mitnehmen.«
»Vielen Dank«, wehrte Edmund ab. »Vielleicht ein andermal.«
Ich stand auch auf, um zu zeigen, dass es nicht so schlimm war. »All right«, sagte der Polizist. »Dann seht mal zu, dass ihr nach Hause kommt, es ist schon spät.«
Damit fuhren sie davon. Wir blieben stehen und schauten den roten Rücklichtern nach. Als sie weg waren, sagte Edmund:
»Wie gesagt: Die Wege des Herrn sind unergründlich. Gibt es denn in Hallsberg keinen Automaten?«
***
Wir erleichterten den Kaugummiautomaten am Bahnhofskiosk in Hallsberg um einhundertsechsundsechzig Kugeln, fünfundvierzig Ringe und ein Dutzend anderer nicht taxierbarer Plastikartikel. Es lief wie geschmiert, die Uhr an dem Bahnhofsgebäude zeigte fünf nach zwei, als wir fertig waren, und mein Zeh tat überhaupt nicht mehr weh. Er war steif, geschwollen und gefühllos, aber was macht das schon, wenn man für eine Woche im Voraus Kaugummi hat?
In dieser Nacht nahm Edmund den Klevabuckel nicht in Angriff. Stattdessen schoben wir die ganze Zeit bergauf, was wegen meines gebrochenen Zehs ziemlich lange dauerte. Es war bedeutend leichter zu radeln als zu Fuß zu gehen, das würde ich auch an den folgenden Tagen merken.
Auf dem letzten Abschnitt, zwischen Äsbro und dem Wald, kam ein heftiger Regenschauer, und wir waren ziemlich müde, als wir unsere
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