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Kim Novak badete nie im See von Genezareth

Kim Novak badete nie im See von Genezareth

Titel: Kim Novak badete nie im See von Genezareth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Nesser
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Limonade und eine sauteure Waffel mit Schlagsahne und Himbeermarmelade.
    Gerade als wir beschlossen hatten, uns auf den Rückweg nach Genezareth zu machen, wurden wir gewahr, dass wir nicht die Einzigen waren, die an diesem Abend Lust hatten, Kanonen-Berra Albertsson eins aufs Maul zu hauen.
    Insgesamt hatte es schlecht mit Prügeleien ausgesehen, aber jetzt war es an der Zeit, es schien sozusagen in der Luft zu liegen. Edmund und ich waren gerade hinter der Tanzfläche gewesen und hatten gemeinsam die letzte der drei Lucky Strikes vernichtet, die ich von Henry geschnorrt hatte, als wir die ganze Bande sahen.
    Die Banden, besser gesagt. Die Rivalen und ihre Sekundanten. Auf der einen Seite Kanonen-Berra, Atle Eriksson und zwei, drei nicht mehr ganz standfeste Handballer. Auf der anderen Seite ein überheblicher rotwangiger Kerl, den ich noch nie zuvor gesehen hatte. Er schien am ganzen Körper tätowiert zu sein und wirkte alles in allem brandgefährlich. Sowie sein Anhang: ein halbes Dutzend von ungefähr der gleichen Sorte.
    »Ich bringe dich um, du verfluchter Handballaffe!«, nuschelte der Rotgesichtige und versuchte, sich von seinen Sekundanten loszureißen.
    »Beruhige dich, Mulle«, bemühte sich einer von ihnen. »Du sollst diesem Negersack ja eins verpassen, aber erst mal müssen wir ein Stück weitergehen... die Polizei, weißt du.«
    Mulle nickte routiniert. Ich verstand das mit dem Negersack nicht so recht, zwar hatte Kanonen-Berra schwarze, ganz kurz geschnittene Haare, aber ein Neger war er deshalb noch lange nicht.
    Er sagte nichts. Machte nur einen ruhigen, verkniffenen Eindruck, und als alle hinterm Zelt in Deckung gegangen waren, reichte er seine gestreifte Jacke einem der Handballspieler, krempelte umständlich seine Hemdsärmel auf, stellte sich zurecht und wartete. Breitbeinig, mit halber Deckung und einem schiefen Grinsen. Er hatte leicht gebeugte Knie und schwankte ein wenig, als würde er hin- und herwogen, von einer Seite zur anderen, die Hände halb zu Fäusten geballt. Ich spürte, wie ich den Atem anhielt und dass Edmund sich dicht an mich drängte und vor lauter Aufregung mit den Zähnen knirschte. Abgesehen von den beiden Banden waren Edmund und ich die einzigen Zuschauer, der Platz für den Zweikampf war sorgfältig gewählt, daran gab's keinen Zweifel. Ich schloss kurz die Augen und holte tief Luft. Merkte, dass es nach Sommer und Schnaps roch. Überlegte, wo sich wohl Ewa Kaludis im Augenblick befand. Von der Tanzfläche her war Twilight Time zu hören, es wurde langsam reichlich spät.
    Dann ließen Mulles Kumpel Mulle los. Er stieß ein imposantes »Aarrgh!« aus und raste mit gesenktem Kopf direkt auf Kanonen-Berra zu. Selbst in meiner Aufregung war mir klar, dass das eine erbärmliche Taktik war. Berra brauchte nur einen Schritt zur Seite treten - sidestep, wie es in der Boxersprache hieß -, dann konnte er die Geschwindigkeit des Gegners ausnutzen und ihn fällen.
    Und das war genau das, was er tat, doch damit nicht genug. Der rotwangige Mulle fiel ganz richtig wie ein gefällter Ochse durch den ersten harten Faustschlag, aber dann hob Berra ihn am Hemdkragen wieder hoch und verpasste ihm noch drei, vier Schläge auf die Nase, bevor er ihn einfach umdrehte und sein Gesicht mit voller Kraft zweimal auf den Boden donnerte.
    Ich spürte es jedes Mal, wenn Mulles Kopf wieder dran war, bis in den Bauch hinein, und als es vorbei war, merkte ich erst, dass es um die Streithähne herum vollkommen ruhig war. Mulles Kumpane und auch die Handballspieler standen unbeweglich da und sahen mit aufgerissenen Augen zu, und als Kanonen-Berra sich aufrichtete und ein Zeichen gab, dass er seine Jacke wiederhaben wollte, reichte Atle Eriksson sie ihm ohne ein Wort. Dann wandte man sich von Mulle ab und ging fort.
    Irgendwie fast feierlich. Wie nach einer Beerdigung oder so. Edmund und ich schlichen uns auch davon. Aus irgendeinem Grund fühlte ich mich beschämt, und das Gefühl hatte Edmund offensichtlich auch, denn keiner von uns sagte ein Wort, bis wir den Park hinter uns gelassen und an den Rädern angekommen waren, die wir aufschlossen.
    »Das war verdammt fies«, sagte Edmund da, und mir war, als würde seine Stimme leicht zittern.
    »Das war unfair«, sagte ich. »Verflucht unfair. Man schlägt keinen, der schon am Boden liegt.«
    Danach fuhren wir durch den Wald nach Hause, und ich überlegte noch einmal, wo sich nur Ewa Kaludis während der Prügelei aufgehalten haben mochte, und ob das die

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