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Kim Novak badete nie im See von Genezareth

Kim Novak badete nie im See von Genezareth

Titel: Kim Novak badete nie im See von Genezareth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Nesser
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das sah ich als Allererstes ein. Wenn es etwas gab, was auf dieser Welt beneidenswert war, dann doch die Möglichkeit, sich ein Mädchen anzulachen und sie zu dem rumzukriegen, was man wollte. Irgendwie ging doch eigentlich alles nur darum. Das Leben und so.
    Ich tauchte den ganzen Arm ins Wasser. Versuchte mit aller Macht, an etwas anderes zu denken, aber es wollte mir nicht so recht gelingen, wie gesagt. Edmund ruderte unbekümmert weiter und schien gar nicht zu versuchen, an etwas anderes zu denken. Ganz im Gegenteil.
    »Das ist ein Spitzensommer, Erik«, sagte er, als wir ins Schilfgebiet kamen. »In jeder Hinsicht. Der beste, den ich je erlebt habe.«
    Da wurde mir plötzlich klar, wie sehr ich Edmund mochte. Es waren nur noch zwei Wochen bis zu dem SCHRECKLICHEN, meine Mutter lag im Krankenhaus und starb an Krebs, ich hatte mir einen Zeh gebrochen, aber natürlich war es ein Spitzensommer.
    In jeder Hinsicht. Jedenfalls bis dahin.
     
    ***
     
    Überhaupt schienen Edmund und ich an diesem Mittsommerabend in Fläskhällen einfach in Spitzenform zu sein. Zwar war Britt Laxman fast der erste Mensch, den wir erblickten, als wir das Boot an Land gezogen hatten, aber sie war offensichtlich in Begleitung eines rothaarigen Typen mit Sonnenbrille und Wichserstiefeln, und was sonst noch so herumlief, war nicht erwähnenswert. Ein paar besoffene Kerle in Trainingsanzügen, die Kaffee mit Selbstgebranntem soffen. Eine Dreimannkapelle, die Pause machte, als wir ankamen und das anscheinend die ganze Zeit schon getan hatte. Akkordeon, Gitarre und ein Stehbass, der mit alten Gummibändern gespannt zu sein schien. Vier Paare taten so, als tanzten sie, mit oder ohne Holzschuhe, mit oder ohne Musik, und ein paar lose Cliquen in unserem Alter liefen ziellos herum und versuchten auszusehen wie Herr oder Frau Kennedy. Wir spielten eine Runde Minigolf und versuchten, uns an zwei kichernde Jacquelines aus Schonen ranzumachen, aber die zogen sich schnell zurück zu den Campingwagen ihrer Familien, die auf dem Zeltplatz standen.
    Der Campingplatz war nicht besonders groß, und er war auch nicht besonders dicht bevölkert: vier Campingwagen, ebenso viele schlaffe Zelte und ein halbes Dutzend Kühe, die sich entweder verlaufen hatten oder absichtlich als Rasenmäher vom Landwirt Grundberg, der den Laden ums Fläskhällbad schmiss, hierher gebracht worden waren.
    Im Café gab es zumindest einen neuen Daddelautomaten. Er hieß Rocket 2000, wir taten unser Bestes, ihn zu erobern, aber eine Gang Jugendlicher aus Askersund hatte offensichtlich eine unendliche Anzahl von Ein-Kronen-Stücken, die sie in den Apparat warfen. Schließlich beschlossen wir, das Spiel aufzuschieben, und als wir gleich danach mit ansehen mussten, wie Britt Laxman und der Rothaarige am Feuer unten am Strand eine Wurst am gleichen Spieß grillten, gaben wir ganz auf und ruderten zurück nach Genezareth.
    Man soll nicht stur sein und darauf bestehen, wenn die Dinge gegen einen sind, das war eine Regel, die ich von meinem Vater gelernt hatte, und Edmund war darin ganz und gar meiner Meinung.
    »Geh in die Falle, wenn alles daneben geht, du uneheliches Kind einer Mücke!«, sagte er. So spräche ein Mann zum anderen in den tiefen Wäldern von Hälsingland, behauptete er,
    und ich hatte keinen Grund, an seinen Worten zu zweifeln.
    ***
    Als wir auf dem See waren, vertraute Edmund mir ein Geheimnis an. Er begann mit einer Frage.
    »Hast du schon mal Schläge gekriegt? Ich meine, richtige Prügel.«
    Ich dachte nach und sagte, dass ich die noch nie gekriegt hätte. Höchstens mal eine Backpfeife oder eine Kopfnuss oder einen Hieb ins Zwerchfell. Ein paar Hiebe mit Bennys schmutzigem Hockeyschläger, als ich mich aus Versehen draufgesetzt hatte und er kaputtgegangen war.
    »Ich aber«, sagte Edmund, fast feierlich. »Als ich klein war. Von meinem Vater. Reichlich Prügel.«
    »Von deinem Vater? Was erzählst du da? Warum sollte dein Vater...?«
    »Der doch nicht«, unterbrach Edmund mich. »Der andere, mein richtiger Vater. Albin ist nur mein Stiefvater, er hat meine Mutter geheiratet, nachdem mein richtiger Vater verschwunden war. Meine Fresse, was hat er uns geprügelt. meine Mutter und mich. Einmal hat er Mutter so geschlagen, dass sie taub wurde.«
    »Warum denn?«, fragte ich, denn ich wusste nicht, was ich sonst hätte sagen sollen.
    Edmund zuckte mit den Schultern.
    »Er war nun mal so.«
    Er dachte eine Weile nach. »Irgendwie vergisst man das nie. Was für ein Gefühl

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