Kim Schneyder
Förmlichkeiten.«
»Klar, warum nicht?« Ich hebe mein Glas. »Ich bin die Heidi.«
»Heidi?«
»Ja, Heidi Mertens.«
»Freut mich, Heidi«, sagt er, und seine Stimme bekommt auf einmal einen ganz warmen Unterton. »Martin. Prost.«
»Prost. Also, erzählen Sie … ich meine, erzähl weiter!« Ich bin jetzt ganz gierig auf die ganze Wahrheit.
»Gut. Also, angefangen hat es damit, dass meine kleine Nichte in den Swimmingpool gefallen ist …« Die Erinnerung daran erzeugt eine tiefe Falte auf seiner Stirn. »Und Bodo hat sie in letzter Sekunde rausgezogen.«
»Ach herrje«, stoße ich hervor. »Der Kleinen ist doch hoffentlich nichts zugestoßen!«
»Nein, dank Bodo«, meint Martin nachdenklich. »Die Ärzte sagten später, hätte er sie nicht so perfekt reanimiert, wäre sie nicht ohne bleibende Schäden davongekommen.«
»Dann bist du Bodo also zu großem Dank verpflichtet.«
»Mehr als nur das, Sandra bedeutet mir sehr viel …« Er stockt.
Ich lasse ihm ein paar Sekunden, bevor ich frage: »Und weiter?«
»Na ja, und um mich bei Bodo dafür zu bedanken, stellte ich ihm einen Wunsch frei, ganz egal was, und er entschied sich für eine Woche auf der Scene it.«
»Und weshalb dann dieses Theater, von wegen, dass ihr euch nicht kennt?«, frage ich.
»Das war ein Teil von Bodos Wunsch. Er war ja vorher schon öfter auf der Scene it, um Servicearbeiten zu machen oder eine Überstellung …«
»Dann ist er dein Angestellter?«, unterbreche ich ihn überrascht.
»Nein, er ist nicht direkt angestellt bei mir. Bodo hat eine kleine Dienstleistungsfirma, und da bin ich sein Hauptkunde«, erzählt Martin weiter. »Auf jeden Fall wollte er mit seiner Verlobten hierher fahren, und er meinte, sie könnten das nicht richtig genießen, wenn alle Welt weiß, dass die Scene it gar nicht seine Jacht ist …«
»Er wollte angeben«, bringe ich es auf den Punkt.
»Ja, so könnte man es auch nennen. Aber nicht dass du ihn jetzt falsch einschätzt, Bodo ist wirklich ein feiner Kerl«, beeilt Martin sich zu sagen.
»Keine Frage, den Eindruck hatte ich auch«, bestätige ich schnell.
»Ja … also schlug ich ihm vor, dass wir einfach so tun, als würden wir uns gar nicht kennen.«
»Und das ist euch auch gelungen.«
Das erklärt natürlich vieles. Und jetzt weiß ich auch, warum Bodo Martin immer in Schutz genommen hat.
»Ja, aber dann nahm die Geschichte einen unschönen Verlauf. Bodo hatte Streit mit Claudia, und dann ist er aus Trotz alleine hierher gefahren. Und als du dann plötzlich aufgetaucht bist …«
»Unser Kennenlernen war übrigens reiner Zufall«, rechtfertige ich mich.
»Natürlich, und es ging mich auch gar nichts an«, rudert Martin rasch zurück. »Aber mir widerstrebte einfach der Gedanke, dass Bodo eine Affäre hat, während seine Claudia zu Hause wahrscheinlich auf eine Versöhnung hofft, außerdem …«, will er weiterreden, doch dann stoppt er plötzlich verlegen.
»Außerdem?«
Er zögert, bevor er weiterredet: »Außerdem wollte ich nicht dass du dich auf ihn einlässt«, ringt er sich dann ab.
»Wegen seiner Claudia? Verstehe!«, nicke ich.
»Nicht wegen Claudia, wegen dir «, sagt er auf einmal.
»Wegen mir?« Ich fühle, wie mein Herz ganz aufgeregt zu hüpfen beginnt.
»Ja.« Er sieht mich durchdringend an. »Ich fand dich vom ersten Augenblick an interessant.«
»Soweit ich mich erinnern kann, lag ich schnarchend auf dem Rücken, als du mich das erste Mal sahst.« Bei der Erinnerung daran entfährt mir ein Kichern.
»Ja, und das war keine Absicht von mir«, sagt er schnell. »Ich war nur so überrascht, als ich dich da liegen sah …«
Das glaube ich ihm aufs Wort. »Und vorgestern Nacht, was habt ihr da angestellt?«, frage ich dann.
»Oh, das … ich hatte schon befürchtet, dass wir euch wecken würden. Hast du da bei Bodo geschlafen?«, fragt er auf einmal.
»Nein, da war ich auch wieder in der hinteren Kabine. Zwischen Bodo und mir lief rein gar nichts, wir verstanden uns einfach nur gut«, erkläre ich, und jetzt kann ich Martin deutlich ansehen, dass ihm ein Riesenstein vom Herzen fällt.
»Ach so«, stößt er eine Spur zu hastig hervor. »Ja, also, wir wollten in dieser Nacht ein paar Veränderungen an der Windkiss vornehmen …«
»Mitten in der Nacht?«, frage ich ungläubig.
»Ja, es ging nicht anders, das durfte ja keiner mitkriegen.«
»Und warum nicht?«
»Weil es bei einer Regatta nicht erlaubt ist, das Schwert zu verlängern«, sagt er leicht
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