Kim Schneyder
dass ich es gar nicht verhindern konnte. »Und es heißt übrigens nicht Hypnose können , sondern Hypnose beherrschen « , starte ich einen verzweifelten Ablenkungsversuch, aber es ist bereits zu spät.
»Albert? Welcher Albert?«, hakt sie sofort nach. »Du meinst doch nicht etwa den Albert?«
»Welchen Albert denn sonst?«, frage ich trotzig zurück. »Wie viele Alberts kennst du denn?«
»Du willst also behaupten, du hättest Albert von Monaco hypnotisiert, damit er Charlene …« Sie stoppt mitten im Satz und schüttelt ungläubig den Kopf. »Ach Quatsch, Heidi, wem willst du das denn erzählen? Das glaubt dir doch kein Mensch.«
»So, meinst du?« Ich halte ihrem prüfenden Blick eisern stand. »Dann hast du dich also nicht gewundert, als er letztes Jahr wie aus heiterem Himmel seine Verlobung bekannt gegeben hat?«
»Doch, schon, das kam ja auch ziemlich überraschend.«
»Genau, weil er sich immer mit allen möglichen Ausreden gegen diese Heirat gewehrt hat, bis … na ja, bis er eben mir über den Weg gelaufen ist.«
»Und du hast ihn dann hypnotisiert?« Liliane scheint ganz fasziniert zu sein von der Vorstellung, aber ich kann ihr auch ansehen, dass sie mir immer noch nicht glaubt.
»Allerdings, das habe ich«, bekräftige ich.
»Du musst zugeben, das klingt total verrückt«, wendet sie ein.
»Definitiv, und dennoch stimmt es! Und es gibt sogar Zeugen dafür.«
»Ich kann es trotzdem nicht glauben«, sagt sie, aber jetzt klingt sie schon nicht mehr so überzeugt wie gerade eben noch. »Zumindest nicht, bevor ich die ganze Geschichte gehört habe.«
Die ganze Geschichte also. Mist. Warum konnte ich auch meine verdammte Klappe nicht halten? Liliane starrt mich immer noch herausfordernd an, und ich starre zurück, und dann sehe ich ein, dass es kein Zurück gibt.
Ich lasse die Schultern sinken und atme deutlich vernehmbar aus.
Also schön. Von mir aus.
Dann erzähle ich die Geschichte eben noch einmal ganz von vorn …
1
München, Juni 2010
»Du hast ja gar keine Unterhose an!«
Ich komme schneller hoch als ein Knacki, der sich im Duschraum voller Lebenslänglicher nach der Seife gebückt hat, und der bunte Gummiball, den ich eben noch vor dem heranstürmenden Hündchen habe retten wollen, ist mir auf einmal vollkommen schnurz.
Der Mistkerl, der das gerade gesagt hat, hockt auf der Parkbank und studiert interessiert meine unteren Regionen. Augenblicklich schießt mir das Blut ins Gesicht. Ich bin nicht nur fassungslos, sondern auch noch reichlich verwundert, weil Situationen wie diese für einen Profi wie mich eigentlich gar kein Problem darstellen sollten. Als professionelle Persönlichkeitstrainerin kenne ich doch all die miesen kleinen Tricks, mit denen Menschen versuchen, andere weichzukochen, was nichts anderes bedeutet, als dass ich mir in solchen Situationen zu helfen weiß.
Normalerweise.
Bloß heute gestaltet sich die Lage etwas schwieriger, denn mein Gegenüber ist übergewichtig, rothaarig, sommersprossig und grenzenlos unverschämt. Und erst fünf Jahre alt.
Und er ist ein Dellbert.
Wenn man so einen Namen hört, drängt sich einem natürlich sofort die Henne-Ei-Frage auf: Haben die Eltern, als sie ihn das erste Mal erblickten, gedacht, so wie unser kleiner Liebling aussieht, müssten wir ihn eigentlich Dellbert taufen, oder haben sie ihm ohne besonderen Grund in grober Fahrlässigkeit diesen Namen verpasst, und der Kleine ist als verständliche Reaktion darauf so fies geworden?
Auf jeden Fall hätte ich gleich misstrauisch werden müssen, als mich seine Mutter – mit der ich ansonsten gar keinen Kontakt habe – am Telefon anbettelte, ob ich mich nicht für ein paar Stunden um den kleinen Racker kümmern könne. Unglücklicherweise hat sie mich zu Hause erwischt, denn auf meinem Handy hätte ich gesehen, dass sie es war, und gar nicht erst abgehoben. »Bitte, bitte, Heidi, tu mir den Gefallen, ich habe ein Date mit so einem süßen Mann, der hat den Pilotenschein und will mit mir einen Rundflug machen, das musst du dir mal vorstellen!« Und als mir nicht sofort eine passende Ausrede einfiel: »Dellbert ist auch ganz lieb, du wirst sehen, der reinste Sonnenschein.«
Mann, konnte die lügen.
Ich bin einfach zu leichtgläubig gewesen, und wohl auch zu überheblich. Ich war der festen Überzeugung, dass es für eine Kommunikationstrainerin nicht weiter schwer sein könne, ein fünfjähriges Kind zu beaufsichtigen. Immerhin bin ich Expertin in Sachen
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