Kim Schneyder
, und das wird eigentlich ganz anders ausgesprochen«, weist Sonja sie vorsichtig zurecht.
»Ach ja? Und was habe ich dann gesagt?«
»Acht, acht.«
»Tatsächlich?« Sepia wedelt mit der Hand herum, als müsste sie eine lästige Fliege verscheuchen. »Na egal, Hauptsache, er hat mich verstanden.«
Wenig später bekommen wir acht Gläser Champagner serviert.
»Ah, der Champagner.« Sepia denkt gar nicht daran, ihren Fehler einzugestehen, stattdessen drückt sie jeder ein Glas in die Hand und prostet uns zu: »Auf unseren Urlaub, und auf Heinz, den edlen Spender!«
Wir trinken, und dann bietet Sepia uns eine kleine Führung an.
Die White Cloud ist einfach unglaublich. Sage und schreibe siebzig Meter lang, mit vier Decks – das oberste davon allein für den Eigner – Kinosaal, Billardzimmer, Fitnessraum, fünf Kabinen – was sage ich, Suiten! – für die Gäste, ein eigener Trakt nur für das Personal, und wohin man auch blickt, edelstes Wurzelholz, feines Leder und poliertes Messing – oder ist das etwa Gold?
Sonja und ich kommen aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Mit offenen Mündern lassen wir uns herumführen, und als wir wieder auf das Hauptdeck gelangen, sage ich scherzhaft: »Da fehlt nur noch der Hubschrauberlandeplatz!«
Sepia lächelt überlegen. »Gar nichts fehlt hier, der Hubschrauberlandeplatz befindet sich über dem Eignerdeck.«
»Sag bloß, Heinz hat auch einen Hubschrauber!«, entfährt es mir.
»Nein, hat er nicht. Mit dem könnte er nichts anfangen, er hat nämlich Flugangst«, meint Sepia mit verächtlich gekräuselten Lippen.
Darauf brauchen wir erst mal einen Schluck. Gerade haben wir es uns wieder bequem gemacht, als ein Mann die White Cloud betritt. Sepia erkennt ihn als Erste, während Sonja und ich noch ratlose Blicke wechseln.
»Heinz! Wow, das gibt’s doch nicht!«, ruft sie begeistert aus.
Die nächsten Sekunden starren wir ihn nur wortlos an.
Heinz ist fast nicht wiederzuerkennen. Er hat auf einmal Koteletten an den Schläfen und den Rest des Haares mit einer Extraportion Haargel glatt zurückgelegt, dazu trägt er eine riesige Sonnenbrille und einen weißen Anzug mit hellblauen Pailletten und glitzerndem Strass, der obenrum eng ist, dafür aber mit Hosen, aus denen man auch Fallschirme hätte machen können. Und als i -Tüpfelchen: weiße Schlangenlederboots!
Wir ringen noch nach Worten, als Heinz seine Brille herunterreißt und voller Stolz fragt: »Na, was sagt ihr?« Dazu zwinkert er unablässig mit den Augen wie ein Blöder.
»Heinz, wie siehst du denn aus? Fast hätte ich dich nicht erkannt!«, ruft Sepia aus.
»Das war ja auch der Zweck der Übung«, erklärt Heinz in seinem flachen österreichischen Akzent. »Du hast gesagt, ich ziehe mich an wie ein Dodel, also habe ich etwas dagegen unternommen. Gefällt’s dir?«
Autsch, das hätte er besser nicht fragen sollen. Ich bin gespannt, wie Sepia ihm jetzt beibringen wird, dass sich an seiner Stillosigkeit nicht das Geringste geändert hat. Im Gegenteil.
»Gefallen ist gar kein Ausdruck, das sieht spitze aus!«, erwidert Sepia jedoch, und einen Moment lang bin ich sprachlos. Wie weit kann ein Mensch gehen, um sich bei einem anderen einzuschleimen? Hat sie denn gar keine Würde?
Doch dann sehe ich das Leuchten in ihren Augen, und auf einmal begreife ich: Ihr gefällt sein Aufzug wirklich!
»Du siehst aber auch nicht schlecht aus«, gibt Heinz dann prompt zurück, bevor er mir und Sonja zuzwinkert: »Gefällt’s euch auch?«
»Äh, ja sicher, es ist … extravagant, auf alle Fälle«, würgt Sonja hervor. Dann nimmt sie hastig ihr Glas und kippt den Inhalt hinunter, als hätte sie gerade etwas furchtbar Scharfes gegessen.
»Ein ganz eigener Stil, das muss man dir lassen«, bringe auch ich über meine Lippen.
»Sag mal, Heinz, hast du was an deinen Augen?«, fragt Sepia, weil er immer noch wie verrückt zwinkert.
Heinz grinst mit sichtlicher Genugtuung. »Ist es dir aufgefallen?«
»Ja, du zwinkerst die ganze Zeit. Ist das Absicht?«, meint Sepia.
»Das ist wegen der Kontaktlinsen, an die muss ich mich erst noch gewöhnen«, informiert er uns. »Seht mal, kobaltblau!«
Genau, etwas hat gefehlt an ihm: seine Brenngläser.
»Der Hammer, echt!«, lobt Sepia ihn sofort.
Heinz scheint ganz ergriffen zu sein von so viel Anerkennung, als er sich zu uns setzt. Sepia drückt ihm ein Champagnerglas in die Hand, dann bringt sie einen Toast aus.
»Auf den neuen Modeguru von Monaco!«, ruft sie inbrünstig
Weitere Kostenlose Bücher