Kim Schneyder
Gästen eine kleine Show zu bieten? Dieser elende Mistkerl!
»Sepia, gib mir deine Schwimmweste!«, habe ich dann den rettenden Einfall. Wenn ich meine nicht ausziehen muss, müsste ich in ihre auch so hineinkommen.
»Wieso ich?«, ziert sie sich.
»Ist doch egal, wer von euch beiden, gebt mir einfach eine Weste!«, kreische ich unbeherrscht.
Endlich streift Sepia ihre Schwimmweste ab und wirft sie mir zu. Ich ergreife sie hastig und versuche, sie über meine Beine zu ziehen, aber auch das gestaltet sich schwieriger als gedacht, weil sich eine Schwimmweste aufgrund ihrer Konstruktion nicht so einfach unter Wasser drücken lässt. Ich unternehme mehrere Versuche, dann lege ich mich flach auf den Rücken und lasse meinen nackten Unterleib und meine Beine hochtreiben, um mit den Füßen voran in die Ausnehmungen für die Arme schlüpfen zu können, eine mehr als peinliche Prozedur vor meinen Freundinnen. Dann endlich gelingt es mir, die Weste an meinen Beinen hochzuziehen und die Haltebänder zu verknoten, und schließlich liege ich wie eine überdimensionale Knackwurst auf dem Rücken treibend im Wasser. Das Ganze hat seine Zeit gedauert, und die Touristen in der Neptun sind natürlich voll auf ihre Kosten gekommen bei meiner textilfreien Unterwasseraerobic.
So, jetzt muss ich nur noch auf meinen Jetski gelangen. Aus dem Wasser heraus ist das gar nicht so einfach, und wir brauchen zu dritt mehrere Anläufe, bis es endlich klappt.
Zu allem Überdruss verfallen Sonja und Sepia dann auch noch in völlig kindisches Gekicher, als ich in meiner Jumbo-Windelhose auf dem Jetski hocke, wodurch sich meine Laune nicht gerade bessert.
Aber das Schlimmste liegt noch vor mir: Die Rückkehr in den Hafen. Überflüssig zu beschreiben, welche Demütigung es bedeutet, in einem solchen Aufzug durch den Hafen von Monte Carlo zu kreuzen, und als ich dann von meinem Jetski klettere, bin ich natürlich der Mittelpunkt des allgemeinen Interesses.
Bertrand und Bodo – dem ich das übrigens ziemlich übel nehme – fallen fast um vor Lachen, als sie erfahren, dass da draußen jetzt möglicherweise ein weiblicher Hammerhai in einem Bikinihöschen von Hermès seine Runden zieht, und ich verziehe mich voller Scham und Wut zwischen ein paar Boote auf dem Trockendock, wo ich die beiden Schwimmwesten loswerden und mein Kleid wieder überstreifen kann.
Das Grinsen von Bertrand geht danach beinahe um seinen ganzen Kopf herum, weil er natürlich genau weiß, dass ich jetzt kein Höschen anhabe, und seine Einladung auf einen Drink lehne ich höflich, aber bestimmt ab.
Dann verabschiede ich mich mit knappen Worten und trete einen taktischen Rückzug an, weil mein Körper dringend eine Totalrestauration braucht.
Und von meinem Ego will ich jetzt gar nicht erst reden.
16
Es ist kurz vor sieben, als wir uns auf der White Cloud treffen. Sepia konnte es vor Ungeduld nicht mehr aushalten und ist deswegen schon vor uns da, und Sonja und ich sind nachgekommen.
Sonja sieht wieder einmal erstklassig aus. Diesmal trägt sie ein kleines Schwarzes zu schlanken Stilettos und einer Hochsteckfrisur, aber damit kann ich leben, weil ich ebenfalls tief in meine Trickkiste gegriffen habe. Ich habe mich für ein hauchdünnes, vanillefarbenes Sommerkleid entschieden, und meine frische Bräune unterstreiche ich mit einem dezenten Make-up und offenem Haar, das durch den Aufhellerspray einen guten Kontrast dazu bildet.
Ebenfalls einen Kontrast – zu uns beiden nämlich – bildet Sepia, die mal wieder ihren besonderen Geschmack demonstriert, indem sie ihre dürre Gestalt in ein grünes Kunstlederkleid gezwängt hat, sodass sie aussieht wie ein wandelndes Stück Gartenschlauch.
Heinz ist noch gar nicht da, wie wir erfahren, aber das hat Sepia nicht daran gehindert, die White Cloud auf eigene Faust genauer zu erkunden. Als Sonja und ich es uns auf der riesigen Sitzgarnitur gemütlich machen, benimmt sie sich bereits, als wäre sie die Herrin an Bord.
»Garçon!«, schreit sie in voller Lautstärke, und der Kellner vom Vorabend, der hier anscheinend zum festen Personal gehört, wieselt unterwürfig heran. »Champagner für mich und meine Freundinnen!«, befiehlt sie in strengem Ton, und dann noch: »Huit, huit!«
Der Kellner guckt ein bisschen irritiert, dampft dann aber wortlos ab.
»Was meintest du mit huit, huit?«, fragt Sonja.
»Na, schnell, schnell, so heißt das auf Französisch«, erklärt Sepia mit großer Geste.
»Äh … schnell heißt vite
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