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Kind 44

Kind 44

Titel: Kind 44 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Rob Smith
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Daten und Tatorten. Mehr brauchte er nicht. Er stopfte sie in seine Jackentasche und ging zur Tür. Nesterow hielt ihn fest. Er hatte die Pistole in der Hand. Leo nahm die Waffe, hielt aber für einen Moment inne.
    Nesterow bemerkte sein Zögern. »Überwinden Sie sich, sonst stirbt meine Familie.«
    Leo schlug ihm seitwärts gegen den Kopf, sodass die Haut aufplatzte und Nesterow auf die Knie ging. Er sah auf, immer noch bei Bewusstsein. »Viel Glück. Und jetzt richtig.«
    Leo hob die Waffe.
    Nesterow schloss die Augen.
    Leo rannte den Flur hinunter. Als er beim Treppenhaus war, fiel ihm ein, dass er die Wagenschlüssel vergessen hatte. Er wirbelte herum, spurtete durch den Flur zurück bis ins Büro, stieg über Nesterow hinweg und schnappte sie sich. Er war spät dran. Viertel nach neun, die Agenten stürmten schon das Gebäude, und Leo war immer noch im Büro, genau da, wo sie ihn haben wollten. Er rannte hinaus, den Flur entlang, die Treppe hinunter. Er hörte Schritte auf sich zukommen. Im dritten Stock hechtete er nach rechts und drückte die Klinke der nächsten Bürotür. Wie Nesterow versprochen hatte, war sie nicht verschlossen. Leo sprang hinein und schloss hinter sich ab. Schon rannten Agenten die Treppe hinauf. Er wartete im Dämmerlicht. Alle Fensterläden waren geschlossen worden, so dass niemand hereinschauen konnte. Im Flur hörte er das Trappeln von Schritten. Im Treppenhaus befanden sich mindestens vier Agenten. Die Versuchung war groß, hier in diesem Raum zu bleiben, hinter einer verschlossenen Tür, in vorläufiger Sicherheit. Die Fenster gingen auf den Innenhof hinaus. Leo spähte nach draußen. Der Haupteingang war von Männern umringt. Sofort zog er sich vom Fenster zurück. Er musste die rückwärtige Seite des Erdgeschosses erreichen. Leo öffnete die Tür und linste vorsichtig heraus. Der Flur war sauber. Er schloss die Tür hinter sich und bewegte sich in Richtung Treppenhaus. Unter sich konnte er die Stimme eines Agenten hören. Er rannte zur nächsten Treppe. Niemand war zu sehen oder zu hören. Kaum war er losgelaufen, ging im obersten Stockwerk ein Geschrei los. Sie hatten Nesterow gefunden.
    Ein zweiter Trupp Agenten, die von den Rufen ihrer Kollegen alarmiert worden waren, stürmte in das Gebäude. Es war zu riskant, noch eine Treppe tiefer zu gehen. Leo ließ Nesterows Plan fallen und blieb im ersten Stock. Er hatte nur wenige Momente der Verwirrung zur Verfügung, bevor die Männer sich in Suchtrupps aufteilen würden. Da er nicht ins Erdgeschoss konnte, lief er den Flur entlang bis zur Toilette, einem Raum an der Rückseite des Hauses. Er öffnete das Fenster. Es war sehr hoch und schmal, gerade eben groß genug, dass er sich hindurchzwängen konnte. Die einzige Möglichkeit war, mit dem Kopf voraus hindurchzuklettern. Er spähte nach draußen, konnte aber keine Agenten sehen. Bis zur Erde waren es vielleicht fünf Meter.
    Leo zog sich durch das Fenster und hing über dem Abgrund, gehalten nur noch von seinen Füßen. Es gab nichts, woran er sich festklammern konnte. Er würde sich fallen lassen und den Kopf mit den Händen schützen müssen.
    Mit den Handflächen zuerst kam er am Boden auf, die Handgelenke knickten nach hinten weg. Er hörte einen Schrei und sah auf. An einem Fester in der obersten Etage stand ein Agent. Sie hatten ihn entdeckt. Ohne auf die Schmerzen in seinen Handgelenken zu achten, rappelte er sich auf und rannte in die Seitenstraße, wo der Wagen stehen sollte. Schüsse fielen, und neben seinem Kopf explodierten Wölkchen von Ziegelstaub.
    Leo machte sich klein und lief geduckt weiter. Weitere Schüsse fielen, die Kugeln prallten von der Straße ab.
    Leo bog um die Ecke und war aus dem Schussfeld.
    Da stand der Wagen. Er kletterte hinein und drehte den Zündschlüssel. Der Motor stotterte und erstarb. Leo versuchte es noch einmal. Der Motor sprang nicht an.
    Er versuchte es noch einmal. Bitte! Diesmal sprang der Motor an. Leo legte den Gang ein, fuhr los und beschleunigte vorsichtig, damit die Reifen nicht quietschten. Es herrschte kein Verkehr. Leo wollte aus der Stadt raus, aber er fuhr zu schnell, zu unruhig. Nesterows Plan ging nicht auf. Er konnte nicht die ganze Strecke bis Rostow fahren. Erstens waren es viele 100 Kilometer, er hatte nicht genug Benzin und keine Möglichkeit, sich Nachschub zu besorgen. Entscheidender aber war, dass sie, sobald sie merkten, dass er ein Auto hatte, alle Straßen sperren würden. Er musste so weit fahren, wie es ging,

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