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Kind 44

Kind 44

Titel: Kind 44 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Rob Smith
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Tatsache, dass man die Mission hätte vermeiden können. Vielleicht glaubten sie nicht an die Kimow-Spur. Auch früher hatte er seine Männer schon um ihr Vertrauen gebeten, und sie hatten es ihm geschenkt. Heute Abend spürte er eine unterschwellige Feindseligkeit, einen Widerstand. Außer von Wassili war er das nicht gewohnt. Er schob den Gedanken beiseite. Seine Beliebtheit war im Moment sein geringstes Problem.
    Wenn seine Theorie stimmte, wenn der Verdächtige in Kimow war, dann hielt Leo es für wahrscheinlich, dass er sich beim ersten Tageslicht auf den Weg machen würde, entweder allein oder mit Hilfe seines Freundes.
    Leo setzte darauf, dass sie das Dorf rechtzeitig erreichten, aber es blieb ein Risiko. Er hatte sich dagegen entschieden, die in Sagorsk stationierte örtliche Miliz in Marsch zu setzen, weil sie seiner Ansicht nach unprofessionell, undiszipliniert und schlecht ausgebildet war.
    Selbst den örtlichen MGB-Divisionen konnte man bei so einer Operation nicht trauen. Da Brodsky schon wusste, dass man ihn suchte, würde er sich kaum ergeben. Vielleicht würde er auf Leben und Tod kämpfen.
    Aber man musste ihn lebend fassen. Sein Geständnis war von allergrößter Bedeutsamkeit. Außerdem hatte seine Flucht Leo beschämt, und er war entschlossen, ihm das heimzuzahlen. Er würde ihn höchstpersönlich verhaften. Es ging hier nicht nur um Stolz und die Tatsache, dass seine Karriere von dem Erfolg der Aktion abhing. Die Konsequenzen würden tiefgreifender sein.
    Wenn Leo in einem solch wichtigen Spionagefall versagte, würde man ihm vielleicht vorwerfen, er habe die Ermittlungen bewusst sabotiert. Wenn er den Verdächtigen nicht wieder einfing, würde er nur noch tiefer in die Sache hineingezogen werden. Man würde seine Loyalität in Frage stellen.
    Kontrolliere die, denen du vertraust. Niemand war von dieser Regel ausgenommen. Nicht einmal die, die sie durchsetzten.
    Wenn Brodsky nicht in Kimow war, wenn Leo sich geirrt hatte, dann wäre Wassili der erste, der detailliert aussagen würde, dass sein Vorgesetzter der vielversprechenden Kiew-Spur keinerlei Beachtung geschenkt hatte. Und andere im Direktorat würden ihn, sobald sie seine Schwäche witterten, einkreisen wie Raubtiere ein verwundetes Wild und ihn aller Wahrscheinlichkeit nach als schlechte Führungskraft denunzieren, während Wassili sich als Leos logischer Nachfolger ins Spiel brachte. In der Hierarchie der Staatssicherheit konnte sich ein Schicksal über Nacht wenden. Für beide Männer hing viel davon ab, wo dieser Verräter steckte.
    Leo blickte verstohlen zu seinem Stellvertreter hinüber, einem ebenso gut aussehenden wie abstoßenden Mann, so als wäre sein schöner Anblick auf seinen durch und durch verdorbenen Kern aufgetragen worden, ein Heldengesicht mit dem Herzen eines Henkers.
    Nur feine Risse waren in der hübschen Fassade sichtbar, ein Anflug von Hohn in den Mundwinkeln, der, wenn man ihn kannte, die dunklen Gedanken unter dem schönen Schein verriet. Vielleicht spürte Wassili, dass er beobachtet wurde, denn er wandte sich um und lächelte Leo an, ein zweideutiges Lächeln. Etwas vergnügte ihn. Leo wusste sofort, dass etwas nicht stimmte.
    Er inspizierte die Karte. Mit seinen weniger als 1000 Einwohnern war Kimow auf der sowjetischen Landkarte nur ein Staubkorn. Er hatte den Fahrer schon vorgewarnt, dass er nicht mit Straßenschildern rechnen konnte. Selbst bei nur fünfzehn Stundenkilometern konnte das Dorf an einem vorbeiziehen, während man gerade schaltete. Und als Leo jetzt die Finger über die Straßenlinien gleiten ließ, beschlich ihn der Verdacht, dass sie ihre Abzweigung verpasst hatten. Sie hätten schon längst westwärts fahren sollen, waren aber immer noch in Richtung Norden unterwegs. Da es praktisch unmöglich war, sich an der umliegenden Landschaft zu orientieren, versuchte er auszurechnen, bei welchem Kilometer sie waren. Viel zu weit nördlich.
    Der Fahrer war übers Ziel hinausgeschossen. »Umdrehen!«
    Leo registrierte, dass der Befehl weder den Fahrer noch Wassili sonderlich zu überraschen schien. Der Fahrer grummelte: »Aber wir haben keine Abzweigung gesehen.«
    »Wir haben sie verpasst. Halt an!«
    Vorsichtig bremste der Fahrer ab. In kurzen Abständen trat er auf die Bremse, um zu vermeiden, dass sie auf dem Eis ins Rutschen kamen. Langsam kam der Wagen zum Stehen, Leo sprang heraus und fing an, den Fahrer in diesem Schneesturm bei seiner Wende einzuweisen.
    Der ZiS-151 war fast so breit wie die

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