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Kind der Hölle

Kind der Hölle

Titel: Kind der Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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das Sonnenlicht, das ins Zimmer fiel, und sie schwelgte in Erinnerungen an die herrliche Liebesnacht.
    Sie hatte das Gefühl, zweite Flitterwochen zu erleben. So war es gewesen, bevor Teds Alkoholprobleme überhand nahmen. Erst jetzt, da er wieder der Mann war, in den sie sich vor vielen Jahren verliebt hatte, begriff sie, wie es dazu kommen konnte, daß seine Trunksucht ihre Ehe fast zerstört hatte. Es war ein schleichender Prozeß gewesen, und sie hatte sich eingeredet, alles wäre nicht so schlimm. Sie hatte bis zuletzt ihren Kopf in den Sand gesteckt – bis zu jenem Abend, als ihm endlich klar wurde, daß sie ihn verlassen würde. In derselben Nacht war er zur Vernunft gekommen, und seitdem hatte er keinen Tropfen Alkohol mehr angerührt.
    Janet streckte sich genüßlich und glaubte, Teds Hände und Lippen auf ihrem Körper zu spüren. Er hatte ihr soviel Lust beschert…
    Ihre seligen Träumereien wurden vom Schlagen der Standuhr im Wohnzimmer – eine Etage tiefer – unterbrochen. Beim siebten Schlag sprang sie aus dem Bett. Wenn sie sich nicht beeilte, würden die Zwillinge kein Frühstück bekommen.
    Die Uhr schlug noch zweimal.
    Neun?
    Das konnte nicht sein. Sie schlief nie länger als bis sieben und war meistens sogar schon um sechs wach. Doch ein Blick auf den Wecker bestätigte, daß sie verschlafen hatte. Aber warum hatte niemand sie geweckt? Warum …?
    Ihr fiel sofort eine logische Begründung ein: Ted wußte, wie erschöpft sie war, weil die Sorgen um Jared sie zermürbten. Sie hatte nicht einmal nach dem Liebesakt einschlafen können, bis Ted sie dazu brachte, sich alles von der Seele zu reden. Es war ihr schwergefallen, weil sie sich so daran gewöhnt hatte, Probleme allein zu bewältigen. Sie hatte daher mühsam nach Worten ringen müssen, aber Ted hatte ihrem Gestammel geduldig zugehört und ihr schließlich sogar zugestimmt, daß Jared nicht einfach »flügge« wurde, sondern sich wirklich merkwürdig benahm. Und nachdem er versprochen hatte, ihr bei der Bewältigung dieses Problems zu helfen, war sie endlich eingeschlafen. In Teds Armen, mit dem Gefühl, geborgen zu sein und geliebt zu werden.
    Und heute morgen hatte er wohl beschlossen, sie ausschlafen zu lassen und sich selbst um die Kinder zu kümmern. Janet zog einen dünnen Morgenrock an und ging in Mollys Zimmer. Die Kleine war nicht da, und Ted hatte sogar ihr Bett genauso ordentlich gemacht, wie sie selbst es zu tun pflegte. Mit einem zufriedenen Seufzer trat sie auf die Galerie hinaus.
    Und wußte sofort, daß etwas nicht stimmte.
    Sie spähte in die Halle hinab. Lag es vielleicht am Lichteinfall?
    Ein Blick nach oben genügte, um festzustellen, daß die verglaste Dachöffnung, die für Oberlicht sorgte, noch genauso sauber war wie an dem Tag, als Ted sie geputzt hatte. Trotzdem schien die Halle in leichten Dunst gehüllt zu sein. Janet blinzelte ein paarmal und rieb sich die Augen, doch der Schleier löste sich nicht auf. Und sobald sie die Treppe betrat, spürte sie es auch.
    Die Luft war so kalt, als wäre über Nacht der Winter hereingebrochen. Aber es war so warm gewesen, daß sie bei geöffneten Fenstern geschlafen hatten, und als das erste Sonnenlicht ins Zimmer fiel, hatte sie sogar die leichte Decke von sich geworfen. Trotzdem wurde es von Stufe zu Stufe kälter, und als sie das Erdgeschoß erreichte, hatte sie eine Gänsehaut.
    Janet blieb am Fuß der Treppe stehen. Der Dunst hatte sich verdichtet, und obwohl sie nichts Ungewöhnliches riechen konnte, fiel ihr das Atmen schwer.
    Irgendwelche Dämpfe?
    Das mußte es sein. Bestimmt war Ted am Streichen oder Putzen und …
    Molly!
    Wo war Molly? Wenn sie diese Dämpfe einatmete …
    Janet eilte durch das Eßzimmer in Richtung Küche. Dabei fiel ihr Blick unwillkürlich auf das Wandgemälde, an dem sie noch gestern abend gearbeitet hatte. Sie starrte es ungläubig an.
    Die Marmorfliesen der Terrasse, die ihr so gut gelungen waren, sahen plötzlich alt und schmutzig aus.
    Die Balustrade war beschädigt.
    Und der Garten dahinter, der Garten, bei dem sie jedes Blatt und jede Blüte sorgfältig gemalt hatte, war gestorben.
    Blumen und Blätter waren verschwunden. Übrig blieben nur kahle Äste und Stengel, und anstelle des silbrigen Mondscheins fiel gelbgrünes Licht auf die gespenstische Szenerie, so als braute sich am Himmel ein fürchterliches Unwetter zusammen.
    Das ist doch unmöglich, dachte Janet. Niemand hätte die ganze Wand innerhalb weniger Nachtstunden völlig

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