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Kind der Hölle

Kind der Hölle

Titel: Kind der Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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umgestalten können.
    Es gab nur eine einzige Erklärung.
    Sie schlief noch und hatte einen Alptraum, aus dem sie gleich erwachen würde. Und dann würde es nur noch Sekunden dauern, bis sie begriff, daß ihre Arbeit, die beste Arbeit ihres Lebens, nicht ruiniert worden war.
    Aber sie wachte nicht auf.
    Statt dessen wurde das Wandgemälde lebendig. Die Wolken am Himmel verdunkelten sich, und die Baumäste schwankten im Wind und streckten ihre kahlen Zweige wie skelettartige Finger nach ihr aus. Als die Zweige auch noch scharfe Krallen bekamen, die nach ihr schlugen, wich sie erschrocken zurück und wollte in die Küche flüchten.
    Dann hörte sie etwas.
    Einen leisen Schrei, gedämpft, fast lautlos.
    Die Türklinke in der Hand, blieb sie lauschend stehen.
    Wieder ein Wimmern.
    Ein Baby?
    Molly?
    Sie stürzte in die Küche. Mollys Laufstall stand wie immer in sicherem Abstand vom Herd in der Ecke.
    Der Laufstall war leer!
    Janets Gedanken überschlugen sich. Das Auto stand draußen, folglich konnte Ted nicht mit Molly weggefahren sein. Aber wo war sie? Wo war Ted?
    In der Garage?
    Nein! Der leise Schrei, sie war jetzt fast sicher, daß Molly ihn ausgestoßen hatte, war aus dem Haus gekommen. Sie eilte ins Eßzimmer zurück.
    Sie lauschte mit angehaltenem Atem und wünschte, es gäbe ein Mittel, das laute Pochen ihres Herzens zu dämpfen.
    Da!
    Ein pulsierendes Geräusch, so leise, daß sie nicht sicher war, ob sie es gehört oder nur gefühlt hatte. Möglicherweise hatte es durch den Boden ihre Füße erreicht und sich dann durch ihren Körper bis zum Gehirn fortgepflanzt.
    Der Keller.
    Das Geräusch kam aus dem Keller.
    Sobald sie die Kellertür öffnete, konnte sie das gedämpfte Weinen des Babys deutlicher hören. Sie drückte auf den Lichtschalter.
    »Molly?«
    Keine Antwort.
    »Molly? Ted, seid ihr dort unten?«
    Als sie wieder keine Antwort erhielt, ging sie die steile Treppe hinab.
    Es wurde immer kälter, so als würde sie von einer Eisschicht umschlossen.
    Gleichzeitig wurde sie von dichtem Nebel eingehüllt. Die nackte Glühbirne schien plötzlich in der Luft zu schweben, und ihr grelles Licht verblaßte in den Schwaden zu einem schwachen silbrigen Schein.
    Die pulsierenden Rhythmen wurden von Stufe zu Stufe lauter. Doch auch das Wimmern des Babys wurde immer lauter.
    Jetzt bestand gar kein Zweifel mehr daran, daß es Molly war.
    Endlich stand sie vor Jareds Zimmer.
    Die disharmonische Musik übertönte jetzt sogar ihr Herzklopfen, doch dazwischen hörte sie Molly schreien.
    Schreckliche Vorahnungen überfielen sie, als sie die Tür öffnen wollte, und am liebsten hätte sie kehrtgemacht, um der dröhnenden Musik und der gräßlichen Kälte zu entfliehen.
    Aber das durfte sie nicht.
    Sie mußte Molly finden.
    Der Türknauf war so eisig, daß ihre Finger erstarrten, und als sie ihn zu drehen versuchte, dachte sie einen Moment lang, die Tür wäre abgeschlossen.
    Dann bewegte er sich doch.
    Das Kellerlicht erlosch.
    Janet war von totaler Dunkelheit umgeben.
    Die Glühbirne. Es lag nur an der Glühbirne. Niemand stand auf der Kellertreppe. Niemand hatte das Licht ausgeschaltet. Und doch – etwas schien in der Finsternis zu lauern, überall und nirgendwo.
    Von Angst gelähmt, kam sie sich wie ein aufgespießter Schmetterling vor. Irgendein unbekanntes und unsichtbares Wesen hatte sie festgenagelt und betrachtete sie wie ein besonders ausgefallenes Exemplar.
    Die pochenden Rhythmen wurden noch lauter. Kälte und Dunkelheit drohten sie zu erwürgen. Verzweifelt kämpfte sie gegen ihre Hilflosigkeit an. Sie wollte nur noch eines: die Kellertreppe hinaufrennen, um diesem Grauen zu entfliehen.
    Molly schrie wieder auf. Ein Schreckensschrei.
    Ihre Mutterinstinkte waren stärker als Janets eigene Ängste. Sie schüttelte die Fesseln der Kälte und Finsternis von sich ab und drückte gegen die Tür.
    Ein flackerndes Licht fiel durch den Spalt.
    Janet stieß die Tür weit auf.
    Der Anblick war so grauenvoll, daß er jedes Vorstellungsvermögen überstieg. Sie begann zu schreien. Sie schrie und schrie …
    Irgendwo in weiter Ferne schien jemand ihren Namen zu rufen, so schwach, daß Kim es kaum hören konnte. »Kiiiimm« – beim zweitenmal wurde die Silbe so in die Länge gezogen, als hätte der Rufende fast schon die Hoffnung aufgegeben, daß sie antworten würde. Doch beim drittenmal war der Ruf laut und deutlich.
    »Kim? Kim! Kim, kannst du mich hören?«
    Sanfte Hände schüttelten sie. Sie öffnete die Lider und

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