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Kind der Nacht

Kind der Nacht

Titel: Kind der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kilpatrick
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bereits bezahlt, Mademoiselle. Und dies hier hat man für Sie dagelassen«, sagte der Empfangschef, als Carol ihr Schließfach räumte.
    Im Innern des großen Umschlags fand sie ein Flugticket nach Philadelphia - einfach. Sie winkte einem Taxi und wies den Fahrer an, sie zum Flughafen Merignac zu bringen. Dort erstand sie ein Ticket nach Madrid. Das Ticket in die USA warf sie weg.
    Drei Wochen später begann Carol sich krank zu fühlen. Zunächst hielt sie es lediglich für eine Reaktion auf die Gewürze, die in der spanischen Küche Verwendung fanden, dann glaubte sie, es käme von ihrem anhaltenden Liebeskummer. Doch schon bald musste sie sich täglich übergeben und sah sich gezwungen, einen Arzt aufzusuchen. Er unterzog sie einer Reihe von Untersuchungen, deren Ergebnisse ihr einen Schock versetzten. Ihre erste Handlung, nachdem sie ihre Fassung wiedergewonnen hatte, bestand darin, sich ein Flugticket zurück nach Bordeaux zu kaufen.

 
     
     
     
     
     
     
     
     

8
     »Inspektor LePage, bitte hören Sie auf, mir etwas vorzumachen.  Ich weiß, dass Sie wissen, wer er ist, was er ist und wie man mit  ihm in Verbindung treten kann.«
   Der Kriminalbeamte nahm einen Zug von seiner Gitane. Sie saßen  nebeneinander auf ihren Barhockern in einem kleinen Café, an der  Stirnseite des Tresens, wo niemand ihre Unterhaltung mitbekam.
   »Ich würde André ja selbst ausfindig machen, wenn ich könnte«,  fuhr Carol fort. »Aber die vergangenen drei Nächte habe ich unten bei  den Hafenanlagen am linken und rechten Ufer verbracht, und wenn  ich nicht dort war, habe ich auf der Suche nach ihm die Straßen durch streift. Das ist der einzige Grund, weshalb ich Sie angerufen habe.«
   »Warum sind Sie so interessiert daran, diesen André zu finden,  Mademoiselle Robins? Es ist noch keine zwei Monate her, da hatten  Sie keinerlei Skrupel, die Stadt zu verlassen - gegen meine ausdrück lichen Anweisungen, uns bei unseren Nachforschungen in einer - wie  Sie es nannten - Mordsache behilflich zu sein. Und Sie ließen sich  auch nicht davon abbringen, dass es ein Mord sei. Jetzt sieht es so  aus, als wollten Sie den mutmaßlichen Mörder selbst stellen. Dabei  handelt es sich tatsächlich lediglich um einen Mann, der versucht hat,  Ihre Bekanntschaft zu machen. Wollen Sie das Gesetz jetzt selbst in  die Hand nehmen, oder sind Sie eine Masochistin?«
        »Hören Sie«, sagte Carol aufgebracht, »ich habe Ihnen doch bereits  gesagt, dass es mir vollkommen gleichgültig ist, in welcher Beziehung  Sie zu ihm stehen oder welche Art von Abmachungen die Polizei  getroffen hat. Aber ich muss ihn finden, und zwar bald. Ich brauche  Ihre Hilfe. Es hat nichts mit dem Mord zu tun - aber es war ein Mord, zumindest wurde der Mann unabsichtlich getötet .«
    »Allein schon anzudeuten, ich hätte eine Abmachung mit einem  Mordverdächtigen getroffen, ist eine schwere Anschuldigung, Made moiselle. Aber nehmen wir einmal an, ich wüsste etwas von diesem  Monsieur André, warum sollte ich Ihnen helfen, ihn ausfindig zu  machen?«
    Seit einer Stunde versuchte sie LePage nun schon zu überzeugen,  aber er blieb unnachgiebig. Er gab nichts zu, sondern stellte ihr nur  immer weitere Fragen. Carol hasste es, dies zu tun, aber schließlich  spielte sie ihren Trumpf aus.
    »Der vornehmliche Grund, weshalb Sie mir helfen sollten, besteht  darin, dass ich ihn in einer wichtigen Angelegenheit sprechen muss.  Wenn ich ihn nicht rechtzeitig finde und er dahinterkommt, dass Sie  mir nicht geholfen haben, nun, dann ...«
    Inspektor LePage nahm einen weiteren Zug von seiner Gitane und blinzelte, um den Rauch nicht in die Augen zu bekommen. Sie konnte geradezu sehen, wie er abwog, welche Auswirkungen es haben würde, einen wohlhabenden Irren vor den Kopf zu stoßen. Es ging nicht allein darum, dass das, was der Arzt in Madrid ihr gesagt hatte, von entscheidender Bedeutung für André sein könnte, sondern sie brauchte auch seine Hilfe. Sie war verzweifelt. Den Polizisten unter Druck zu setzen, war reine Selbsterhaltung. »Warum lassen wir es nicht dabei bewenden?«, sagte sie. »Ich werde morgen Abend von neun Uhr bis Mitternacht am Hafen sein, bei den Docks am rechten Flussufer.«
    »Eine gefährliche Gegend, Mademoiselle. Sie setzen Ihr Leben aufs Spiel.«
    »Haben Sie vielen Dank für Ihr Mitgefühl.« Sie griff nach Ihrer Handtasche und erhob sich. »Ich weiß, er wird Ihnen dankbar

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