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Kind der Nacht

Kind der Nacht

Titel: Kind der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kilpatrick
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Entführung der schlafenden Schönheit - und blickte ihn danach mit einem wohl ziemlich erstaunten Ausdruck an.
    Lachend warf er den Kopf in den Nacken und entblößte dabei seine langen Zähne. »Ich liebe es, dich zu überraschen.«
    »A. N. Roquelaure ist das Pseudonym von Anne Rice, und sie ist nicht Französin, sondern Amerikanerin.«
    »Dem Geist nach ist sie Französin, Frau Anwältin, und gemäß dem  Code Napoleon genügt das.«
    Er zog sie an sich, knabberte an ihrem Ohrläppchen und ließ seine Hand über die Innenseite ihres Schenkels gleiten. »Du bist eine Frau, so richtig zum Ficken.«
    »Soll das eine Beleidigung oder ein Kompliment sein.«
    »Was glaubst du denn?«
    Alles in allem behandelte er sie recht gut, wenn man in Rechnung stellte, dass ihr keine andere Wahl blieb, als hier zu bleiben. Er versuchte immer noch, sie in peinliche Situationen zu bringen, wenn sie ausgingen, und kommandierte sie ständig herum. Aber wenigstens wurde er nicht mehr gewalttätig und hatte auch aufgehört, andauernd Drohungen gegen sie auszustoßen. Manchmal kam er ihr beinahe menschlich vor.
    Eines Abends sagte er: »Bück dich über den Hocker hier, dann massiere ich dir den Rücken.«
    Carol kniete sich vor den Sessel, auf dem André saß, legte die Arme auf den Hocker und ihren Kopf auf die Arme. Mit den Daumen bearbeitete er die Muskulatur entlang ihres Rückgrats.
    »Das tut gut«, murmelte sie.
    Etwa fünf Minten lang sagte keiner von beiden ein Wort. Dann änderte er sein Vorgehen und fuhr ihr in ausladenden Streichen von der Taille bis hoch zu den Schultern. »Wo lebt deine Familie?« Zum ersten Mal zeigte er Interesse an ihren Lebensumständen.
    »Mein richtiger Vater starb, als ich drei Jahre alt war. Er lebte in Quebec. Dort bin ich auch geboren. Und meine Mutter ist Amerikanerin. Sie verbrachte dort ihren Urlaub. Sie lernten sich kennen und verliebten sich ineinander, nehme ich an. Sie hat nie viel über ihn geredet. Nun ja, ich weiß, dass er aus einem kleinen Ort in den Gatineau-Bergen stammte. Ich bin nie dort gewesen. Er hieß Desjardins. Das heißt, ich bin wohl zur Hälfte Französin.«
    »Zur Hälfte Kanadierin«, entgegnete André.
    »Wie dem auch sei, meine Mutter heiratete gleich darauf wieder, und mein Stiefvater adoptierte mich. Darum heiße ich jetzt Robins. Er war nicht oft zu Hause. Er war Handelsvertreter und ständig geschäftlich unterwegs. Ich glaube, ich habe ihn nicht länger als sechs Wochen im Jahr gesehen, wenn es hochkommt, deshalb habe ich ihn eigentlich nie so richtig gekannt. Richtig nahe gestanden haben wir uns nie. Meine Mutter war immer unglücklich. Ich weiß nicht, ich glaube, es war schon eine komische Familie.«
    Sie spürte, wie die körperliche Anspannung von ihr wich. Nun, da sie über ihre Vergangenheit sprach, schien sie gar nicht mehr so recht zu ihr zu gehören, so als wäre alles jemand anderem passiert und nicht der Person, als die sie sich jetzt wahrnahm. »Meine Mutter war nicht mehr dieselbe, als mein Vater starb - er kam bei einem Autounfall ums Leben. Davon hat sie sich nie mehr wirklich erholt. Es ging mit ihr nur noch bergab, und als ich anfing, Jura zu studieren, hatte sie einen Schlaganfall. Seitdem ist sie in einem Pflegeheim untergebracht. Gelähmt. Sie erkennt nicht einmal mehr mich - die Ärzte sagen, ihr Gehirn habe Schaden gelitten, und davon würde sie niemals genesen. Glücklicherweise hatte sie Geld genug, sodass die Zinserträge ausreichen, den Heimaufenthalt zu finanzieren.«
    »Hast du Geschwister?« Er knetete ihre Nackenmuskulatur durch. Sie seufzte.
    »Ich bin ein Einzelkind.«
    »Irgendwelche Verwandten musst du doch haben!«
    »Oh, irgendwo habe ich schon ein paar Tanten und Onkel mütterlicherseits, aber wir standen uns nie besonders nahe. Ich habe einen Cousin, dem ich jedes Jahr eine Weihnachtskarte schicke, aber das war es auch schon. Ich mag die Familie meines Adoptivvaters nicht, und die Verwandten meines leiblichen Vaters habe ich nie kennengelernt. Meine Großeltern sind tot. Vielleicht verhält es sich in Frankreich ja anders, aber in den Staaten leben die Angehörigen einer Familie ziemlich weit entfernt voneinander.«
    Nun massierte er ihr die Kopfhaut, strich in zunächst engen, dann weiteren Kreisen über die dünne Muskulatur und schließlich über ihren ganzen Kopf. Carol fühlte sich vollkommen ruhig und entspannt.
    »Ich war verheiratet«, murmelte sie.
    »Und?«
    »Er stand

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