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Kind der Nacht

Kind der Nacht

Titel: Kind der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kilpatrick
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vernichten. Diejenigen unter uns, die auch nur ein bisschen davon begreifen, sind gezwungen, die Verantwortung zu übernehmen. Wir lehnen es ab, uns ebenfalls schuldig zu machen, indem wir einfach die Augen davor verschließen.«
    Carol überlegte einen Moment. »Chloe, da gibt es noch etwas, was ich nicht verstehe. Du bist doch eigentlich recht ausgeglichen. Gerlinde ebenfalls, und Karl auch. Aber was ist mit André? Er ist doch völlig durch den Wind.«
    »Das kommt dir nur so vor, weil du ihm so nahe stehst. Eure Beziehung ist im Wesentlichen doch eine Symbiose.«
    »Ich fühle mich ihm kein bisschen nahe. Und wie kann es denn eine Symbiose sein? Gut, er ist scharf auf mein Blut, aber was habe ich davon?«
    »Diese Frage solltest du dir selbst stellen. Was hast du davon?«
    »Soweit ich weiß, nichts! So wie ich es sehe, könnten André und ich von verschiedenen Sternen stammen.«
    »Mag sein, dass du es so siehst, aber da ist noch etwas anderes am Werk. Er vermochte dich zu schwängern, weil es eine übernatürliche  Verbindung zwischen euch gibt. Du magst nicht verstehen oder  begreifen, was es ist. Vielleicht ist niemand dazu in der Lage. Aber es  ist da, zwischen euch beiden, dessen bin ich mir sicher.«
    »Aber er ist mal so und mal so. Im einen Moment ist er nett zu mir, und im nächsten Augenblick führt er sich schon wieder auf wie ein infantiler Despot. Wie ein wohlwollender Tyrann, wenn alles gut läuft, und schlimmstenfalls ist er ein gefühlloser Dreckskerl. Warum?«
    »André ist noch jung. Das habe ich dir doch bereits gesagt.«
    »Aber Gerlinde hat mir erzählt, sie sei die Jüngste hier im Haus, und sie wurde in den Fünfzigerjahren dazu gemacht oder transformiert oder wie auch immer ihr es nennen mögt. Ich weiß nicht mit Sicherheit, wie alt André ist, aber er ist mindestens genauso lange hier wie sie, und trotzdem führt er sich auf wie ein kleines Kind.«
    »André ist in vielerlei Hinsicht noch ein Kind. Ich kenne ihn seit seiner Geburt. Sein Vater und ich standen uns sehr nahe. Seine Mutter habe ich ebenfalls geliebt.«
    Carol starrte Chloe an. »Wer hat André zum Blutsauger gemacht?«
    »Ich!«
    »Weshalb?«
    »Ich glaube, das wirst du André selbst fragen müssen.«
    »Und wer war es bei dir?«
    »Das vermag ich beim besten Willen nicht zu sagen.«
    Carol war überrascht über sich selbst, dass sie tatsächlich so redete, als handle es sich um Vampire. Chloe jedenfalls glaubte jedes Wort, das sie von sich gab. Plötzlich kam Carol zum ersten Mal der Gedanke, dass dies alles wahr sein könnte. Was, wenn es sich bei ihnen tatsächlich um eine andere Lebensform handelte? Zum Beispiel Vampire? Sie schwieg eine Weile, doch schließlich fragte sie: »Du hast mir gesagt, keiner von euch dürfe sich in Andrés Angelegenheiten einmischen...«
    »Wir müssen uns aus den Angelegenheiten des jeweils anderen heraushalten!«
    »Aber warum denn? Wenn ihr alle euch immer so im Klaren darüber seid, was ihr tut, wie könnt ihr dann die Hände in den Schoß legen und zusehen, wie André mir Schmerzen zufügt?«
    »Das ist doch schon eine ganze Weile her, Carol.«
    »Ich rede nicht nur von physischem Schmerz, das weißt du genau. Du versuchst mir auszuweichen.«
    Chloe blickte sie lange eindringlich an. »Du siehst uns als Gruppe, und in der Tat bezeichnen wir uns ja auch als Gemeinschaft. Aber diese Gemeinschaft setzt sich aus Individuen mit einer starken Persönlichkeit zusammen, die extrem auf ihre Unabhängigkeit bedacht sind. Unser Kodex der Nichteinmischung beruht auf unserer genetischen Veranlagung - wir können nicht gegen unser ureigenstes Wesen handeln. Es gibt viele Tierarten, bei denen es sich genauso verhält. Eigentlich ist es gar nicht so ungewöhnlich.«
    »Es liegt daran, dass ihr uns als Nahrung seht, nicht wahr? Wie zwei Hunde, die sich um einen Knochen streiten. Der Schwächere zieht sich zurück und der Stärkere frisst.«
    »Das ist eine etwas krasse Sichtweise, Carol, allerdings kann ich dir nicht entgegenhalten, dass sie jeder Grundlage entbehre. Wärst du eine von uns, wäre alles ganz anders, und du würdest die Dinge auch anders sehen. Aber du bist nun mal keine von uns. Ich glaube nicht, dass ich es dir erklären kann. Aber was beunruhigt dich wirklich?«
    Carol überlegte einen Augenblick. »Was ist Andrés Problem?«
    »Ich weiß nicht recht, ob er ein Problem hat; er bemüht sich sehr.«
    Carol schüttelte den Kopf. »Falls es ihm

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