Kind der Prophezeiung
hinunter.
»Paßt auf, ob ihr hören könnt, was sie sagen«, ordnete Wolf an.
Barak öffnete vorsichtig eins der Fenster einen Spalt, und die Kerzen flackerten in dem eisigen Luftzug. Im Hof unten sprach der Hauptmann der Soldaten mit dem Gastwirt. »Er ist ein Mann von etwas mehr als mittlerer Größe, mit weißem Haar und kurzem Bart. Er reist vielleicht mit anderen zusammen.«
»So einer ist hier, Euer Ehren«, sagte der Gastwirt zweifelnd, »aber ich bin sicher, es ist nicht der, den Ihr sucht. Der hier ist Kämmerer der Herzogin von Erat, die mein Haus mit ihrer Gegenwart beehrt.«
»Die Herzogin von wo?« fragte der Hauptmann scharf.
»Von Erat«, antwortete der Wirt. »Eine sehr edle Dame von großer Schönheit und gebieterischem Auftreten.«
»Ich frage mich, ob ich wohl ein Wort mit Ihrer Gnaden wechseln könnte«, sagte der Hauptmann und kletterte vom Pferd.
»Ich werde fragen, ob sie Euer Ehren empfangen will«, antwortete der Wirt.
Barak schloß das Fenster. »Ich werde das mit diesem aufdringlichen Hauptmann regeln«, sagte er bestimmt.
»Nein«, sagte Wolf. »Er hat zu viele Soldaten bei sich, und wenn der äußere Anschein nicht trügt, sind es gute Männer, die uns nichts getan haben.«
»Da ist noch die Hintertreppe«, schlug Silk vor. »Wir könnten drei Straßen weiter sein, bevor er an unserer Tür ist.«
»Und wenn er Soldaten auf der Rückseite des Hauses postiert hat?« gab Tante Pol zu bedenken. »Was dann? Da er kommt, um mit der Herzogin von Erat zu sprechen, warum lassen wir die Herzogin nicht mit ihm fertig werden?«
»Was hast du im Sinn?« fragte Wolf. »Wenn ihr anderen aus dem Blickfeld verschwindet, werde ich mit ihm sprechen«, sagte sie. »Ich sollte es schaffen, ihn bis zum Morgen zu vertrösten. Dann können wir über den Fluß nach Arendien sein, bevor er zurückkommt.«
»Vielleicht«, meinte Wolf, »aber dieser Hauptmann macht mir den Eindruck eines entschlossenen Mannes.«
»Ich bin schon mit entschlosseneren Männern fertig geworden«, sagte sie.
»Wir müssen uns schnell entscheiden«, mahnte Silk von der Tür her. »Er ist schon auf der Treppe.«
»Wir versuchen es auf deine Art, Pol«, sagte Wolf und öffnete die Tür ins nächste Zimmer.
»Garion«, sagte Tante Pol, »du bleibst hier. Eine Herzogin bleibt nicht allein.«
Wolf und die anderen verließen rasch den Raum.
»Was soll ich tun, Tante Pol?« flüsterte Garion.
»Denk nur daran, daß du mein Page bist, Lieber«, sagte sie, setzte sich in einen großen Sessel in der Mitte des Raumes und ordnete sorgfältig die Falten ihres Gewandes. »Stell dich dicht neben meinen Sessel und versuche, aufmerksam auszusehen. Ich werde mich um alles andere kümmern.«
»Ja, edle Dame«, sagte Garion.
Als der Hauptmann nach dem Klopfen des Wirtes ankam, stellte er sich als großer, ordentlich aussehender Mann mit durchdringenden grauen Augen heraus. Garion, der sein Bestes tat, um amtlich zu klingen, erbat den Namen des Soldaten und wandte sich an Tante Pol.
»Hier ist ein Hauptmann Brendig, der Euch sprechen will. Euer Gnaden«, verkündete er. »Er sagt, es handelt sich um eine wichtige Angelegenheit.«
Tante Pol sah ihn einen Moment lang an, als überdächte sie diese Bitte. »Also schön«, sagte sie schließlich. »Führe ihn herein.«
Hauptmann Brendig betrat das Zimmer, der Wirt eilte fort.
»Euer Gnaden«, begann der Hauptmann und verbeugte sich ehrerbietig vor Tante Pol.
»Was gibt es, Hauptmann?« fragte sie.
»Ich würde Euer Gnaden nicht belästigen, wenn meine Mission nicht von solcher Dringlichkeit wäre«, entschuldigte sich Brendig. »Meine Befehle stammen direkt vom König, und Ihr werdet mehr als alle anderen wissen, daß wir uns seinen Wünschen beugen müssen.«
»Ich denke, ich kann Euch ein paar Minuten für des Königs Angelegenheiten widmen«, sagte sie.
»Es gibt da einen gewissen Mann, den der König in Gewahrsam nehmen lassen will«, sagte Brendig. »Ein älterer Mann mit weißem Bart und Haar. Ich bin darüber informiert worden, daß Ihr einen solchen unter Eurer Dienerschaft habt.«
»Ist der Mann ein Verbrecher?« fragte sie.
»Das hat der König nicht gesagt, Euer Gnaden«, antwortete er. »Mir wurde nur aufgetragen, den Mann zu ergreifen und im Palast zu Sendar abzuliefern – des weiteren alle, die bei ihm sind.«
»Ich bin selten bei Hofe«, sagte Tante Pol. »Es ist unwahrscheinlich, daß einer meiner Diener von solchem Interesse für den König ist.«
»Euer
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