Kind der Prophezeiung
eine einsame Art zu leben sein«, meinte Garion spitz, der im stillen von seiner inneren Stimme unterstützt wurde. »Du traust nie jemandem wirklich, nicht wahr?«
»Ich glaube nicht«, sagte Silk. »Es ist ein Spiel, das wir spielen, Garion. Wir sind darin alle sehr gut – wenigstens wenn wir vorhaben, sehr lange zu leben. Wir kennen uns alle untereinander, da wir Angehörige einer sehr kleinen Berufsgruppe sind. Die Belohnung ist hoch, aber nach einer Weile spielen wir unser Spiel nur noch aus Spaß daran, uns gegenseitig zu täuschen. Du hast aber recht. Es ist wirklich einsam und manchmal widerwärtig, aber meistens macht es eine Menge Spaß.«
Graf Nilden kam auf sie zu und verbeugte sich höflich. »Seine Majestät bittet darum, daß Ihr und der Junge sich ihm und den anderen in seinen Privatgemächern anschließt, Prinz Kheldar«, sagte er. »Wenn Ihr so gut sein wolltet, mir zu folgen.«
»Natürlich«, sagte Silk. »Komm, Garion.«
Die Privaträume des Königs waren wesentlich einfacher ausgestattet als die geschmückten Hallen des Hauptpalastes. König Fulrach hatte Krone und Staatsgewänder abgelegt und sah jetzt aus wie jeder andere Sendarer in einfachen Kleidern. Er unterhielt sich leise mit Barak. Königin Layla und Tante Pol saßen auf einem Sofa und waren in ihre Unterhaltung vertieft. Durnik stand in der Nähe und tat sein Bestes, um unauffällig zu wirken. Meister Wolf stand allein bei einem Fenster, mit einem Gesicht wie eine Gewitterwolke.
»Ah, Prinz Kheldar«, sagte der König. »Wir dachten, daß du und Garion vielleicht aufgehalten wurdet.«
»Wir haben mit dem Graf von Seline gefochten, Eure Majestät«, sagte Silk leichthin. »Bildlich gesprochen, natürlich.«
»Sei auf der Hut vor ihm«, warnte der König. »Es ist gut möglich, daß er selbst für deine Talente zu gewieft ist.«
»Ich habe großen Respekt vor dem alten Schurken«, lachte Silk.
König Fulrach sah besorgt zu Meister Wolf hinüber, setzte sich auf und seufzte. »Ich denke, daß wir diese Unannehmlichkeit besser hinter uns bringen. Layla, würdest du unsere anderen Gäste unterhalten, während ich unserem grimmigen alten Freund und der Dame hier Gelegenheit gebe, mich auszuschimpfen. Es ist offensichtlich, daß sie nicht eher glücklich sind, bis sie mir ein paar sehr unfreundliche Dinge über etwas sagen, was wirklich nicht meine Schuld war.«
»Selbstverständlich, mein Lieber«, sagte Königin Layla. »Macht nicht zu lange und schreit nicht so laut. Die Kinder sind schon zu Bett und brauchen ihren Schlaf.«
Tante Pol erhob sich von dem Sofa. Sie und Meister Wolf, dessen Gesichtsausdruck sich nicht verändert hatte, folgten dem König in ein angrenzendes Zimmer.
»Nun denn«, sagte Königin Layla liebenswürdig, »worüber sollen wir uns unterhalten?«
»Eure Hoheit, ich habe den Auftrag, Euch die Grüße von Königin Porenn von Drasnien zu übermitteln, wenn sich die Gelegenheit ergeben sollte«, sagte Silk höflich. »Sie bittet darum, einen Briefwechsel in einer etwas delikaten Angelegenheit mit Euch beginnen zu dürfen.«
»Aber natürlich«, strahlte Königin Layla. »Sie ist ein liebes Kind, viel zu hübsch und liebenswert für diesen fetten alten Gauner Rhodar. Ich hoffe, er macht sie nicht unglücklich.«
»Nein, Eure Hoheit«, antwortete Silk. »Wenn es auch überraschend erscheint, sie liebt meinen Onkel über alles, und er ist natürlich verrückt vor Glück über eine so junge und schöne Frau. Es macht einen geradezu krank, wie sie einander anhimmeln.«
»Eines Tages, Prinz Kheldar, wirst du dich verlieben«, sagte die Königin mit einem leichten Schmunzeln, »und die zwölf Königreiche werden dabeistehen und über den berüchtigten Junggesellen kichern. Was ist das für eine Angelegenheit, über die Porenn mit mir reden will?«
»Es ist eine Frage der Fruchtbarkeit, Eure Hoheit«, sagte Silk mit einem verlegenen Hüsteln. »Sie möchte meinem Onkel einen Erben schenken und braucht Euren Rat in dieser Angelegenheit. Die ganze Welt hat Ehrfurcht vor Euren Talenten auf diesem Gebiet.«
Königin Layla errötete reizend und lachte dann. »Ich werde ihr sofort schreiben«, versprach sie.
Garion hatte inzwischen vorsichtig den Weg zu der Tür zurückgelegt, durch die König Fulrach Tante Pol und Meister Wolf geführt hatte. Er musterte gründlich einen Wandbehang, um die Tatsache zu verbergen, daß er zu hören versuchte, was hinter der verschlossenen Tür vor sich ging. Es dauerte nur einen
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