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Kind des Glücks

Kind des Glücks

Titel: Kind des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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Verfassers, dessen Werk mir völlig unbekannt war. Einstein Sergei Chu hielt einen Vortrag über die stellare Entwicklung der Galaxis, während er sich seine safrangewürzte Fruchtsuppe einverleibte, und er sprach in Begriffen, die mathematisch so weit über meinen Horizont gingen, daß ich nicht folgen konnte, selbst wenn ich am Thema interessiert gewesen wäre.
    Während wir die Feuerkrabbe in schwarzem Pfefferaspik zerlegten, regte unsere Domo eine Diskussion über die relativen Vorzüge ihres Grand Palais an, verglichen mit einigen, die von Kolleginnen geführt wurden, und da ich der einzige Anwesende war, der noch nie als Geehrter Passagier gereist war, konnte ich kaum etwas beisteuern.
    Mary Menda Hassans Ausführungen über unsere hominiden Vorfahren beim Goreng de Charcuterie hätten ebenso in der Sprache derselben abgehalten sein können, denn ich verstand kein Wort; und was die Diskussion über Drogen anging, die Guy, Imre und Raul beim shashimi- Salat anzettelten, nun, dies war ein Thema, von dem ich so langsam die Nase voll hatte.
    Die Tornedos de Vaco mit geräucherten Schwarzpilzen in Madeirasauce waren gerade serviert, als eine laute Glocke erklang. Alle Anwesenden hielten mitten im Bissen inne, dann fuhren sie mit dem Essen fort. Dieses kleine Geheimnis gab mir den Anlaß, meinen ersten Zug in der Konversation zu wagen.
    »Was war das?« fragte ich.
    Ich wurde mit seltsamen, entrüsteten Blicken bedacht. »Das Schiff ist gesprungen«, erklärte Guy beiläufig. »Wie ich gerade sagte – «
    »Quelle chose!« rief ich. »Wir sind gerade mehrere Lichtjahre durch den Raum gesprungen, und dieser Augenblick wird so wenig feierlich gekennzeichnet?«
    Es gab ein unbehagliches Schweigen, während meine Tischgenossen seltsame Blicke mit jedem anderen, nur nicht mit mir wechselten. Den Augenblick völlig mißverstehend – oder vielleicht einfach entschlossen, dabeizubleiben, nachdem ich ein Thema aufgeworfen hatte, bei dem ich zumindest mitreden konnte – setzte ich nach.
    »Wirklich, warum hat man nicht dafür gesorgt, daß wir dieses Schauspiel en holo verfolgen können? Vraiment, nirgends im Grand Palais gönnt man uns den Anblick der sternübersäten Prächtigkeit, durch die wir reisen. Außerdem – hat noch niemand von Ihnen die bizarre Abwesenheit von Motiven in Kunst und Schmuck des Grand Palais bemerkt, die sich auf jene beziehen? Dabei fällt mir die Ästhetik Edokus ein, die…«
    Ich hielt mitten im Satz inne, denn nun stand ich im Mittelpunkt eines allgemeinen Mißfallens, der nur zu einem Widerling passen konnte, der peinlicherweise bei Tisch über Fäkalien spricht – eine Atmosphäre, die ich bereits erwähnte.
    »Hab’ ich was Unpassendes gesagt?« erkundigte ich mich unbehaglich. »Würde jemand bitte so freundlich sein, mich über die Natur meines Fauxpas aufzuklären?«
    Guy sagte nichts; er schien sich nach Kräften zu bemühen, vorzugeben, daß er mich nicht kannte – nutzlos, denn da er mein Reisegefährte war, erstreckte sich die Sphäre der Schmach, die mich umgab, auch auf ihn und sogar auf Raul und Imre, Kinder des Glücks wie ich, die sich unter den vorwurfsvollen Blicken unserer edlen Tischgefährten wanden.
    »Ist dies Ihre erste Reise, Kind?« fragte die Domo schließlich.
    »Meine erste als Geehrter Passagier«, erwiderte ich. »Allerdings bin ich schon einmal im Elektrokoma von Glade nach Edoku gereist.«
    Diese angehängte Korrektur erhöhte meinen sozialen Status leider auch nicht, sondern rief weiteres Lippenschürzen und Naserümpfen hervor.
    »Je comprends«, sagte Maria Magda Chan. »Man kann kaum exakte Beachtung der Spielregeln erwarten von einem so neuen… Geehrten Passagier.«
    »Was für Spielregeln?« fragte ich gereizt. »Wenn ich nikulturni war, könnte mich vielleicht einer der würdigen Anwesenden aufklären, welche Grenzen ich übertreten habe, damit ich es in Zukunft vermeiden kann, Ihre empfindlichen Seelen zu verletzen?«
    »Gut gesprochen!« erklärte Imre, der für seine Ritterlichkeit sofort mit neuen finsteren Blicken bedacht wurde.
    »Da Sie den bewundernswerten Entschluß gefaßt haben, weitere Beleidigungen zu vermeiden, ma petite, ist es als Domo tatsächlich meine Pflicht, Sie über die sozialen Bräuche zu unterrichten«, sagte Maria Magda Chan. »Was heißen soll, daß es wirklich nikulturni ist, über solche Dinge zu sprechen. Der Sprung und das, durch das wir uns bewegen müssen, ist bei Tisch oder in höflichen Unterhaltungen

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