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Kind des Glücks

Kind des Glücks

Titel: Kind des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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verpönt.«
    »Und deshalb sind auch Motive und reale Anblicke der, äh, der Leere selbst in der Kosmokultur nicht beliebt«, setzte Kuklai Smith Veronika freundlich-väterlich hinzu.
    »Ich lasse mich gern belehren und will mich in Zukunft derartiger Taktlosigkeiten enthalten«, sagte ich trocken. »Aber da ich zugegebenermaßen in diesen Dingen so unerfahren bin – würde mir vielleicht jemand erklären, warum jene, die durch das großartige Firmament reisen, demselben ihre ästhetische Wertschätzung verweigern? Warum ist es nikulturni, durch die Sinne das Wunder des Sprunges, auf dem unsere ganze Zivilisation beruht, erfahren zu wollen?«
    »Merde!« murmelte Cleopatra Kay Jone. Guy trat mir unter dem Tisch vors Schienbein. Etwas gereizt gab ich es ihm mit freundlichen Grüßen zurück. »Haben wir noch nicht genug davon gehört?« schnappte Don Terri Wu wütend.
    Doch unser astrophysikalischer maestro, Einstein Sergei Chu, schien sich für die Diskussion über sein Wissensgebiet zu erwärmen. »Gut und mutig gesprochen, Kind«, erklärte er. »Certainement ist es ein Thema, das in diesen Kreisen häufiger als bisher erörtert werden sollte. Was die Abneigung unserer Kosmokultur gegenüber visuellen Konfrontationen mit dem Medium, durch das unser Schiff reist, angeht, so bedenke bitte die wahre Natur der fraglichen physikalischen Realität. Denn jenseits dieser dünnen Hülle ist ein tödliches, schrecklich kaltes Vakuum, das wenn auch mathematisch begrenzt, für die menschlichen Sinne dennoch erbarmungslos und unendlich ist. Vraiment, wir sind nichts als Mikroben in einer Luftblase, vor dem sofortigen Tod nur durch unsere eigenen Maschinen geschützt. Sollten unsere Lebenserhaltungssysteme versagen, sollte der Sprungantrieb – «
    »Genug!« schrie Don Terri Wu.
    »Vraiment, mehr als genug!« stimmte Maria Magda Hassan zu.
    »Müssen wir wirklich diesen Abscheulichkeiten ausgesetzt werden, nur um die morbide Neugierde dieser… dieser ungewaschenen Göre zu befriedigen?« fragte Cleopatra Kay Jone.
    Einstein Sergei Chu jedoch schien eine gewisse hämische Freude am allgemeinen Unbehagen zu haben. »Und was den Sprung angeht, ma petite«, fuhr er fort, »so haben wir schon lange die physische Natur unseres Universums und seiner Gesetze erhellt – von den feinsten Strukturen des Mikrokosmos bis zu den großartigsten Werken des Makrokosmos; doch stehen wir angesichts der wahren Natur des wichtigsten Phänomens darin, das wir kennen und benutzen, vor einem Abgrund von Ahnungslosigkeit. Wir sind wie Primitive, die zwar wissen, wie man Feuer aus einem Stein schlägt, die aber nicht den leisesten Schimmer der zugrunde liegenden Chemie oder der Physik der Flamme haben. Wie solche Primitiven haben wir genug aus dem verlorenen Wissen von Uns-Die-Schon-Früher- Gegangen-Sind gelernt, um Sprungschiffe zu bauen, doch was die Masse-Energie-Phänomene des Sprungs selbst angeht, sind wir genau wie jene Wilden, die das unergründliche Feuer, das ihnen dient, fürchten und anbeten und deshalb sowohl das Ding als auch die Hohepriesterin desselben mit dummen Tabus und Mystifikationen umgeben.«
    »Empörend!« rief die Domo.
    »Widerlich!« erklärte Don Terri Wu.
    »Amüsant«, sagte Guy, was sich zweifellos ebenso auf die resultierenden Unverschämtheiten wie auf Einsteins scharfsinnigen Vortrag bezog, während er mir gleichzeitig ein Grinsen schenkte. Raul und Imre platzten gehässig heraus, was sogar ich etwas rüpelhaft fand.
    In diesem strategisch günstigen Augenblick betrat Raumkapitän Dennis Yassir Coleen den Speisesaal. »Ich werde kein weiteres Wort in dieser Richtung am Tisch unseres Sprungkapitäns dulden!« zischte Maria Magda Chan wütend. Und indem sie es sagte, stand sie auf, um den Würdenträger mit großer Zuneigung und ziemlich lasziven Aufmerksamkeiten zu begrüßen.
    Dieses Thema wurde während des Banketts nicht weiter behandelt, und es kam während der ganzen Reise nicht noch einmal zur Sprache. Und ebensowenig fand die unschuldige Anstifterin des Aufruhrs den Mut, sich noch einmal ins Tischgespräch einzuschalten – aus Angst, ich wußte nicht, was, hervorzurufen.
    Keiner der Anwesenden ließ sich herab, mich oder die anderen Kinder des Glücks während unseres Aufenthaltes an Bord in ein zivilisiertes Gespräch zu verwickeln. Wirklich, ob nun meine Unverschämtheit von unserem Tisch aus verbreitet wurde oder ob es eine überlieferte Sitte war – jedenfalls wurden wir so gut wie nie in die soziale

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