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Kind des Glücks

Kind des Glücks

Titel: Kind des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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und die Besucher der Labors und Nervenkliniken so leidend wirkten! Kein Wunder, daß Guy vor meinen Augen vergreiste! Denn wer außer einem verkrüppelten Geist konnte sich damit zufrieden geben, eine Realität aus zweiter Hand aus Reagenzgläsern einzunehmen, wenn der Bloomenwald nur einen kurzen Flug entfernt war?
    Ohne weiter nachzudenken, betrat ich den Buchladen und kaufte einen Abzug des Holos, damit ich es Guy sofort zeigen konnte; es war mir völlig egal, daß dieser Kauf den größten Teil des mageren Kredits auf meinem Chip verschlang. Ich behielt gerade genug übrig, um mit einem Schwebetaxi zum Hotel zurückzufahren. Auch diese letzte Ausgabe machte ich ohne Zögern, denn ich wollte keine Zeit verlieren, indem ich zu Fuß zurückging.
    Der Preis für das Bild schloß eine kleine Abhandlung über den Bloomenwald ein, und diese las ich gierig, während mich das Schwebetaxi durch die Straßen von Ciudad Pallas trug; ich war nur zu gern bereit, die geschmacklose Realität zu ignorieren, durch die ich gleiten mußte, und mich statt dessen in die Geschichte des Zauberwaldes zu versenken.
    Ich erfuhr, daß sich auf Belshazaar wurmähnliche Tiere direkt zu Wirbeltieren und dann zu höheren Formen entwickelt hatten und daß es nie Insekten gegeben hatte. Die Blumen des Bloomenveldts waren von solch enormer Größe, daß die ökologischen Nischen, die auf anderen Welten Insekten besetzten, hier von Säugern von beträchtlicher Größe und Intelligenz eingenommen wurden. Wie auch anderswo üblich, entwickelten die Blumen außer Duft auch Moleküle, Pollen, Nektar und Früchte, die geeignet waren, die Befruchter zu motivieren.
    Doch da diese Befruchter auf Belshazaar Säuger mit gut entwickelten Gehirnen waren, wirkten die Moleküle, die die Blumen zur Beeinflussung ihres Verhaltens entwickelt hatten, auch auf den Menschen.
    So beruhte Belshazaars Wirtschaft auf einem unglaublichen Ökosystem, in welchem sich höhere Lebensformen zu Befruchtern des Zauberwaldes entwickelt hatten.
    Die Broschüre beleuchtete außerdem einige Details des Ökosystems in den Baumwipfeln, doch als ich diesen Teil der Abhandlung lesen wollte, hatte das Schwebetaxi schon das Hotel Pallas erreicht; ich brach meine Studien ab, um in unsere Suite zu eilen und Guy das Holo zu zeigen.
    Ich stürzte völlig im Bann meiner Begeisterung ins Zimmer; als ich Guy auf einem Stuhl im Wohnzimmer ruhend fand, die gräßliche Stadtlandschaft durch das große Fenster betrachtend, ging ich direkt zu dem an die Scheibe angeschlossenen Betrachter und schob das Holo ein.
    Der düstere Anblick der häßlichen Stadt wurde sofort vom prächtigen Anblick des Bloomenfeldt ersetzt, als säßen wir in einem Baumhaus über einer luftigen Wiese und blickten auf das hinab, was bald unser Lustgarten werden sollte.
    »Sieh mal, Guy, ist das nicht wundervoll?« quasselte ich los. »Oh, wie – «
    »… so nahe, vraiment, jenseits des Tanzes, der in mir steigt, dort liegt, wie man sagt, wie Jesus Christus sagte, siehe nur, Psychonauten des Geistes, auch du kannst auf Wasser gehen, du mußt alles aufgeben, um es zu erlangen, doch du kannst auf Wasser wandeln…«
    Erst als er nicht auf diesen prächtigen Anblick einging, bemerkte ich das Metallband um seinen Kopf und die Drähte, die davon herunterhingen, und die kleine Konsole, mit der sie verbunden waren. Erst jetzt erkannte ich, daß er im Augenblick meiner Ankunft mit gespenstisch hohler Stimme gesprochen hatte. Erst jetzt wich meine blinde Freude verstehendem Zorn. Denn während ich Xochimilco in den Baumwipfeln entdeckt hatte, hatte Guy den Lader entdeckt.
    Ich wußte damals außer einigen allgemeinen Dingen wenig über den Lader, und ich hätte erwartet, daß Guy Vlad Boca in diesen Dingen viel beschlagener war als ich, doch was ich wußte, reichte aus, um mich kochen zu lassen und eine Adrenalinwoge durch mein Blut zu jagen, daß sich meine Hände zu Fäusten ballten.
    Der Lader erzeugt im Grunde eine elektronische Verstärkung des Elektrohologramms des menschlichen Bewußtseins ohne topologische Verzerrung, so daß der an den Lader angeschlossene Mensch anscheinend seine Persönlichkeit behält, die nur verstärkt wird; eine verbesserte Version seiner selbst, wenn auch nur in seinen eigenen Augen. Wenn natürlich der Ladersüchtige, wie nicht selten der Fall, von Anfang an eine kaputte Persönlichkeit besitzt, dann bringt ihre Verstärkung alles andere als einen Bodhisattwa hervor.
    Was noch schlimmer ist,

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