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Kind des Glücks

Kind des Glücks

Titel: Kind des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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was die bloße niedere Natur hervorbringen kann.«
    »Einschließlich unseres gräßlichen Ausblicks?« sagte ich höhnisch.
    »Besonders Ciudad Pallas mit den besten Labors, die es in der psychosomatischen Wissenschaft gibt«, sagte Guy, »denn wo sonst auf allen Menschenwelten kann man die ausgefallensten Bewußtseinszustände erleben und dabei noch etwas verdienen?«
    Ich schluckte meinen Ekel und meine Wut herunter, denn an diesem Punkt war völlig klar geworden, daß es keine Hoffnung gab, Guy durch einen aufrichtigen Appell an seine ästhetischen Ansprüche zu überzeugen, Ciudad Pallas gegen das Bloomenveldt einzutauschen.
    »Da, mon cher Dummkopf, da!« sagte ich, indem ich auf das Holo des Bloomenveldts deutete.
    »Da?«
    »Naturellement, Guy«, schnurrte ich ihm ins Ohr. »Was meinst du denn, wo all die Drogen herkommen, die du bereits probiert hast? Wenn du Profit aus einem Monopol auf die neuesten Substanzen schlagen willst, die aus den Forschungskuppeln kommen, dann wäre es doch das beste, alle zu übertrumpfen und zur Quelle vorzustoßen. Wenn du einen Bewußtseinszustand suchst, der noch nie in einem menschlichen Bewußtsein existierte, warum pfuschst du dann mit synthetischen Derivaten herum, statt die volle organische Vielfalt direkt zu erfahren? Ist irgend etwas, das die Sanatorien anzubieten haben, irgendein dummer Flirt mit dem Lader, amüsanter als das?«
    »Je ne sais pas… «, murmelte Guy nachdenklich. »Der erste zu sein, kühn einen Weg einzuschlagen, den noch kein menschlicher Geist betreten hat, und dabei unglaublich reich zu werden…«
    Und plötzlich strahlte er mich an. »Gut gesprochen, Geschichtenerzählerin, gut gesprochen, ma chère Gypsy Joker«, erklärte er überschwenglich. »Dein Herzenswunsch soll dir erfüllt werden, y yo también, denn vraiment, welches größere Abenteuer kann es für uns zwei freie Geister geben als die Höhenluft, die du eben vorschlägst!«
    Selbst damals, so glaube ich, bemerkte ich, daß ich endgültig keine Unschuld vom Lande mehr war, als ich diesen ausgesprochen selbstsüchtigen Trick abzog. Denn ich konnte mir mit keiner geistigen Verrenkung ausreden, daß ich an das Beste appelliert hatte, das es in Guy Vlad Boca gab. Doch andererseits – appellierte nicht das Leben in Ciudad Pallas mit tödlicher Perfektion an seine größten Schwächen?
    Ich war nicht mehr das unschuldige, naive Mädchen, ich hatte meine erste Lektion in moralischer Differentialrechnung gelernt. Doch damals hatte ich natürlich keine Ahnung, wie bitter die Lektion noch werden sollte.

 
   16
     
     
    Auf dem Kontinent Bloomenwald gab es keine Hotels, nicht einmal einen primitiven Gasthof; die einzigen menschlichen Gebäude waren die Forschungskuppeln, die längs der Ostküste am schmalen Strand zwischen dem gewaltigen Wald und dem Meer lagen. Unterkünfte im Bloomenwald selbst oder in den Wipfel gab es natürlich nicht, denn einmal war der Waldboden ein düsteres Land in ewiger Nacht, in dem es von giftigen Pilzen und giftigen Reptilien wimmelte, zum anderen war das Bloomenveldt, obwohl ein Terrain, auf dem man sicher laufen konnte, kaum als Basis für architektonische Konstruktionen geeignet.
    Glücklicherweise besuchten von Zeit zu Zeit ausländische Touristen den Bloomenwald, während die Einwohner Belshazaars – abgesehen von den Beschäftigten der Forschungskuppeln – den Kontinent völlig mieden, so daß es in den Kuppeln eine begrenzte Anzahl von Zimmern gab, vorausgesetzt, man war bereit, die unverschämt hohen Mieten zu bezahlen.
    Man empfahl uns, unsere kleine Expedition vor dem Abflug auszurüsten. Da stets ein mildes Klima im Bloomenveldt herrschte, waren Zelte und schwere Kleidung überflüssig; sollten wir so dumm sein, uns so weit von der Kuppel zu entfernen, daß wir Hunger bekamen, mußten wir uns mit kalten Konzentraten begnügen, denn es wäre, vorsichtig ausgedrückt, eine Dummheit, in den Baumwipfeln ein Feuer zu entzünden. So enthielt unser Gepäck außer kalten Konzentraten und Feldflaschen nur noch drei Ausrüstungsgegenstände: einfache Signalgeber, falls wir uns verliefen, Gasmasken, die, wie wir erfuhren, absolut notwendig waren, und Schwebegürtel, mit denen wir die Schwerkraft aufheben konnten, um gefahrlos von Ast zu Ast zu hüpfen, ohne auf den Waldboden zu stürzen, falls wir die Landung verpaßten.
    Guy, der sich sicher noch nie lange im Wald aufgehalten hatte, äußerte während dieser Vorbereitungen die üblichen Ängste des

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