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Kind des Glücks

Kind des Glücks

Titel: Kind des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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verwurzelten Stadtmenschen, doch da ich schon viele Expeditionen lief in den Bittersüßdschungel auf Glade unternommen hatte, konnte ich ihm versichern, daß ich eine maestra der Wälder sei, die in den entsprechenden Überlebenstechniken äußerst versiert war. Das glaubte ich wirklich, denn glich nicht ein Wald dem anderen, wenn auch der Bloomenwald ein besonders großer Wald war? Nur die Frage der Raubtiere hätte mich nachdenklich gemacht, doch die, sagte man uns, gab es nicht.
    Binnen achtundvierzig Stunden hatten wir unsere Vorbereitungen abgeschlossen und das Suborbital-Shuttle bestiegen, denn sobald ich erfolgreich Guys Begeisterung ein neues Ziel gegeben hatte, steckte er seine Energien und sein Geld ebenso begeistert in das Projekt, wie er sie in seine früheren Beschäftigungen gesteckt hatte. Es gab keine Ausflüge zu den Sanatorien mehr, der Lader wurde nie wieder erwähnt, und unsere passages d’amour erreichten eine Häufigkeit und Dauer – um nicht zu sagen Pikanterie –, die zu einem gesunden Mann und einer gesunden Frau paßten, die zusammen ein großes Abenteuer vor sich hatten.
    Über den Shuttleflug zum Kontinent Bloomenwald gibt es wenig zu sagen. Wir erhoben uns vom Shuttlehafen von Ciudad Pallas, als tauchten wir aus einem schlechten Traum auf, schwangen uns durch einen leeren blauen Himmel über einen gleichermaßen leeren Ozean, huschten am Rand des Weltraums durch sternbesetzte Schwärze und fielen durch eine lockere Wolkendecke, um auf einer, sandigen Halbinsel zu landen.
    Über unseren ersten Augenblick auf dem Kontinent Bloomenwald läßt sich au contraire eine ganze Menge sagen, denn wir befanden uns anscheinend in einer anderen Welt.
    An der Spitze der Halbinsel, auf der wir gelandet waren, saß ein großer Kuppelbau, dessen Facetten im hellen Sonnenlicht blitzten und flimmerten wie ein Insektenauge. Auf der anderen Seite lief die Halbinsel in einen schmalen Strand aus, und dahinter erhob sich der Bloomenwald.
    Für das ungeübte Auge erschien der Bloomenwald vom Strand aus wie eine gewaltige Klippe, und selbst ich, obwohl ich wußte, was ich sah, hatte Schwierigkeiten zu glauben, daß diese fünfhundert Meter hohe, braune, schwarze und dunkelgraue, grün bedachte Wand tatsächlich ein Waldrand war. Soweit das Auge in jede Richtung reichte, erhob sich diese Klippe über dem Strand. Sie wäre schon als geologische Formation beeindruckend gewesen, doch als endloses Dickicht aus lebenden Bäumen schien diese Klippe von so unbegreifbaren Dimensionen zu sein, daß selbst das geschulte Auge eine Weile brauchte, um die optische Täuschung aufzuheben.
    Denn was wie eine massive Klippe aus lehmig brauner Erde wirkte, durchsetzt mit grauen und schwarzen Felsen, war in Wirklichkeit gar nicht so massiv. Die schlanken braunen Säulen erwiesen sich nach einem langen, zweiten Blick als mächtige Stämme gewaltiger Bäume, und die Formationen aus schwarzem und grauem Fels waren nichts weiter als die dunkleren Schattenlöcher dazwischen.
    »Ist das amüsant genug, Guy?« konnte ich schließlich flüstern.
    »Beängstigend…«, murmelte er. »Ich kann mir gut vorstellen, warum sich da keiner reinwagt.«
    Ich erschrak bei dem Gedanken. Denn unter dem Baldachin des Bloomenwalds lag ein gleichermaßen weites Schattenland in tieferer Dunkelheit, als sie eine wirkliche Nacht je hervorrufen konnte; der bloße Anblick des gewaltigen Saums reichte, um den Geist schaudern zu lassen. Und was die unangenehme Fauna anging, die dort herumschleichen sollte, so konnte man sicher sein, daß was immer an einem solchen Ort lebte, den Menschen nicht freundlich gesonnen war.
    Doch schließlich waren wir hier, um die sonnenüberflutete Landschaft des Bloomenveldts hoch droben zu erforschen, und die Metaphysik dieses Bildes – ein Land des Lichts über dem Reich der Dunkelheit – überließ ich gern den Dichtern, während wir dem Land den Rücken kehrten und zur Forschungskuppel am Meer wanderten.
     
    Obwohl ein Kuppelbau, besaß die Forschungsstation keinen zentralen Garten, und ebensowenig bot sie einen Ausblick auf den Waldrand. Statt dessen war das Innere durchgehend in drei Stockwerke unterteilt, deren Modulräume als Labors, Büros, Schlafsäle und so weiter angelegt waren; die meisten Fenster wiesen zum Meer hinaus.
    Unser Zimmer war trotz der völlig überhöhten Miete nicht weniger spartanisch als der Rest des Hauses. Ein Bett, einen Schrank, zwei Nachttische, zwei unbequeme Stühle, eine Toilette, mehr

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