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Kind des Glücks

Kind des Glücks

Titel: Kind des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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Hintern.
    Es reichte, vraiment; nur dank Omars unsanfter Hilfe war ich in der Lage, von den Blütenblättern dieser wundervollen Blume zu springen. Im Sprung sah ich, wie Guy einer ähnlich groben Behandlung unterzogen wurde.
    Ich hatte kaum die Geruchsaura der Blume verlassen, da wurde, was einen Augenblick zuvor noch das reinste, unschuldigste und natürlichste Verlangen der Welt war, als die bizarrste und garstigste Geschmacksverirrung enthüllt.
    Wir drei kamen ein gutes Stück von den Blumen entfernt auf einem Blatt zu stehen. Guy und ich sahen uns verlegen an, als hätten wir uns gegenseitig bei einer sexuellen Handlung erwischt, die viel zu widerwärtig ist, um sie ernsthaft in Betracht zu ziehen.
    »Achtet darauf, eine gewisse psychische Distanz zu euren chemischen Gelüsten zu wahren«, riet Omar uns. »Mit etwas Übung ist es möglich, die Effekte zu genießen, ohne völlig in ihrem Tropismus zu versinken. Vielleicht sollten wir als nächstes etwas Beruhigendes versuchen…«
    Unsere nächste Blume war eine gelbe Blüte wie ein gewaltiger, flaumiger Moosteppich, von dessen überhängenden Troddeln ein schwarzes Pulver rieselte. Der Duft erinnerte an einen reichen, tropischen Wind, der mir von den stillen Freuden eines süßen, langen Schlummers erzählte. Ich wollte nichts weiter, als mich auf die weiche Oberfläche legen und bewußtlos, mit Guy an meiner Seite, in die azurenen Tiefen des Himmels starren. Doch kaum hatte ich die gelben Blätter berührt, da wurde ich mit einem staubfeinen Regen schwarzer Pollen überschüttet, die im Sonnenlicht funkelten und meine Haut wie die sanfte Hand eines Geliebten berührten.
    Minuten, Stunden oder eine Ewigkeit bewußtloser Vollkommenheit später wurde meine Nase von einem Gestank erregt, gegen dessen fäkalische Note der Gestank von verfaultem Fleisch wie Jasmin erschienen wäre. Das weiche Daunenbett der Blütenblätter unter meinem Rücken verwandelte sich plötzlich in ein Bett voller stachliger Höcker; ich sprang zitternd und mich windend ziellos in die Luft, um neben Omar auf einem Blatt zu landen. Einen Augenblick später war auch Guy da, der sich die Pollen vom Körper wischte, als wären es glühende Ascheflocken.
    »Wie ich euch warnte«, sagte Omar, »muß man sich erst daran gewöhnen. Aber sobald ihr über die Eigenarten der verschiedenen Blumen Bescheid wißt, könnt ihr lernen, die Effekte zu eurer Freude zu nutzen, statt wehrlos ihren Zwecken zu dienen.«
    Er deutete auf eine Traube strahlender, pinkfarbener Blüten, die etwa dreißig Meter entfernt waren. »Die solltet ihr allein ausprobieren«, sagte er. »Ich würde mich wundern, wenn ihr die Effekte nicht völlig angenehm fändet.«
    Nicht ohne einen gewissen inneren Aufruhr – zumindest bei mir – sprangen Guy und ich zu einem pinkfarbenen Blättervorhang, der von durchsichtigen Blütenblättern wie von Baldachinen überragt wurde. Das hindurchfallende Sonnenlicht schien uns in ein sanftes, rosiges Feuer zu hüllen.
    Tatsächlich erstreckte sich dieser rosige Schein weit über den Gesichtssinn und schloß Nase, Zunge, Gefühl und Sinne ein, wie ich es bisher noch nicht gekannt hatte; ich hatte kaum die verführerische Sphäre dieses Blumenboudoirs betreten, da wurde mein ganzes Wesen von einer gewaltigen Woge aus rosigem Feuer überflutet. Meine Augen sahen durch rosige Lichtbalken, meine Nase war mit rosigem Moschus gefüllt, sogar meine Ohren gewahrten eine Sphärenmusik, die irgendwie ein rosiges Mantra summte. Rosig war der Geschmack meiner eigenen Zunge, Guys Haut schien unter meinen Fingerspitzen einen rosigen Aspekt zu bekommen, und die Gesamtsumme aller meiner Sinne war eine rosig brennende Lust.
    Und so vereinigten wir uns dort im rosigen Zwielicht mit der raschen und dunstigen Leidenschaft bewußtloser, unschuldiger Tiere, kunstlos, ohne Hemmungen, ohne Gedanken an Omar, sogar ohne uns des Aktes selbst wirklich bewußt zu sein.
    Nachdem wir unsere Höhepunkte erreicht hatten, schien der Zauberbann im Wind zu zerfließen und hinterließ uns nur eine rosige Erschöpfung, in der wir uns zufrieden anstrahlten, ehe sich unsere Sinne so weit sammelten, daß wir uns wieder zu Omar gesellen konnten, der uns aus diskreter Distanz beobachtet hatte.
    »Lust, Hunger, Erschöpfung, Durst und so weiter«, sagte er. »Es scheint, daß vom Standpunkt der Blumen aus diese einfachen Tropismen völlig ausreichen, um uns Säuger, die wir uns für die Krone der Schöpfung halten, zum gewünschten

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