Kind des Glücks
darüber nachdenken, was das Bloomenveldt bietet, um Menschen wie sie zu halten…«
»Wie können Menschen, die nicht einmal von der Existenz der Menschenwelten wissen, je in Versuchung kommen, in sie zurückzukehren?« spottete ich.
»Ah, aber Meade Ariel Kozuma war ein Wissenschaftler in den Menschenwelten, und dennoch schlug er unser Angebot, ihn zu retten, ab. Warum findet er es hier amüsanter als all die besonderen Freuden unseres Zweiten Raumfahrenden Zeitalters?«
Nach all den Wochen im großen, künstlichen Edoku, nach der nach innen gewandten Realität der Unicorn Garden und besonders unmittelbar nach unserem Aufenthalt im abstoßend häßlichen Ciudad Pallas war ich froher, als ich mir hätte vorstellen können, endlich wieder unter freiem Himmel in einem völlig natürlichen Reich zu sein, ganz zu schweigen davon, daß ich einem Vogel gleich durch eine so exotische und schöne Gegend flog wie das Bloomenveldt. Während der nächsten fünf Tage verbrachten Guy und ich – zunächst in Gesellschaft Omars, später à deux – die hellen Stunden damit, in den Baumwipfeln herumzutollen, die Düfte der großen Blumen zu probieren und uns unter deren Einfluß häufigen und überwiegend höchst genußreichen tantrischen Übungen hinzugeben.
Doch Guy wurde die unmittelbar verfügbaren Amüsements bald leid; nachdem er die verschiedenen psychotropen Absonderungen der Blumen dieser Gegend mit dem üblichen Eifer studiert hatte; begann er mit der Idee zu spielen, in die tieferen Geheimnisse des Inneren einzudringen.
Das erste Symptom dieser fixen Idee trat auf als völlig uncharakteristisches wissenschaftliches Interesse an der genetischen Ökologie des Bloomenveldts und an der Geschichte der menschlichen Stämme darin. Schier endlos befragte er die Wissenschaftler der Forschungskuppeln über diese Dinge, getarnt als vorgeblich ernsthafter Student.
Wenn es um die Frage der Stämme im Innern ging, so wußten die Forscher entweder nichts oder waren absichtlich zurückhaltend oder beides, als versuchten sie, etwas zu verbergen – vielleicht sogar vor sich selbst.
Ich war bald überzeugt, daß das Bloomenveldt ein Übermaß von Früchten, Nektar und Pollen bot, von dem Angehörige unserer Art gut leben konnten, und nicht einmal Marlene Kona Mendes versuchte zu leugnen, daß über die Jahrhunderte eine große Zahl von Dummköpfen ins Innere gewandert waren und nie wieder von zivilisierten Augen gesehen wurden. Ebensowenig wurde abgestritten, daß die, die möglicherweise deren Nachkommen waren, von Forschungsteams gesehen worden waren, die sich mit Anzügen geschützt auf der Suche nach biochemischen Proben tiefer ins Bloomenveldt gewagt hatten. Doch diese neuen Wilden flohen stets, wenn sich zivilisierte Menschen näherten; und wie die Fauna der Baumwipfel, mit der sie zweifellos mehr gemein hatten als mit zivilisierten Menschen, waren sie recht geschickt darin, einer Gefangennahme in ihrem eigenen Terrain zu entgehen.
»Kurz gesagt«, erklärte die Direktorin in einer Weise, die offenbar unterstreichen sollte, daß dies ihr letztes Wort zu der Angelegenheit war, »kann es nicht mehr als eine verstreute Handvoll solcher Kreaturen geben; sie sind kaum von wissenschaftlichem oder wirtschaftlichem Interesse. Der Aufwand und das Risiko einer wissenschaftlichen Studie dieser Kuriositäten überwiegen bei weitem jeden Vorteil, den wir daraus ziehen könnten.«
Wenn es jedoch um die Gegenstände ihrer Forschungen ging, waren die Wissenschaftler mehr als bereit, ihre Weisheit in unendlicher Ausführlichkeit begierigen jungen Menschen darzustellen, die ein respektvolles Interesse oder eine geschickte Simulation desselben zeigten.
Es gab unter ihnen einige Unstimmigkeiten darüber, ob die Blumen Organe des Baumes waren, auf dem sie wuchsen, oder ob es sich um Symbionten einer anderen Art handelte, wenn es mir auch letzten Endes schien, daß diese Frage nur ein Streit um Worte war, denn funktionell gesehen waren sie keins und beides.
Die großen Bäume des Bloomenveldts waren so langlebig, daß man sie vom menschlichen Standpunkt aus ohne weiteres unsterblich nennen konnte. Der Bloomenwald bedeckte den ganzen Kontinent, deshalb war die Reproduktion der Bäume nur dann nötig und möglich, wenn – was nur selten vorkam – Krankheiten oder eine Katastrophe Lücken in den nahtlosen Baldachin schlugen. Experimente hatten gezeigt, daß bei solchen Gelegenheiten die Blumen der benachbarten Bäume Samen auf den
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