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Kind des Glücks

Kind des Glücks

Titel: Kind des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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ließen.
    Doch wir verabschiedeten uns freundlich und in aller Heimlichkeit von Omar Ki Benjamin, denn es ist schwer, ein so großes Abenteuer zu beginnen, ohne ein wenig vor einem mitfühlenden und beruhigenden Ohr zu prahlen, und durch seinen selbstgewählten mystischen Libertinismus wußten wir, daß wir auf eine moralische Unterstützung rechnen konnten, die völlig anders war als die Belehrungen, die wir zweifellos über uns hätten ergehen lassen müssen, wenn wir unsere Absichten den Gnomen der Forschungskuppel unterbreitet hätten.
    Tatsächlich waren wir nicht enttäuscht vom Geist, in dem Omar unsere Ankündigung aufnahm. »Ah!« seufzte er pathetisch. »Und ich stilisiere mich zum mystischen Libertinisten! Vraiment, beim Lied meines Geistes bin ich versucht, mich euch anzuschließen… aber nein, dies ist ein Unternehmen für zwei junge Liebende, no, eine Romanze für eine Dyade, kaum angemessen für die Sorte ménage à trois, die wir zusammen bilden würden. Doch wisset, daß Omar Ki Benjamin im Geiste bei euch ist, und als Unterpfand dafür leiste ich den folgenden Eid: Solltet ihr wohlbehalten zurückkehren, dann werde ich zu eurem Triumph ein Siegeslied komponieren; sollte dies nicht der Fall sein, dann werde ich eurer in einer tragischen Ode gedenken. Aus einer gewissen Perspektive könnt ihr deshalb nicht scheitern, meine lieben Kinder, denn auf die eine oder andere Weise werdet ihr als heroische oder tragische Gestalten der hohen Kunst ewig weiterleben!«
    Mit diesem unterstützenden, wenn auch etwas selbstsüchtigen Segen und der hellen Morgensonne im Rücken machten wir uns, nach Westen auf über den endlosen grünen Teppich der Baumwipfel, hüpften und sprangen unserem unbekannten Ziel tief im Bloomenveldt entgegen, ohne zu wissen, wie tief wir in die Geheimnisse seines Herzens eindringen würden und wie seltsam sich unsere auseinanderlaufenden Bestimmungen darin entwickeln würden.
     
    Den ersten Tag unserer Reise eilten wir voran, sprangen mit großen, schwebenden Sätzen über die Baumlandschaft, die eine gewisse ozeanische, doch liebenswerte Einförmigkeit annahm, sobald wirdas wirkliche Meer aus den Augen verloren hatten. Das große Wiesenland aus Bäumen, rollend und sich in der Brise wiegend, erstreckte sich, so weit das Auge reichte. Da die einzigen geographischen Marken vereinzelte Bäume waren, die ein paar Meter höher gewachsen waren als die meisten anderen, konnte das Auge ungehindert von Horizont zu Horizont schweifen.
    Die Atmosphäre unserer Reise war zwar in gewisser Weise der nicht unähnlich, die ich gelegentlich gefühlt hatte, wenn ich mit Motorskiern auf Glades Meer hinausfuhr, bis das Land außer Sicht war, doch rief die endlose Ansicht des Bloomenveldts nicht die optische Langeweile einer gestaltlosen See hervor, denn das Bloomenveldt stellte sich nicht als grenzenlose, gestaltlose grüne Fläche dar, sondern als prächtiger Teppich mit weit mehr Farbtönen, als das Gedächtnis registrieren oder das Auge auflösen konnte, als prismatisches Gebilde, auf dem überall Blumen wuchsen, deren Farben und Formen, wenn überhaupt möglich, umso vielfältiger zu werden schienen, je weiter wir ins Innere vordrangen.
    Es war auch gelegentlich möglich, auf dem Gipfelpunkt eines Sprungs die Bewohner der Baumwipfel um ihre Lieblingsblumen versammelt zu sehen, doch diese Wesen versteckten sich stets im Blattwerk, wenn wir versuchten, ihnen näherzukommen.
    Nach unzähligen Stunden voller Sprünge von Blatt zu Blatt, während die bewußte Aufmerksamkeit sich darauf beschränkte, die angenehmen Bewegungen mechanisch zu wiederholen, eingehüllt in die endlose grüne Eintönigkeit und die gleichermaßen endlose Blumenvielfalt dieses Universums in den Baumwipfeln, begann ich mich wie ein einheimisches Wesen des Bloomenveldts zu fühlen. Guy und ich lernten bald, wie die Geschöpfe jedes Waldes, das Verstreichen der Stunden am Stand der Sonne im Himmel abzulesen, denn erst wenn ihre Scheibe hinter den scharfen grünen Rand des westlichen Horizonts zu gleiten begann und blasse, purpurne und orangene Lichtbalken über das Blau des Himmels und die sich vertiefenden Schatten auf dem Bloomenveldt warf, spürten wir, daß wir müde wurden.
    Und selbst dies war nicht so sehr eine Erschöpfung der Muskeln, die ohne weiteres bis tief in die Nacht weitergearbeitet hätten, da sie durch unsere Schwebegürtel kaum eine Last zu tragen hatten, sondern eine gewisse selbstzufriedene und leicht zittrige

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