Kind des Glücks
psychische Müdigkeit im Angesicht der heraufziehenden Nacht.
Über unsere erste Nacht im Bloomenveldt gibt es in bezug auf ausgefallene Visionen kaum etwas zu sagen; allerdings viel über beunruhigende Geräusche und ihre Auswirkungen auf unsere Nerven. Als es zu dämmern begann, suchten wir uns ein Lager aus Blättern, ein gutes Stück von jeder Einflußsphäre einer Blume entfernt, denn trotz unserer gegenteiligen Verabredung war es unmöglich, unser Mahl aus kalten Konzentraten mit der Maske im Gesicht einzunehmen, und die Vorstellung, die Maske aufzubehalten, während der andere aß, gefiel uns beiden nicht besonders, vor allem, da das Essen alles andere als ein Festmahl war. Außerdem war mir erst, als ich vor dem praktischen Problem stand, aufgefallen, daß mit der Gasmaske zu schlafen kaum die Art von physischem Unbehagen oder psychischer Klaustrophobie war, die ich Guy oder mir selbst allein in einem fremden Wald mitten in der schwärzesten Nacht zumuten wollte.
Als wir ein sicheres Blatt gefunden hatten, blieb uns gerade noch genug Helligkeit, um die Rationen auszupacken. Als wir das Essen heruntergeschlungen hatten, das sich kaum von den Eßblöcken auf Edoku unterschied – abgesehen vielleicht von den zugesetzten, wenig überzeugenden künstlichen Geschmacksstoffen, die Gemüse und Fleisch andeuteten –, hatte sich schon die Nacht über das Bloomenveldt gelegt.
Unter einem mächtigen Baldachin kalter, strahlender Sterne lag die Welt der Baumwipfel in dichter Schwärze, nur hier und dort schwach beleuchtet und gerade hell genug, um die dunklen Schatten der Baumwipfel in geheimnisvolle Umrisse zu verwandeln, die das Auge mit Unmengen phantastischer und vielleicht auch beängstigender Gestalten bevölkerte. Diese Phantome der Nacht bekamen vom Wind eine Stimme verliehen, der durch die Blätter streifte, und war erfüllt vom Schnattern, Kratzen und Rascheln unsichtbarer Geschöpfe.
Außerdem bliesen uns die wechselnden Brisen gespenstische Fahnen von Blumenparfüm in die Nasen, so daß die feinen Spuren chemischer Verlockungen knapp unterhalb der Bewußtseinsschwelle wirbelten und neckten.
Guy und ich kuschelten uns umschlungen auf unserem Blatt zusammen. Wir sprachen kaum, denn es gab kaum etwas zu sagen, aber viel zu fühlen, als wir dort in der samtigen Dunkelheit unter den prächtigen Sternen lagen; gewiegt vom Wind, der die Baumwipfel bewegte, atmeten wir die schwachen Düfte ein, die unsere Geister ruhig und schläfrig machten, und schließlich liebten wir uns langsam und leidenschaftslos; ein Gefühl, das aus den Dämpfen der Nacht erwachte und ebenso unmerklich in einen Schlaf überging, der von exotischen, vergessenen Träumen begleitet wurde.
Am Morgen wachten wir auf, blinzelten und streckten uns im viel zu hellen Morgenlicht. Nach einem kalten Frühstück aus Konzentraten und Wasser aus unseren Feldflaschen legten wir die Gasmasken an und drangen weiter nach Westen vor.
Der zweite Tag auf dem Bloomenveldt unterschied sich kaum vom ersten; nur daß sich am späten Vormittag Wolken bildeten, aus denen am Nachmittag ein kurzer, warmer Regen platzte, der uns völlig durchnäßte, so daß wir Schutz suchten, bis er vorbei war. Doch sofort als sich der Sturm legte und nur einen schwebenden Dunst zurückließ, brach die Sonne durch die sich auflösenden Wolken, und etwa fünfzehn Minuten lang bildete sich ein gewaltiger Regenbogen, der das Bloomenveldt überbrückte, auf dem jedes Blatt und jede Blume im diamantenen Licht der Feuchtigkeit glänzten.
Prosaischer ausgedrückt, füllte sich jede Senke in jedem Blatt mit Wasser, dessen chemische Reinheit nur mit der von destilliertem Wasser zu vergleichen war – ganz im Gegensatz zu den verdächtigen Flüssigkeiten, die sich in den Kelchen vieler Blumen fanden –, so daß wir unsere Feldflaschen nachfüllen und ausgiebig trinken und uns erleichtern konnten, ehe wir weiterzogen.
Ebenso unterschied sich unsere zweite Nacht auf dem Bloomenveldt nicht wesentlich von der ersten. Am Morgen wurden wir abermals vom ersten hellen Licht des Tages geweckt, worauf wir frühstückten und weitergingen. Abermals bewölkte sich der Himmel gegen Mittag und ließ seine lebensspendende Feuchtigkeit am Frühnachmittag in einem starken, doch kurzen Schauer auf das Bloomenveldt herabfallen; diesmal waren wir allerdings etwas enttäuscht, als sich kein Regenbogen formte, nachdem die Sonne den Dunst aufgelöst hatte.
Doch die Enttäuschung, die wir über das
Weitere Kostenlose Bücher